Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas war eines der bestimmenden Themen 2004. Ein weiterer riesiger Markt in Asien, nämlich Indien, verspricht ebenfalls große Chancen, erläutert Unternehmer und Asien-Kenner Andreas Lapp.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Jens-Peter Knauer jens-peter.knauer@konradin.de
Herr Lapp, es scheint, als würden die Hoffnungen international tätiger deutscher Unternehmen vor allem auf China liegen.
Was wir derzeit erleben, erinnert an den Lemming-Effekt. Alle rennen mit, weil keiner etwas versäumen will. Selbstverständlich ist China ein wichtiger Markt, aber mit einem Engagement in der Volksrepublik ist man noch lange nicht in Asien angekommen.
Wie meinen Sie das?
Es ist wichtig, den gesamten asiatischen Markt zu bearbeiten. Sehen Sie, in China laufen jährlich rund 1,2 Millionen Fahrzeuge vom Band. Daran wollen viele Zulieferer partizipieren. Autos werden aber auch woanders gebaut, pro Jahr zum Beispiel 800 000 in Thailand und etwa eine Million in Indien. Malaysia und Singapur, um nur zwei Beispiele zu nennen, glänzen ebenfalls mit steigenden Wachstumsraten.
Sie engagieren sich als Unternehmer in Indien und vertreten das Land als Honorarkonsul. Was macht diesen Markt so interessant?
In Indien sind die Markteintrittshürden relativ niedrig. Seit Anfang der 90er-Jahre haben sich die Investitionsbedingungen sehr vereinfacht. Joint Ventures mit einheimischen Unternehmen sind beispielsweise keine Voraussetzung mehr, wenn man dort produzieren will. Gewinne lassen sich frei transferieren.
Das Wohlstandniveau in Indien wächst, und damit nehmen auch die Bedürfnisse zu. Das allein bietet Chancen en masse. Da das Land auf die Ausbildung viel Wert legt, sind die Fachkräfte überdurchschnittlich gut gebildet. Und nicht zu vergessen: Indien ist – im Gegensatz zu China – ein demokratischer Rechtsstaat.
Auf welchen Gebieten hat Indien den größten Nachholbedarf, oder anders gefragt: In welchen Branchen sehen Sie die größten Chancen für deutsche Unternehmen?
Deutsche Investoren treffen in Indien auf offene Augen, Ohren und Herzen. Das liegt unter anderem daran, dass wir nicht mit Vorbehalten aus der Kolonialzeit kämpfen müssen, aber auch an dem guten Ruf der Qualität made in Germany.
Indien ist immer noch ein sehr landwirtschaftlich geprägtes Land. Wachstumspotenziale liegen in allen Branchen, vor allem Maschinenbauer und Zulieferer dürfen sich gute Chancen ausrechnen.
Wo liegen die größten Hindernisse bei einem Indien-Engagement?
Die Hindernisse liegen eher in unseren Köpfen. Wir müssen uns auf die Mentalität und die Kultur einstellen, wenn die Investition ein Erfolg werden soll. Gefragt ist Offenheit, aber auch Geduld. Wer in Indien erst einmal zwei, drei Jahre durchgehalten hat, wird in diesem Land richtig glücklich werden.
Was darf man auf keinen Fall tun?
Es ist nicht ratsam, veraltete Produkte abzusetzen. Das wäre ein Affront. Indien ist ein sehr technologiebegeistertes Land, da kann man nicht mit alten Sachen kommen! Und das teilweise überhebliche und herablassende Gebaren westlicher Geschäftsleute kommt ebenfalls nicht gut an.
Wagen Sie einen Blick in die Zukunft! Wie wird sich die Weltwirtschaft in den nächsten Jahren entwickeln?
Dieses Jahrhundert wird von Asien dominiert. Die Dynamik wird zweifellos fortbestehen. Das ist auch notwendig, allein schon wegen der demographischen Entwicklung. Der Abstand zu Europa wird geringer. Wenn keine größeren Konflikte, Kriege oder andere Katastrophen ausbrechen, haben wir gute Chancen für eine gedeihliche Weltwirtschaft.
Internet-Recherche
- www.girt.de Der German-Indian Round Table bietet Informationen für den Mittelstand
- www.indo-german.com Homepage der Deutsch- Indischen Handelskammer
- www.bfai.de Branchenanalysen, Marktberichte, Ausschreibungen, Investitionsvorhaben
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