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Hubzahlen um fast ein Drittel gesteigert

Stanzen: NC-Transfer macht Transferpressen Beine
Hubzahlen um fast ein Drittel gesteigert

Der weiterentwickelte NC-Servotransfer von Kohler macht das Stanzen wirtschaftlicher. Beim Materialeinsatz sind Einsparungen bis zu 30 % möglich, da die Platinen bei optimierter Materialausnutzung geschnitten werden können.

Dr.-Ing. Bernd Pögel ist Leiter Entwicklung und Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ulrich Günther ist Leiter Marketing und Vertrieb Transfer der Kohler Maschinenbau GmbH in Friesenheim

Ein breiteres Produktspektrum in kleineren Losgrößen kostengünstiger zu fertigen – diese konträren Forderungen haben in den letzten Jahren den Druck auf die Stanzindustrie verstärkt. Die Folge ist seit Mitte der 90er Jahre ein Technologiewechsel: Weg vom mechanischen Transfer hin zum frei programmierbaren NC-Servotransfer. Dessen Einsatz bietet ein erhebliches Potenzial, um die Kosten zu senken, die Produktivität zu steigern und die Fertigung zu flexibilisieren.
Transfersysteme transportieren in Stufenpressen Teile von einer Werkzeugstufe zur nächsten. Im Gegensatz zu Folgeverbund-Werkzeugen, bei denen das Teil an einem Transportstreifen hängend durch die Presse gelangt, wird bei einem Stufenwerkzeug das Teil mittels Greiferschienen gefasst, hochgehoben und zur nächsten Stufe transportiert.
Mit ihrem 1994 vorgestellten NC-Servotransfer gehört die Kohler Maschinenbau GmbH, Friesenheim, zu den Pionieren dieser Technik. In den letzten Jahren wurden die Systeme kontinuierlich weiterentwickelt. Ein Meilenstein war die Vorstellung eines NC-Transfers für X-Schrittweiten von bis zu 1250 mm, Platinengrößen bis 1000 mm x 1700 mm, Pressentischlängen bis 5000 mm und Pressen mit Link-Motion-Antrieb. Der Transfer eignet sich für alle mechanischen und hydraulischen Pressen. Dies gilt sowohl für Neuinstallationen als auch für das Nachrüsten vorhandener Pressen.
Beim Materialeinsatz sind mit dem Kohler-Transfer Einsparungen bis zu 30 % möglich, da die Platinen bei optimierter Materialausnutzung geschnitten werden können. Zudem entfällt der Transportstreifen, der bei Folgeverbundwerkzeugen benötigt wird. Da der Umformprozess somit nicht durch den Streifen behindert wird, erhöht sich die Umformfreiheit.
Die Hubzahlen können ebenfalls gesteigert werden, da sich der Bewegungsablauf des Transfers optimal an das Werkzeug anpassen lässt. Der gewünschte Bewegungsablauf wird vom Pressen- oder Werkzeugbauer in einem Kreisdiagramm festgelegt. Bei mechanischen Transfers hingegen wird das Diagramm mittels einer Kurvenscheibe umgesetzt. Somit steht der Bewegungsverlauf zu einem sehr frühen Projektstadium fest, und eine nachträgliche Änderung ist nur unter hohem Aufwand möglich. Mit Hilfe moderner Transfersteuerungen kann der Anwender für jedes Werkzeug eine eigene optimierte Kurvenscheibe erstellen.
Das verwendete normierte Bewegungsgesetz stellt eine ruck- und stoßbegrenzte Bewegung sicher. Die sanften Abläufe ermöglichen höhere Beschleunigungen, weil die Teile sicher aufgenommen, transportiert und abgelegt werden. Da weniger mechanische Komponenten zur Kraftübertragung erforderlich sind, ist auch das Spiel des gesamten Systems deutlich geringer als bei mechanischen Transfers. Die Risiken eines Teileverlustes, etwa durch Schwingungen, sinken damit erheblich und die Positioniergenauigkeit steigt. Darüber hinaus ist der Wartungsaufwand geringer.
Erhebliche Zeit- und Kosteneinsparungen lassen sich bei der Inbetriebnahme und Umrüstung erzielen. Transferwerkzeuge unterscheiden sich von Folgeverbund-Werkzeugen durch den modularen Aufbau. Daher können die einzelnen Werkzeugstationen unabhängig voneinander bearbeitet werden. So lassen sich Änderungen schnell und kostengünstig vornehmen. Bei geschickter Anordnung des Transfers können auch Folgeverbund-Werkzeuge verwendet werden.
X-Achse erlaubt Beschleunigungen von 40 m/s2
