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Idealer Nährboden für High-Tech-Unternehmen

Start-Up-Unternehmer pushen die IT-Szene
Idealer Nährboden für High-Tech-Unternehmen

In Nordrhein-Westfalen hat sich eine dynamische Softwareszene entwickelt. Keimzellen vieler Unternehmen sind Universitäten und Forschungsinstitute, deren Millieu Innovation und Spitzenleistung stimuliert.

Von unserem Redaktionsmitglied Dietmar Kieser

Winfried Materna, mit seiner Firma als One-Man-Show gestartet, verwaltet mit seinen Rechnern den Short Message Service (SMS) und verdient Millionen mit den per Handy verschickten Kurznachrichten. Thorsten Frank übernimmt als Vorstand eines technologieorientierten Beratungshauses eine ausgegründete Unternehmenssparte, deren E-Business-Lösungen die Informationslogistik zwischen Kunden und Lieferanten optimiert. Und Rüdiger Maaß startet mit einer Firma durch, die altgedienten Robotern intelligente Software implantiert, um sie für neue Aufgaben fit zu machen.
Materna, Frank und Maaß stehen für einen Typus mittelständischer Unternehmer, wie er in Nordrhein-Westfalen häufig anzutreffen ist. Sowohl Materna in Dortmund als auch Frank in Paderborn und Maaß in Rheinbach bei Bonn haben ihr Unternehmen als Spin-off eines Universitätsprojekts (mit-)gegründet. Das innovative Millieu vieler NRW-Hochschulen – angefangen von Aachens renommierter RWTH über die Wissenschaftsregion Bonn/Köln mit der GMD – Forschungszentrum Informationstechnik GmbH an der Spitze, über die Dortmunder Fraunhofer-Institutskonzentration im Bereich Logistik bis hin zu Paderborn mit dem Heinz-Nixdorf-Institut in den Reihen – ist der ideale Nährboden für High-Tech- und Softwareunternehmen.
Erst kürzich schlossen Rüdiger Maaß und sein Kompagnon Volker Zahn an der Universität Bonn ihre Promotion ab. Dass sie mit ihrer Firma MZ Robolab durchstarten und sich erstmals auf der Hannover Messe präsentieren konnten, verdanken die Gründer regionaler Zuwendung. „Kräftige Unterstützung“, sagt Netzwerkexperte Maaß, „hat unsere Ausgründungs-Idee durch das innovationsfreudige Umfeld in der Region ebenso erhalten wie durch die Technologietransferstelle der Uni Bonn.“ Für zusätzlichen Schub sorgte die Beteiligung eines Geldgebers: Die Vision Chancenkapital GmbH & Co. KG hat mitgeholfen, dass die Jungunternehmer den Prototyp ihres neuartigen Robotersteuerungskonzeptes termingerecht dem Messepublikum vorführen konnten.
Branchenveteranen greifen IT-Jungchefs unter die Arme
In den letzten Jahren habe man „deutlich mehr Wagniskapital mobilisieren können“, zieht Finanzminister Peer Steinbrück eine erste Bilanz der Gründungsinitiative Go. „Aber wir können noch mehr davon gebrauchen.“ Schließlich könnten auch in der Software-Entwicklung noch viele neue Arbeitsplätze entstehen. Immerhin rund ein Fünftel der hierzulande in Softwarehäusern Beschäftigten stehen auf den Gehaltslisten der Bits&Bytes-Schmieden zwischen Aachen und Bielefeld. Zum Stichtag Ende 1998 zählte die amtliche NRW-Statistik 31 222 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer in diesem Bereich. Nur Baden-Württemberg kann mehr vorweisen. Da verwundert es auch nicht, dass im Südwest-Staat mit 3660 die meisten Softwarehäuser siedeln. Bayern (3072) und Nordrhein-Westfalen (2720) folgen auf den Plätzen.
Doch erst im Vergleich wird die Entwicklung im größten deutschen Flächenstaat deutlich: Vier Jahre vorher, also 1994, vermerkt die Statistik 2000 Softwarehäuser im Land der Badener und Schwaben. Nur 240 waren es im Rheinland und in Westfalen. Dass es mit den Zahlen weiterhin stetig bergauf geht, dafür sorgen auch Branchenveteranen wie Thomas Garmhausen, der die Anfänge des Unix-Betriebssystems aktiv mitgestaltet hat. Heute fördert der Geschäftsführer der Garmhausen GmbH in Sankt Augustin bei Bonn Internet-Startup-Firmen. Für den Mann ist Geld aber nicht alles. Auch von seinem Know-how als IT-Unternehmer sollen die Firmeneleven profitieren. 27 000 sogenannter Business Angels wie Garmhausen sollen in Deutschland aktiv sein. „Über 220 000 dieser erfahrenen Unternehmer soll es geben“, zitiert NRW-Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold die Einschätzung von Marktexperten. Das mögliche Investitionsvolumen pro Jahr: 9 bis 13 Mrd. DM.
