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Händler und Importeure haben einiges zu beachten

CE-Kennzeichung und EG-Maschinenrichtlinie
Händler und Importeure haben einiges zu beachten

In Deutschland werden gebrauchte Maschinen immer beliebter. Selbst Großbetriebe setzen generalüberholte Maschinen in der Produktion ein. Händler, Importeure und Hersteller von Gebrauchtmaschinen müssen die Regeln des europäischen Marktes kennen, wenn sie hier Geschäfte machen wollen.

Eine Mitgliederumfrage des Bonner Fachverbands des Deutschen Maschinen- und Werkzeuggroßhandels (FDM) im Jahr 1996 ergab, daß mittlerweile zwischen zehn und 15 Prozent des Gesamtumsatzes des deutschen Maschinenbaus mit Gebrauchten erzielt wird. Diese Maschinen stammen sowohl aus Deutschland als auch aus dem europäischen oder nicht-europäischen Ausland. Keine Frage: In Deutschland erfreuen sich gebrauchte Maschinen zunehmender Beliebtheit. Der Markt für Gebrauchtmaschinen ist mittlerweile so groß, daß er mit der Resale in Karlsruhe und der Leipziger Retec inzwischen sogar eigenen Messen gefunden hat.

Nicht optimal steht es jedoch bei Händlern und Betreibern gebrauchter Maschinen mit der Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften. Welche Anforderungen stellt die EG-Maschinenrichtlinie und wann müssen sie beachtet werden? Gibt es andere Bestimmungen, die greifen? Um diese Fragen zu beantworten, sind Fallunterscheidungen hilfreich.
Fall 1: Händler X hat eine gebrauchte Maschine von außerhalb der EU importiert
In diesem Fall ist die Rechtslage eindeutig. Das Gerätesicherheitsgesetz macht in § 2 Absatz 3 die Aussage: „Die Einfuhr in die Europäischen Gemeinschaften (…) steht dem Inverkehrbringen gleich”. Das bedeutet, daß Maschinen, die aus einem Drittstaat in ein Land der EU eingeführt werden, wie Neumaschinen behandelt werden müssen. Damit sind sie auch CE-kennzeichnungspflichtig.
Händler X wird formal – sobald er die Maschine in Verkehr bringt – zum Hersteller einer Neumaschine. Damit ist er verpflichtet, alle einschlägigen Richtlinien anzuwenden. Das gilt auch dann, wenn er die Maschine reimportiert hat, also wenn die Maschine in der EU gefertigt und beispielsweise ohne CE-Kennzeichnung exportiert worden war. Als Importeur muß Händler X in jedem Fall sicherstellen, daß die CE-Konformität gegeben ist. Dies gilt insbesondere für die Maschinenrichtlinie sowie teilweise für Niederspannungs- und EMV-Richtlinie.
Generell schreibt die EG-Maschinenrichtlinie Herstellern – und deshalb auch Importeuren wie dem Händler X – verschiedene Pflichten vor. Dazu gehört eine Gefahrenanalyse, eine Konformitätserklärung oder CE-Kennzeichnung sowie das Erstellen einer Technischen Dokumentation.
In der Maschinenrichtlinie, Anhang I, Vorwort 3, heißt es: „Der Hersteller ist verpflichtet, eine Gefahrenanalyse vorzunehmen, um alle mit seiner Maschine verbundenen Gefahren zu ermitteln; er muß die Maschine unter Berücksichtigung seiner Analyse entwerfen und bauen.”
Diese Anforderung kann für den Händler schnell zu einer großen Hürde werden. Schließlich ist er hier mit der Aufgabe eines Konstrukteurs konfrontiert: Er muß von der Maschine ausgehende Gefahren ermitteln und Maßnahmen zu deren Abwehr treffen. Dies kann unter Umständen einen Umbau oder nachträgliches Anbringen von Schutzeinrichtungen bedeuten. Erst wenn alle maschinenbaulichen und sicherheitstechnischen Lösungen ausgeschöpft sind, darf ein Sicherheitshinweis gegeben werden. Auch was die Erklärung der EG-Konformität und CE-Kennzeichnung angeht, wird Händler X als Hersteller behandelt. Denn er muß die Konformitätserklärung ausstellen und das CE-Zeichen anbringen. Ist der Händler selbst nicht in der EU ansässig, muß er einen Bevollmächtigten bestellen.
Das Zusammenstellen einer Technischen Dokumentation stellt den Händler eventuell vor Probleme. Fehlen zum Beispiel die Dokumente des Originalherstellers, so muß er die Unterlagen, die zur Erfüllung der Sicherheitsanforderungen nötig sind, neu erstellen. Dazu können nicht nur Konstruktionszeichnungen und Prüfprotokolle gehören, sondern als zentrales und öffentlich werdendes Dokument vor allem die Betriebsanleitung. Sie muß den inhaltlichen Anforderungen der EG-Maschinenrichtlinie genügen und in der Amtssprache des Landes vorliegen, in dem die Maschine verwendet werden soll.
Generell besteht für den Händler ein erhöhtes Haftungsrisiko dadurch, daß er zum Quasi-Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes wird. Dieses erhöhte Haftungsrisiko besteht für ihn immer dann, wenn die zur Maschine gehörenden Benutzerinformationen einen Darbietungsfehler aufweisen. Wenn sich nämlich aufgrund einer fehlenden, unvollständigen oder fehlerhaften Betriebsanleitung einer Maschine ein Schaden ereignet, kann das einen Schadenersatzanspruch rechtfertigen, der sich gegen den Importeur der Maschine richtet.