Die schnelle Umrüstbarkeit des NC-Servotransfers für verschiedene Werkzeuge macht die Gesamtanlage flexibler. Außer dem Austausch der Greifer und der Greiferschienen sind bei Werkzeugwechsel an dem System keine mechanischen Änderungen erforderlich. Die Schienen lassen sich über Schnellwechselkupplungen rasch austauschen. Kurze Wechselzeiten erlauben echte Just-in-Time-Produktion, und die Lagerbestände können reduziert werden.
Um die Vorteile in der Praxis nutzen zu können, kommt der Systemauswahl des NC-Servotransfers eine große Bedeutung zu. Hochentwickelte Transfers bieten die Möglichkeit, den Bewegungsablauf im Teach-in-Verfahren zu optimieren. Kohler ging noch einen Schritt weiter: Ab einer X-Hublänge von etwa 250 mm wird ein modifiziertes Bewegungsgesetz angewandt. Gegenüber vergleichbaren Transfers mit normiertem Bewegungsgesetz lassen sich so die Hubzahlen um bis zu 30 % steigern. Hierzu wird das Motor-Management so verändert, dass die hochdynamischen Antriebe mittels geänderter Beschleunigungs-charakteristik den Hub in kürzerer Zeit zurücklegen.
Während die Bewegungsabläufe optimiert werden, berechnet die Steuerung nach jeder Änderung des Kreisdiagramms die maximal mögliche Hubzahl – und dies unter Berücksichtigung der zulässigen thermischen Belastbarkeit der Motoren. Somit hat der Bediener sofort die Information, wie sich Änderungen des Bewegungsablaufs auf die Hubzahl auswirken, ohne die Sicherheit des Systems zu gefährden.
Eine weitere Voraussetzung für hohe Hubzahlen ist der mechanisch steife Aufbau des Transfers und ein möglichst geringes Gewicht der bewegten Teile. Dies betrifft die Materialauswahl für die Profile der Greiferschienen ebenso wie die konstruktive Auslegung der Antriebseinheiten. Sie sollen hohe Beschleunigungen ermöglichen, spielarm und wartungsfrei sein und im Schadensfall eine hohe Sicherheit bieten.
Für den Antrieb der X-Achse wird eine zusammen mit der INA Lineartechnik oHG, Homburg/Saar, entwickelte Linearachse eingesetzt. Insgesamt drei Zahnriemen übertragen die Kraft vom Motor auf den Transportschlitten, der die Schienen trägt. Diese Achse erlaubt Beschleunigungen bis 40 m/s² und Geschwindigkeiten bis 5 m/s. Selbst bei einem Ausfall von zwei Zahnriemen lässt sich die Anlage kontrolliert stoppen. Die Einheit ist gegen die im Pressenraum auftretenden Verschmutzungen abgedichtet und auf Lebensdauer geschmiert. Die Positioniergenauigkeit der gesamten Anlage ist 0,1 mm. Ein pneumatisches System kompensiert die Gewichtskraft, so dass nur für die Beschleunigung Drehmoment aufgewendet werden muss. Die Antriebsmotoren können dadurch kleiner und dynamischer ausfallen.
Um den Transfer optimal an die Presse anpassen zu können, ohne dass wichtige Funktionen behindert werden, ist ein geringer Platzbedarf, ein modularer Aufbau und größtmögliche Freiheit in Bezug auf die Anordnung der Achsen wichtig. Bei NC-Servotransfers von Kohler können die
Achsen entweder ober- oder unterhalb der Transportebene und innerhalb oder außerhalb der Presse als ziehende oder schiebende Einheit angeordnet werden.
Die beste Technik nutzt nichts, wenn sie unter den rauen Bedingungen in der Stanzerei nicht zuverlässig funktioniert und einfach zu bedienen ist. Beispielsweise muss sichergestellt sein, dass Führungen und Antriebseinheiten nicht durch Öl, Stanzreste und andere Verschmutzungen verschleißen. Kohler entwickelte ein Abdichtungssystem für die Y-Achse, das die Führungsbahnen zuverlässig schützt. Dabei dichtet ein Kunststoffband zwischen Schlitten und Führung die darunter liegende hochwertige Kugelumlaufführung ab.
Bei der Entwicklung der menügesteuerten Benutzerführung stand eine einfache Bedienbarkeit im Vordergrund. So werden alle Bewegungsdaten für die X-, Y- und Z-Achsen über einen Touch-Screen-Monitor in einen Industrie-PC eingegeben und in einem Kreisdiagramm visualisiert. Zudem ist aber auch ein flexibles Handbedienpult an der Presse erforderlich, mit dem der Bediener direkt am Werkzeug alle wichtigen Funktionen steuern kann.
Unterbrechungsfreie Spannungversorgung für Überwachungssensoren, Rechner und Antriebe stellen sicher, dass auch bei einem Stromausfall ein kontrollierter Stopp bis zum Pressenstillstand durchgeführt werden kann.
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