Ob und wie Business Angels dazu beigetragen haben, dass Bonn in einer Studie zum Sieger in der Kategorie „Zahl der Homepages“ erkoren wurde, ist allerdings nicht verbrieft. Unter 100 deutschen Städten, die der Bremerhavener Hochschulprofessor Edgar Einemann auf ihre Fitness in Sachen digitale Zukunft untersucht hat, errang die Stadt Bonn Platz neun – vor ihr rangiert nicht eine NRW-Kommune. Während sich Gesamtsieger München mit dem Titel „Nummer eins der deutschen Internet-Cities“ schmücken darf, kann sich die ehemalige Bundeshauptstadt ihrer „hohen Zahl von Internet-präsenten Unternehmen“ rühmen.
Auch in Köln gedeihen Softwarefirmen besonders gut. Die Domstadt, die sich derzeit anschickt, München den Medienstandort Nummer eins streitig zu machen, erhofft sich eine ähnliche Sogwirkung auf Zuwanderer im Bereich Internet und Multimedia. Zehn von rund 260 Unternehmen, die ihre Aktien am Neuen Markt notieren, siedeln in Köln. Eine davon ist die Pironet AG, deren selbstentwickelte Internet-Standardsoftware sämtliche Kommunikations-, Informations- und Wissensströme eines Unternehmens verknüpft. Business Relationship Management nennt sich diese IT-Sparte, die Pironet-Gründer Mehrdad Piroozram heute mit 160 Mitarbeitern beackert. Bei der Gründung vor fünf Jahren waren sie noch zu dritt.
Schneller aus den Startlöchern gekommen sind nur jene Internet-Start-Ups, die – zu Jahresbeginn gegründet – auf der Erfolgswelle schwimmen, die von elektronischen Handelsplätzen ausgeht. Einer ihrer Architekten ist die Econia.com AG. Im Februar gestartet, sorgen heute mehr als 40 Mitarbeiter dafür, dass sich Angebot und Nachfrage nach industriellen Gütern im virtuellen Raum treffen. Diese Form des Internet-basierten Beschaffungswesens findet immer mehr Anhänger. Bis Mitte Juni registierten sich rund 1200 Nutzer mit einem Ausschreibungsvolumen von insgesamt 50 Mio. DM. Nicht nur die Zahlen bestätigen das Unternehmenskonzept: Chris Schroers und seine Vorstandskollegen wurden jetzt für ihre Geschäftsidee ausgezeichnet – als Gewinner der Region Köln im bundesweiten Gründerwettbewerb „Start-Up“.
Online-Marktplätze gedeihen am Rhein besonders gut
New und Old Economy verweben sich indes bei der Indusale.com AG im benachbarten Düsseldorf. Das gleichsam diesen Februar gegründete Start-Up-Unternehmen hat sich auf Industrieauktionen und Geschäftskontakte spezialisiert. Versteigert wird aber nicht nur über eine Internet-Plattform – Interessenten können auch Online-Vorgebote für Saalauktionen abgeben oder an realen Versteigerungen teilnehmen. Letzteres läuft über den Industrie-Rat Hamburg, der nach eigenen Angaben über rund 80 000 aktive Kontake zu mittelständischen Unternehmen verfügt. Aus diesem Industrieversteigerer ist Indusale als Spin-off hervorgegangen. Auch die Firmengruppe Otto Wolf von Amerongen ist Teilhaber und bringt 150 000 potenzielle Adressaten für Kaufs- und Verkaufsofferten in das Gemeinschaftsunternehmen ein.
Mit noch größeren Zahlen kann eigentlich nur die Materna GmbH Information and Communications aufwarten. Zehn Millionen Kurzmitteilungen, die Handy-Benutzer als SMS verfassen, werden täglich durch das firmeneigene Computerzentrum in Dortmund geschleust und an die Zieladressen geschickt.