Fall 2: Händler Y hat eine Maschine aus einem EU-Land importiert
Hier ist die Rechtslage nicht so eindeutig: Die EG-Maschinenrichtlinie behandelt Neumaschinen und macht keine direkte Aussage zum Umgang mit Gebrauchtmaschinen. Maschinen ohne CE-Kennzeichen, die bis zum 31.12.1994 in Verkehr gebracht worden sind, müssen nicht mit dem CE-Zeichen ausgestattet werden, wenn sie den Besitzer oder Betreiber wechseln, also wie in diesem Beispiel von Händler Y erworben werden. Das heißt, sie müssen auch nicht den Sicherheitsanforderungen der Maschinenrichtlinie entsprechen.
Doch Vorsicht! Diese Aussage gilt nur für Händler Y, jedoch nicht für den Betreiber der Maschine. Und auch für den Händler gilt sie nur, wenn er keine wesentlichen Veränderungen an der Maschine vorgenommen hat. Arbeiten, die lediglich den ursprünglichen Zustand wiederherstellen, wie Reparatur, Instandsetzen und Generalüberholen, gelten nicht als wesentliche Veränderungen. Anders aber, wenn es zu Leistungssteigerungen der Maschine oder zu Änderungen der Funktion und Verwendung kommt oder wenn andere Sicherheitskonzepte und Ergänzungen in der Steuerung hinzukommen. Dann nämlich wird vom „erstmaligen Inverkehrbringen” der Maschine durch Händler Y ausgegangen, was alle bereits beschriebenen Konsequenzen bezüglich der Richtlinien nach sich zieht.
Konformitätserklärung bei Veränderungen
Das gilt übrigens auch für Maschinen, die bereits ein CE-Zeichen tragen. Mit der Konformitätserklärung bescheinigt ein Hersteller, daß der konkrete Maschinentyp in seiner konkreten Ausführung den Anforderungen der Richtlinie entspricht. Wird jedoch nachträglich eine wesentliche Veränderung vorgenommen, beispielsweise von Händler Y, so besteht die Identität zwischen Konformitätserklärung und Maschine nicht mehr. Damit wird eine neue Konformitätserklärung notwendig, und zwar durch den, der die Veränderungen vorgenommen hat, also den Händler. Dazu gehört auch, daß er zusätzlich sein Typenschild anbringen muß.
Händler Y, der mit Gebrauchtmaschinen handelt, kann also sehr leicht in die Rechtsposition eines Herstellers geraten. In dieser Situation ist es hilfreich und daher empfehlenswert, über die Technische Dokumentation des Originalherstellers zu verfügen. Denn Händler Y muß in jedem Fall eine Technische Dokumentation erstellen, die die vorgenommenen Änderungen berücksichtigt und eine Gefahrenanalyse enthält. Und er muß eine Betriebsanleitung zur Verfügung stellen, die sowohl den Urzustand der Maschine als auch die vorgenommenen Änderungen berücksichtigt.
Einen Rechtsanspruch auf die Originaldokumentation des Herstellers hat Händler Y aber leider nicht. Wenn er den Zugang zu der benötigten Dokumentation nicht vertraglich erreichen kann, bedeutet das für ihn in jedem Fall einen erhöhten Aufwand im bevorstehenden Konformitätsverfahren.
Fazit: Die Bedingung für die CE-Zertifizierung ist das Vorhandensein einer Technischen Dokumentation. Alle von der Maschine ausgehenden Gefahren müssen vollständig beschrieben sein. Fehlt die Kennzeichnung bei Gebrauchtmaschinen, die aus dem außereuropäischen Ausland in ein EU-Land kommen, werden diese wie neue behandelt, brauchen also ein CE-Zeichen. Innerhalb der EU gehandelte Gebrauchtmaschinen benötigen das Kennzeichen nur dann, wenn sie in ihren Leistungsmerkmalen verändert werden.
Der Weg zum CE-Kennzeichen
1. Prüfen, ob das Produkt unter die Maschinenrichtlinie fällt
Ist das Produkt eine Maschine/eine Kombination von Maschinen?
Ist das Produkt eine auswechselbare Ausrüstung?
Ist das Produkt ein Sicherheitsbauteil?
Außerdem: Ist die Maschine in Anhang IV der Maschinenrichtlinie aufgeführt?
Tip: Wenn ja, ist eine Baumusterprüfung erforderlich!
2. Gefahrenanalyse durchführen
Analysieren, welche Gefahren für den Benutzer in den Lebensphasen der Maschine auftreten können
Analysieren, mit welchem Risiko die Gefahren verbunden sind
Zu jeder Gefahr eine Sicherheitslösung beschreiben
Konstruktive Maßnahmen sind vorrangig vor Schutzvorrichtungen
Wenn beides nicht möglich ist: Nutzer durch einenSicherheitshinweis warnen (siehe auch EN 292, Teil I)
Tip: Eine Liste der Gefährdungen und die Verfahren zur Risikoeinschätzung finden Sie in der EN 1050.
3. Technische Dokumentation zusammenstellen
Ergebnisse der Gefahrenanalyse dokumentieren
Konstruktive Angaben zusammenstellen, die das Einhalten der Sicherheitsanforderungen belegen
Liste der berücksichtigten Normen beilegen
Pläne, Prüfverfahren und Prüfprotokolle dokumentieren
Betriebsanleitung mit Mindestinhalten (vgl. Anhang I Maschinenrichtlinie) erstellen
Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Fertigung beschreiben (zertifiziertes Qualitätsmanagement-System nicht erforderlich)
4. Konformitätserklärung ausstellen und
CE-Zeichen anbringen
Tip: Die Inhalte der Konformitätserklärung finden Sie in Anhang II der Maschinenrichtlinie.
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