Startseite » Allgemein »

Hat Luft und passt trotzdem

Verbindungstechnik: Toleranzausgleichssystem schliesst Fügespalte
Hat Luft und passt trotzdem

Das Ausgleichen von Toleranzen in der Montage kann teuer werden, weil es Zeit kostet. Hier setzt das System Flexitol an, das den Toleranzausgleich beim Verschrauben automatisch erledigt – neuerdings auch bei Kunststoffkonstruktionen.

Kleine Fügespalte verteuern die Montage, große Fügespalte dagegen können zu Verspannungen und Verformungen der Bauteile beim Verschrauben führen. Sie beeinträchtigen dann nicht nur das Aussehen der Bauteile, sondern schwächen die Schraubverbindung, weil ein Teil der Schraubenvorspannkraft bereits zum Zusammenführen der Bauteile benötigt wird.

Sobald es mehr als drei Befestigungspunkte gibt, ist das System überbestimmt, so dass bei jedem weiteren Befestigungspunkt die Toleranzen ausgeglichen werden müssen: eine Kostenfalle und daher eine bleibende Herausforderung. In der Vergangenheit dominierten Behelfslösungen wie Passstücke oder Unterlegscheiben, die zwar nicht viel kosten, die Montage allerdings durch einen hohen Zeitaufwand verteuern. Hinzu kommt, dass die Qualität der Verbindung dabei stark von den Fähigkeiten des Montagepersonals abhängt.
Um das Problem zu bewältigen, hat die Böllhoff Verbindungstechnik GmbH aus Bielefeld das Toleranzausgleichssystem Flexitol auf den Markt gebracht, das seit rund einem Jahr auch für Kunststoffkonstruktionen erhältlich ist und aktuell durch eine Hybrid-Variante ergänzt wird (zur Funktion siehe Kasten Seite 18). Jetzt gibt es die prinzipiell zu unterscheidenden Flexitol-Ausführungen „metal“, „hybrid“ und „plastic“. Aus der Produktpalette lassen sich individuelle Lösungen anbieten, je nach den Anforderungen an den Toleranzausgleich im Blick auf Schraubenabmessungen, Bauhöhen, Ausgleichsmaße und Befestigungsart.
Die Varianten im Detail: Vor etwa fünf Jahren brachte Böllhoff die ersten Systemlösungen auf Basis einer Blindnietmutter auf den Markt. Sie enthält ein integriertes Befestigungsgewinde für die Schraube. Die Blindnietversion lässt sich mit einem breiten Spektrum an Werkzeugen setzen, das von Handgeräten bis hin zu automatischen Anlagen mit Prozesskontrolle reicht.
Flexitol hybrid ist ein mehrteiliges System, das bei Großserien ab 500 000 Stück/a deutliche Kostenvorteile ausspielt. Das System befindet sich aktuell in der Markteinführung. Durch den modularen Aufbau lassen sich Grundhöhen und Toleranzausgleichsmaße leicht variieren. Bei dieser Hybridlösung sind die kraftübertragenden Komponenten metallisch ausgeführt und werden von einem Mutternkäfig aus Kunststoff umschlossen. Das System wird vormontiert geliefert und lässt sich in diesem Zustand mit einem Setzgerät nieten. Auch bei dieser Blindnietlösung ist das Befestigungsgewinde bereits vorhanden. Weitere Anbindungen, wie etwa durch das Clipsen, sind ebenfalls möglich.
Wenn Kunststoff-Bauteile befestigt werden, sind metallische Verbindungselemente oftmals nicht notwendig. Eine M6-Schraube kann zum Beispiel wesentlich höhere Kräfte übertragen, als ein Kunststoffbauteil verträgt. Andererseits sind hohe Anzugsmomente bei metrischen Schrauben nötig, um eine sichere Selbsthemmung zu erreichen, so dass Kunststoffteile vor den daraus resultierenden Schraubenvorspannkräften oft durch Metalleinleger zu schützen sind. Anders bei Flexitol plastic: Diese Systeme bestehen aus einem Verstell- und einem Befestigungselement aus Kunststoff und werden als montierte Baugruppe geliefert. Sie sind seit etwa einem Jahr auf dem Markt. Je nach Befestigung können 2000 N an Zug- und Druckkräften übertragen werden.
Zwei Befestigungsmöglichkeiten stehen aktuell zur Auswahl: Bei Kunststoff-Bauteilen kann Flexitol plastic direkt in eine zylindrische Bohrung geschraubt werden. Dazu besitzt der Toleranzausgleich ein selbstfurchendes Außengewinde und benötigt eine Materialdicke von mindestens 4 mm. In Metallbauteilen lässt sich der Toleranzausgleich mit einer „bayonet“-Anbindung integrieren. Hierzu wird im Metallbauteil ein Schlüsselloch vorgesehen, in das der Toleranzausgleich mit einer Vierteldrehung spielfrei montiert wird.
Für das anschließende Verschrauben kommt eine selbstfurchende Schraube zum Einsatz. Das Anzugsmoment beträgt 2,5 Nm. Die Verwendung von Metalleinlegern ist nicht notwendig. Für die Rückdrehsicherung sorgt ein mechanisches Verkrallen der Bauteile.
Die Einsatzbereiche des Systems sind nahezu unbegrenzt. Großes Interesse für diese Produktgruppe kommt aus den Branchen Automotive, Gehäusetechnik, Elektronikindustrie, Flurförderfahrzeuge, Landmaschinen und auch dem Schienenfahrzeugbau. Beispiele:
  • Komplexe Maschinengehäuse, die oftmals viele Verbindungspunkte enthalten, können mit dem Toleranzausgleich verspannungsfrei montiert werden.
  • Damit Schubladenauszüge optimal funktionieren, müssen sie parallel zueinander montiert werden.
  • Die Qualität einer hochwertigen Maschine soll sich ebenfalls in der Kabinenverkleidung widerspiegeln: Der Toleranzausgleich ermöglicht geringe, gleichmäßige Spaltmaße.
  • Die lange Lebensdauer von Antriebseinheiten hängt davon ab, dass sie verspannungsfrei montiert sind. Der Toleranzausgleich verhindert, dass einzelne Lagerstellen überlastet werden.
Anwendungsbeispiel Anzeigetafel: Im Zug informiert die Tafel über die Haltestellen. Zwei Anforderungen werden an sie gestellt: Sie soll senkrecht montiert sein, damit sie gut gelesen werden kann, und sie soll bündig zur Innenverkleidung ausgerichtet sein. Der Rohbau weist als Schweißkonstruktion jedoch relativ große Toleranzen auf. Da die Anzeigetafel groß und schwer ist, sind für die Montage zwei Mitarbeiter notwendig.
In der Vergangenheit wurden die Anzeigetafeln zunächst montiert, um ein Ist-Maß festzustellen. Danach wurden sie wieder abgenommen, um die Abweichungen von den Soll-Maßen an jedem der vier Befestigungspunkte mit Unterlegscheiben zu korrigieren. Bei der anschließenden Montage stellte sich häufig heraus, dass die Soll-Maße noch nicht erreicht wurden oder Verspannungen auftraten. So wiederholte sich der Montageprozess bis zu fünf Mal, bis die Anforderungen erfüllt waren. Heute bringen die Monteure vier Toleranzausgleichselemente in den Rohbau ein. Sie richten die Anzeigetafel mit Lehren auf eine ideale Montageposition aus. Beim anschließenden Verschrauben gleicht Flexitol einen Luftspalt von bis zu 9 mm zwischen Rohbau und Anzeigetafel stufenlos automatisch aus.
Ingo Burger Produktmanager Flexitol bei der Böllhoff Verbindungstechnik GmbH, Bielefeld
Jetzt auch eine Ausführung für große Stückzahlen