Dortmund: Zentraler Standort innovativer (Software-)Logistik
Wie viele Newcomer in NRW hat auch Firmengründer Winfried Materna seine Wurzeln in der Hochschule. Vor 20 Jahren machte sich das EDV-Urgestein mit einem Informatik-Forschungsprojekt selbstständig, das er an der Universität Dortmund leitete. Diese Hochschule gilt auch als Keimzelle eines Bereiches, der heute an der Schwelle zum E-Business-Zeitalter für Furore sorgt: Das Begriffspaar Dortmund und Logistik genießt einen exzellenten Ruf. Dass sich die Region als zentraler Standort innovativer (Software-)Logistik in Europa etablieren konnte, dazu hat auch die Fraunhofer-Gesellschaft beigetragen. Das von der Forschungsorganisation gegründete Institut für Materialfluss und Logistik (IML) hat sich in den vergangenen Jahren zum Führenden seiner Art entwickelt.
Auch in Paderborn zieht das innovative Hochschulklima die Programmschmieden an. Keimzelle ist die Universität, die stark auf den informationstechnischen Be- reich setzt. Viel Know-how konzentriert sich besonders in den Gebäuden des Heinz-Nixdorf-Instituts (HNI) der Universität. Bei Forschung und Entwicklung genießen die Ostwestfalen ein hohes Ansehen – nicht zuletzt „wegen der engen Verzahnung unterschiedlicher Disziplinen, beispielsweise der Ingenieurwissenschaften und der Informatik“, wie Thorsten Frank betont.
Der diplomierte Maschinenbauer ist selbst das beste Beispiel dafür (siehe Interview). 1992 als Wissenschaftler am dortigen Lehrstuhl für Rechnerintegrierte Produktion gestartet, schlug Frank alsbald die Unternehmerkarriere ein. 1995 gründete er gemeinam mit zwei Vorstandskollegen das technologieorientierte Beratungsunternehmen Unity AG und führte dort unter anderem das Geschäftsfeld Internetdienste, das er 1999 als Myview Technologies in die unternehmerische Unabängigkeit führte: Die E-Business-Lösungen des Paderborner Start-Ups versetzen Anwender in die Lage, ihre Produktinformationen mit Blick auf Kundeninteressen zu managen.
Für Unternehmen wie Myview ist die Nähe des HNI und der Universität ein entscheidender Standortfaktor geworden. Die Ausbildungsinfrastruktur hält Thorsten Frank für ein entscheidendes Kriterium. Softwareunternehmen in der Region können aus dem heimischen Pool schöpfen. Von der engen Bindung an die Hochschule profitieren viele Paderborner Eigengewächse auch an anderer Stelle. Was dort erdacht wird, kann – wie vielerorts in Nordrhein-Westfalen – bestens in verwertbare Produkte umgesetzt werden.
Thorsten Frank, Myview Technologies: „Die Universität ist Keimzelle unternehmerischer Tätigkeit“
Als IT-Unternehmer bekennt sich Myview-Vorstandsmitglied Thorsten Frank klar zu Paderborn. Gerade Softwarehäuser profitieren von einigen Standortvorteilen erheblich.
?Welche Standortfaktoren bietet Ihnen der Raum Paderborn?
!Bei der Ausbildungsinfrastruktur genießen wir eine hervorragende Ausgangssituation. Einerseits hat sich aus dem universitären Umfeld, etwa dem Heinz-Nixdorf-Institut, ein IT-Zentrum entwickelt, das hochqualifizierte Professoren angezogen hat. Andererseits hat sich eine Umschulungs- und Ausbildungssituation etabliert, die den Bedarf beispielsweise in Richtung Anwendungsimplementierung bestens zufriedenstellt.
?Erweist sich auch die Randlage als Vorteil?
!Mit Blick auf globale Aspekte ist Paderborn sicherlich ein Randgebiet. Dies hat aber durchaus Vorteile hinsichtlich der Fluktuation der Mitarbeiter. Besonders dienstleistungsorientierte Unternehmen profitieren eindeutig von einer gewissen Verwurzelung der Menschen in die Region. Hinzu kommt, dass wir auch interessante regionale Märkte haben, etwa die Möbelbranche. Doch die Marktfrage ist für uns als Myview Technologies nicht die zentrale Standortfrage. Wir wickeln von hier aus Projekte auch europaweit ab.
?Wieviel Ihres Geschäftsvolumens entstammt der Region?
!Zwischen 20 und 30 Prozent, rund 10 Prozent erzielen wir mit europäischen Kunden, den Rest erwirtschaften wir bundesweit. Aber hier gibt es nicht nur einen interessanten Regionalmarkt. Sicherlich profitiert ein Unternehmen wie Myview von der Vernetzung in die Region genau so wie von der Zusammenarbeit mit der Universität Paderborn.
?Wie eng ist die Verbindung dorthin?
!Sie ist recht eng. Wir nutzen Synergien, indem wir technologische Innovationen in Produkte ummünzen. dk
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