Startseite » Allgemein »

Gewinnbringend verkuppeln

Wie Nebenprodukte die Stückkosten des Hauptprodukts senken
Gewinnbringend verkuppeln

In einem Fertigungsprozess fallen gewollt oder ungewollt mehrere unterschiedliche Produkte an, so genannte Kuppelprodukte. Wirtschaftlich verwertbare Nebenprodukte können dabei die Gesamtkosten des Hauptprodukts senken. Dies nutzen die neuen Anwendungen im ERP-Standard PSIpenta.com, indem sie auch die Stückkosten bei der Kuppelproduktion optimieren.

Volker Vorburg ist Journalist in Stuttgart

Die Divisionalisierung der Berliner Psipenta Software Systems GmbH, einer 100%igen Tochter der PSI AG, führte jetzt im Bereich Automotive zu neuen branchenspezifischen Softwarefunktionalitäten. Gespräche mit Kunden aus dem Kreis der Automobilzulieferer auf Workshops oder Anwendertreffen zeigten spezielle Anforderungen auf. „Viele unserer Kunden biegen sich selbst ihre Programme zurecht, stricken immer wieder eigene Lösungen. Da wollten wir etwas Einheitliches in unserem Standard bieten und haben gefragt, wo es weh tut“, erläutert Jutta Sedlaczek, Produktberaterin bei Psipenta. Bei den Zulieferern spielen Serienfunktionalitäten eine wichtige Rolle, und so kristallisierte sich das Thema Kuppelproduktion heraus.
Problematisch für einen Serienfertiger ist nicht nur die Steuerung der Produktionsprozesse, die anschließende Lagerung der Produkte und ihre Verwertung, sondern auch die Zuordnung der Kosten auf Haupt- und zwangsläufig entstehende Nebenerzeugnisse. In der starren und in der variablen Kuppelproduktion lassen sich die Gesamtkosten der Hauptprodukte um die Erlöse wirtschaftlich verwertbarer Nebenprodukte senken. Dabei können in der variablen Produktion durch Verändern der Prozessparameter unterschiedliche Mengen der Produkte hergestellt werden. Beim Stanzen, Pressen oder Spritzgießen etwa, selbst beim Fräsen will man möglichst wenig Ausschuss haben oder ihn als weiteres Produkt verkaufen. So richteten die Entwickler ihr spezielles Augenmerk auf Produktionsaufträge, die zwangsläufig unterschiedliche Erzeugnisse als Ergebnis haben. Jutta Sedlaczek, von Beginn an in die Entwicklung eingebunden, berichtet: „Wir stellten uns die Aufgabe, in einer Software für die diskrete Fertigung nicht nur Einzel-, sondern auch Kuppelprodukte abzubilden, also alles was zusammen entsteht oder entstehen kann.“ Um diese Anwendung möglichst flexibel zu gestalten, schufen die Berliner die Möglichkeit, zu einem Hauptprodukt beliebige Nebenprodukte zu definieren. Beispielsweise ist das Ausgangsmaterial für Kurbelwellenlagerdeckel ein Aludruckgussteil. In einem Arbeitsschritt entstehen nun Lagerdeckel unterschiedlicher Größe für verschiedene Kurbelwellen und damit ein Hauptprodukt mit mehreren Nebenprodukten.
Die Funktion des Hauptprodukts besteht darin, den Arbeitsplan, gemeinsame Stücklistenpositionen sowie das Verhältnis von Haupt- zu Nebenprodukten zu bestimmen. Dafür wird zuerst definiert, ob es sich bei einem Artikel um ein Haupt-, Neben- oder gar kein Kuppelprodukt handelt. Diese Unterscheidung ist vor allem für den Bedarfslauf wichtig.
Übersichtlich stellt das Programm dann die Stücklistenpositionen und die Arbeitsgänge dar. Dabei ist die Stückliste unterteilt in Komponenten, die nur das Hauptprodukt betreffen, andere, die Haupt- und Nebenprodukte betreffen sowie Nebenprodukte, die bei der Fertigung des Hauptprodukts mit entstehen. Statt in mehreren Arbeitsschritten nacheinander, stößt das Programm gleichzeitig Bedarfsläufe an, optimiert so die Materialeinkäufe und ermittelt die korrekten Durchlaufzeiten. Das verringert nicht nur den Verwaltungsaufwand, es verbessert auch die Kostenstruktur.