So funktioniert es

523679

  • Der Toleranzausgleich Flexitol besteht aus mindestens zwei Elementen, einem Verstellelement (braun) und einem Befestigungselement (blau). Zuerst wird der vormontierte Toleranzausgleich in das Aufnahmebauteil eingebracht, dann das Anbauteil ausgerichtet.
  • Beim Eindrehen der Schraube sorgt der im Bild nicht sichtbare Mitschlepper (eine Art Feder) dafür, dass das Verstellelement mit angetrieben wird. Da es mit dem Befestigungselement durch ein Linksgewinde verbunden ist, bewegt sich es sich aus diesem heraus, bis es vom Anbauteil gestoppt wird: Nun ist der Spalt zwischen Anbau- und Aufnahmebauteil ausgeglichen. Das geschieht stufenlos und automatisch. Die Schraube wird weiter eingeschraubt, bis die komplette Baugruppe mit der Schraubenvorspannkraft gesichert ist.

  • Kosteneffizienz
    Toleranzausgleichssysteme erledigen automatisch, was in der Montage oft Geld und Nerven kostet: das Ausrichten, Anpassen und Korrigieren. Mussten zum Beispiel die Monteure von Anzeigetafeln bisher bis zu fünf Mal montieren und demontieren, um die Spaltmaße auszugleichen, so besorgen dies nun vier Flexitol-Elemente – nicht nur bei Anzeigetafeln.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de