Mit dem neu entwickelten Präzisionsstanzen kann der Fellbacher Automobilzulieferer Wüst jetzt auch dicke Bleche mit hoher Qualität bearbeiten. Die Werkzeuge entwickelt und fertigt er selbst.
Präzisionsstanzen nennt die Carl Wüst GmbH & Co. KG in Fellbach ein neu entwickeltes Stanzverfahren. Mit der neuen Technologie lassen sich auch dicke Bleche mit hoher Qualität ähnlich dem Feinstanzen bearbeiten. Und das mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit. Die Werkzeuge dazu entwickelt der zertifizierte Automobilzulieferer nach einem neuen Verfahren selbst.
„Unser Know-how steckt in der Konstruktion“, stellt Hermann Bachmann fest und fährt begeistert fort: „Wir haben einen unglaublich kreativen Konstrukteur, der neue Wege in der Fertigung findet.“ Mehr will der Geschäftsführer von Carl Wüst zunächst nicht verraten. Nur so viel, dass das 1895 gegründete Unternehmen es schaffe, in einem Stanzvorgang bei bis zu 20 mm dicken Blechen einen fast 100%igen Glattschnitt zu erzeugen. „Und das mit einer Präzision wie beim Feinstanzen, nur dass wir wesentlich schneller sind“, berichtet er.
Das Fellbacher Unternehmen, das nach dem neuesten Qualitätsstandard ISO/TS 16949 Revision 2002 zertifiziert ist, verarbeitet etwa 4 000 t Stahl pro Jahr zu unterschiedlichsten Flanschen oder anderen Metallteilen wie zum Beispiel Klöpperböden. Auf 17 Pressen mit Stanzkräften von 400 – 20 000 kN werden Stanzteile nach Kundenwunsch oder nach Beratung gefertigt. Das Familienunternehmen liefert überwiegend an Kunden aus dem Bereich Automotive. So werden in Spitzenzeiten etwa eine Million Stanzflansche jährlich für den Golf gefertigt.
Die Werkzeuge werden im Hause konstruiert und im eigenen Werkzeugbau gefertigt. Bachmann bezeichnet diesen als das Herzstück des Unternehmens. Dort steht ein moderner, CNC-gesteuerter Maschinenpark aus Drehautomaten, Bearbeitungszentren, Flachschleifmaschinen und Bohrautomaten zur Verfügung, die über ein DNC-Netz verbunden sind. Damit sollen hohe Flexibilität beim Maschineneinsatz, Prozessicherheit und die dem Kunden zugesagte Fertigungskapazität sichergestellt werden.
Beim Feinstanzen werden eng tolerierte Teile mit feinen Schnittflächen aus Blechen bis rund 15 mm Dicke bearbeitet. So werden in einem Arbeitsgang gratfreie Werkstücke mit glatten, rechtwinkligen Schnittflächen hergestellt. Der Schnittspalt darf nur 0,5 % der Blechdicke betragen und wird bei dünnen Blechen deshalb sehr klein. Hier sind zur Führung aufwendige Säulengestelle erforderlich. Die Hubfrequenz sinkt je nach Blechdicke. Bei 15 mm sind es nur noch etwa 40 Hübe/min.
Das Präzisionsstanzen von Wüst geht einen anderen Weg und ist speziell für dicke Bleche geeignet. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Stanzverfahren liegt in der Möglichkeit, beide Verfahren, nämlich Präzisionsstanzen und konventionelles Stanzen, bei der Bearbeitung eines Werkstückes gezielt einzusetzen. Dabei erhalten bestimmte vom Kunden vorgegebene Bereiche einen 100%igen Glattschnitt. Andere, unwichtigere Bereiche, wie zum Beispiel die Außenkonturen eines Werkstücks, werden konventionell gestanzt und sind so kostengünstiger als beim Fein-stanzen.
Durch intelligente Konstruktion der Stanzwerkzeuge sollen Einzug, Glattschnitt und Ausbruch gezielt anders gestaltet werden. So kann an den gewünschten Stellen eine Qualität wie beim Feinstanzen erreicht werden. Die Hubfrequenz sinkt auch bei Metallteilen mit Dicken bis zu 20 mm nicht unter 60 Hübe/min.
Hermann Bachmann geht davon aus, dass er seinen Kunden mit dem Präzisionsstanzen höhere Qualität, schnellere Lieferzeiten und auch günstigere Preise zusichern kann. „Aufgrund der neuen Zertifizierung nach TS 16949:2002 sehen wir in Europa und USA gleich große Absatzchancen für Teile, die nach dem Präzisionsstanzen gefertigt werden“, gibt sich der Geschäftsführer optimistisch.lb
Dicke Metallteile bis zu 50 % schneller stanzen
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