Ein klassisches Beispiel ist die so genannte Rechts-Links-Problematik: Bei einem Stanzvorgang werden in einem Arbeitsgang aus einem Blech zwei spiegelverkehrte Teile – etwa rechte und linke Pkw-Außenspiegel – gefertigt. Bisher musste das zweite Teil dem ersten irgendwie zugebucht werden. Dies erledigt das Programm nun automatisch nach dem Äquivalenzziffernprinzip. Entstehen also drei Teile A und vier Teile B aus einem Blech, verteilt das System den Materialaufwand kostentechnisch entsprechend. Ermittelte man bisher die Stückkosten in einer so genannten Kuppelkalkulation nach der Restwertmethode, bestimmt sie die ERP-Software jetzt einfach nach derselben Methode. Dabei ist es egal, ob es sich um eine starre Kuppelproduktion mit festen Mengenverhältnissen oder die variable Variante mit unterschiedlichen Mengenrelationen handelt.
Auch die Flexibilität der Software ist unter dem Gesichtspunkt der Kuppelproduktion von besonderer Bedeutung. Betrachtet man beispielsweise die parallele Produktion eines rechten und linken Kotflügels, kann einer der beiden noch einen Einfüllstutzen für den Benzintank haben. So kann ein Nebenprodukt außer der Basisstückliste noch über eine separate Stückliste verfügen. In PSIpenta.com wird nun die Basisstückliste in den Fertigungsauftrag kopiert, in dem dann noch entsprechende Änderungen vorgenommen werden können. Fällt etwa eine Maschine aus, kann an diesem Tag vielleicht nur das Hauptprodukt gefertigt werden. Es muss also nicht in einer starren Struktur gefertigt werden, sondern kann jederzeit aktuelle Bedarfe und Umstände berücksichtigen.
Ebenso wird für die Fertigung die Struktur der Kuppelprodukte übernommen. Über die Rückmeldenummer des Hauptprodukts lassen sich dann sowohl Haupt- als auch Nebenprodukte zurückmelden. In diesem Fall hängen Arbeitsplan und die gemeinsamen Stücklistenpositionen am Hauptprodukt. Allerdings können Gut- und Ausschussmengen getrennt nach Rückmeldenummern für Haupt- und Nebenprodukte rückgemeldet werden. Ist etwa ein Teil des linken Kotflügels fehlerhaft geformt, erfolgt die entsprechende Meldung gesondert. Damit ist jederzeit ersichtlich, wo etwa nachproduziert werden muss.
Das Programm erfasst automatisch die unterschiedlichen Lagerorte der Endprodukte. Das vereinfacht die Teileverwaltung, etwa bei der Belieferung unterschiedlicher Empfänger. Eventuell stehen aber auch die in einem Vorgang gefertigten Teile in gar keinem logischen Zusammenhang. Gemeinsam verwalten lassen sie sich aber trotzdem. Schnittstellen zu Lagerprogrammen sowie zur Betriebsdaten- und Maschinendatenerfassung (BDE und MDE) werden zurzeit standardisiert.
Die beschriebenen Branchenanwendungen hat das Berliner Systemhaus nicht als Modul entwickelt, sondern völlig in seinen ERP-Standard PSIpenta. com integriert, wodurch sie allen Anwendern zur Verfügung stehen. Ausgehend von den Basisdaten im Artikelstamm und den Stücklisten steuern sie Einkauf, Planung und Fertigungsaufträge. Aus einem Kundenauftrag ergibt sich ein Bedarf, der in Einkaufspositionen aufgelistet wird, für die Fertigung wird eine darauf basierende, vollständige Planung erstellt. Ebenso bildet die Software den gesamten Wertefluss für die Endprodukte korrekt ab. Dadurch vereinfachen sich auch Controlling und Kalkulation.
Lagerorte der Endprodukte automatisch erfasst

Stückkostenoptimierung
Ermittelte man bisher die Stückkosten in der Kuppelkalkulation nach der Restwertmethode, bestimmt sie das ERP-System jetzt einfach nach dem Äquivalenzziffernprinzip. So ist es jederzeit möglich, die Kosten entsprechend zuzuordnen und zu bemessen. Stets ist auf Mausklick ein Soll-/Ist-Kosten-Vergleich möglich. Dies zeigt, ob man mit einem Produkt überhaupt Geld verdient. Die aktuelle Sicht auf die Kostenentwicklung ermöglicht auch der Geschäftsleitung, Verbesserungspotenziale zu erkennen, egal ob kosten- oder materialmäßig, und auf Entwicklungen kurzfristig und spezifisch zu reagieren.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de