Das Verfahren der Strahlenvernetzung optimiert die Eigenschaften von Kunststoffen. So können in der Bauteil-Fertigung teure Hochleistungs-Kunststoffe durch kostengünstige Massenkunststoffe ersetzt werden.
Das „Upgrading“ technischer Kunststoffe in Werkstoffe mit gesteigerter Leistungsfähigkeit und erweitertem Anwendungsspektrum hat sich die BGS Beta-Gamma-Service GmbH & Co. KG, Wiehl, auf die Fahne geschrieben. Um die mechanischen, thermischen und chemischen Eigenschaften zu verbessern, setzt das Unternehmen die Strahlenvernetzung ein: die Behandlung der Kunststoffe mit energiereichen Elektronen- oder Gamma-Strahlen. Das nach Angaben des Bestrahlungsdienstleisters einfache und kostengünstige Verfahren bietet sich als wirtschaftliche Alternative zu kostspieligen Hochleistungs-Kunststoffen an.
„Viele Kunststoffverarbeiter wissen nicht, welche Qualitäten in einem herkömmlichen Thermoplast stecken und greifen daher vorschnell zu Hochleistungs- Polymeren, um den gestiegenen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden“, erläutert BGS-Geschäftsführer Dr. Alfred Zyball. „Solche Werkstoffe sind jedoch nicht nur erheblich teurer, sie verlangen auch spezielle, kostspielige Werkzeuge. Mit den höheren Prozesstemperaturen steigt wiederum der Energieverbrauch, und längere Zykluszeiten bei der Produktion und aufwendige Nacharbeit kosten zusätzlich Zeit und Geld.“
Die Strahlenvernetzung als sichere, umweltfreundliche Methode zur Materialoptimierung aktiviere das verborgene Potenzial in Massenkunststoffen und technischen Kunststoffen. „Selbst wenn Material- und Transportkosten sowie die Kosten für die Strahlenvernetzung eingerechnet werden, ist das hieraus gefertigte Endprodukt günstiger als das aus Hochleistungs-Kunststoffen hergestellte“, betont Zyball. Ein Beispiel sind Motor-/Akustikabdeckungen im Automobilbau, die so statt aus teuren Duroplasten oder teilaromatisierten Polyamiden aus preiswertem PA 6GF produziert werden können.
Der Umgang mit Standard-Polymeren ist den Verarbeitern vertraut, und das Material lässt sich auf Standardmaschinen mit Standardschnecken verarbeiten. „Da keine hohen Werkzeugtemperaturen erforderlich sind, kann viel Energie eingespart werden“, merkt Zyball an. „Die Fließfähigkeit der Schmelze erfordert keine besonderen Maßnahmen am Werkzeug, was Entlüftung oder Gratbildung angeht.“
Da die Strahlenvernetzung zeitlich und räumlich unabhängig vom Formgebungsprozess erfolgt, sind alle Herstellungsverfahren möglich – sei es Spritzguss, Extrusion oder Blasformen. Serienwerkzeuge lassen sich weiter verwenden, da unvernetzte und zu vernetzende Teile parallel aus den gleichen Werkzeugen gefertigt werden können.
Die Strahlenvernetzung soll sich durch hohe Prozesssicherheit und Reproduzierbarkeit auszeichnen, die Voraussetzung für Produkte mit einem zugesicherten Eigenschaftsprofil. „Kunststoffverarbeitende Betriebe ersparen sich damit unnötige Investitionen und die Umstellung auf die Anforderungen neuer Rohstoffe“, hebt Zyball hervor.
Bewährt hat sich das Verfahren unter anderem bei der Vernetzung von Polyethylen-Rohren für Fußbodenheizungen sowie für die Gas- und Wasserversorgung. Das Angenehme für den Hersteller: Die Strahlenvernetzung erfolgt völlig abgekoppelt vom Fertigungsprozess, quasi auf dem Weg zum Endabnehmer. Haben die Formteile den Produktionsbetrieb verlassen, übernimmt BGS alles Weitere und sorgt dafür, dass sie in der geeigneten Form den Kunden erreichen. Zum Bestrahlen können die Produkte als Strangmaterial auf Trommeln oder auch lose in Gitterboxen oder – bei Spritzgussteilen – verpackt in Kartons angeliefert werden.
Neu und in Deutschland einmalig soll die Anlage von BGS in Bruchsal sein. Dort können bis zu 12 m lange und 1000 kg schwere Einzelstücke bestrahlt werden. Daher haben auch die Hersteller großformatiger Rohre, die nicht getrommelt werden können, die Chance der Strahlenvernetzung für sich entdeckt. BGS eröffnet jedoch auch anderen Industriezweigen, insbesondere dem Automobil- und Luftfahrt-Bereich, neue Perspektiven zur Materialoptimierung großformatiger Produkte. re
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