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Ingenieure mit Fernweh sind in Schweinfurt goldrichtig

Ingenieurmangel: Nach Franken lockt die weite Welt
Ingenieure mit Fernweh sind in Schweinfurt goldrichtig

Mit weltweit gutem Ruf und interessanten Produkten will die Schwein-furter Industrie die Folgen des Ingenieurmangels ausgleichen. Den Wert der Mitarbeiter zeigen die Erfolge des Ideenmanagements, für das FAG ausgezeichnet wurde.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann – birgit.oppermann @ konradin.de

Arbeitgeber in Unterfranken, Arbeitsplatz in Mexiko oder Brasilien. Oder in Frankreich – oder den USA. Mit ihrem 18-monatigen Traineeprogramm Move möchte die Schweinfurter ZF Sachs AG den besten Hochschulabsolventen einen Wechsel an die Ufer des Mains schmackhaft machen. „Unser Markt ist die ganze Welt“, definiert der Entwicklungspartner der Automobilindustrie, dessen Unternehmensgeschichte in der Kugellagerbranche fest verwurzelt ist. Der Erfindergeist der Pioniere machte die Region zu einem weltweit anerkannten Know-how-Zentrum, von wo aus Unternehmen wie Bosch Rexroth, ZF Sachs, FAG Kugelfischer und SKF noch immer ihre internationalen Geschäftskontakte pflegen.
Heute ist es aber nicht mehr allein der Tüftler, der zählt. Vielmehr sind Mitarbeiter gefragt, die frühzeitig lernen, worauf es im Umgang mit Partnern im Ausland ankommt. Ein halbes oder ganzes Jahr verbringen daher die frisch gebackenen Maschinenbau- oder Wirtschaftsingenieure, Wirtschaftsinformatiker, Kaufleute oder Betriebswirte zunächst in der Schweinfurter Sachs-Zentrale, wo sie als Trainees die Abläufe im Unternehmen kennen lernen. Danach qualifizieren sie sich im Ausland für einen verantwortungsvollen Job.
Einer der rund 21 000 Arbeitnehmer zu werden, die in Schweinfurt in der verarbeitenden Industrie tätig sind, kann aber eine ziemliche Umstellung sein – je nachdem, ob die neuen Mitarbeiter für ihre Ausbildung schon vorher in die Region gekommen sind oder längere Zeit in einer Weltstadt verbracht haben. Denn das Image einer Kleinstadt ist nach wie vor nicht das beste, auch wenn sie wie Schweinfurt in einer Region liegt, die an Natur, Sport und Kultur einiges zu bieten hat.
Dennoch gilt: „Wer in München studiert hat, muss von einem Wechsel nach Schweinfurt erstmal überzeugt werden.“ Das hat Katrin Edelmann beobachtet, verantwortlich für Personalmarketing bei der SKF GmbH. Das Unternehmen der schwedischen SKF-Gruppe setzt bei seiner Überzeugungsarbeit unter anderem auf seinen „weltweit guten Ruf“ sowie „interessante Entwicklungsprojekte“.
Um für solche Aufgaben die richtigen Partner zu finden, müssen die Projektleiter nicht weit gehen: Direkt vor der Haustür der Wälzlagerhersteller ist die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt angesiedelt, deren Fachbereiche Wirtschaftsingenieurwesen und Betriebswirtschaft, Elektrotechnik, Maschinenbau sowie neuerdings die Ingenieurinformatik in Schweinfurt vertreten sind. Rund 60 Studierende in verschiedenen Ausbildungsstadien kommen jedes Jahr als Praktikanten zu SKF, und einige Diplomarbeiten tragen zur Weiterentwicklung der Produkte bei. „Das ist immer noch die beste Art und Weise, um festzustellen, ob jemand als Mitarbeiter gut ins Team passt“, betont Edelmann.
Unitech-Programm vermittelt Kontakte ins Ausland
Die Kontakte zu den Ausbildungsstätten vor Ort allein reichen jedoch nicht mehr aus. Um die europäische Elite anzusprechen, haben sich vor kurzem eine Reihe von Unternehmen – darunter Siemens, Daimler-Chrysler, ABB und ZF Friedrichshafen – mit Hochschulen zusammengetan. Sie haben das Austauschprogramm Unitech-International ins Leben gerufen, an dem sich seit Anfang 2002 auch SKF beteiligt. „Wir werden im nächsten Jahr verstärkt Studenten aus dem europäischen Ausland bei uns haben“, berichtet Edelmann.
Abgesehen von den Verbindungen zu neuen potenziellen Mitarbeitern, die im Rahmen der Globalisierung zu Stande kommen, stehen aber auch die Fähigkeiten und das Know-how der schon Beschäftigten hoch im Kurs. Für ihr System, die Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter zu nutzen, wurde die Schweinfurter FAG Kugelfischer Georg Schäfer AG in den vergangenen Jahren mehrfach vom Deutschen Institut für Betriebswirtschaft (DIB) ausgezeichnet.
Webbasierte Verfahren, mit denen gute Ideen auf den richtigen – den gewinnbringenden – Weg gebracht werden, sind nach Ansicht von Experten auch für Mittelständler von großem Interesse. Immerhin ein Drittel von 425 Unternehmen, die an den Umfragen des DIB teilnehmen, haben weniger als 1000 Mitarbeiter – und auch sie tragen zu den insgesamt 1,25 Mrd. Euro bei, die die Betriebe im Jahr 2001 durch professionelles Ideenmanagement gespart haben.
Erfahrungen mit einem Intranet-basierten System sammelt FAG seit 1998. Damals wurde das seit 1940 auf Papier ausgeführte Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) komplett ins Netz verlagert – und mit einem Management-System kombiniert, das alle Beteiligten belohnt: Den Ideengeber, seine Teamkollegen, sofern sie etwas beigetragen haben, und die Gutachter und Bearbeiter, die helfen, die Idee in die Tat umzusetzen.
Ein spektakuläres Beispiel zeigt, dass sich der Aufwand lohnt. Reinhold Daft und fünf seiner Kollegen aus der Wuppertaler FAG-Großlagerfertigung schlugen vor, einen Fertigungsschritt – das Schleifen – zu sparen und Bordbohrungen von Zylinderrollenlagern feinzudrehen. Das Unternehmen kann sich über diese Idee besonders freuen, denn durch die Umstellung lassen sich weltweit jedes Jahr 500 000 Euro einsparen.
Doch auch die kleineren Veränderungen verbessern das Gesamtergebnis. Rund 20 Ideen pro Jahr und Kopf speisen die in Deutschland an das System angeschlossenen FAG-Mitarbeiter im Durchschnitt ein. Und reduzieren so – im Mittelwert – mit einem Vorschlag die Kosten um rund 2500 Euro.
Obwohl die Mitarbeiter für die Unternehmen so wertvoll sind und das Problem des Ingenieurmangels alle drängt – ein Tabu haben sich die unterfränkischen Wälzlagerspezialisten gesetzt, wie SKF-Fachfrau Edelmann betont: „Aus unserer Sicht gehört es zum guten Ton, sich nicht gegenseitig die Mitarbeiter abzuwerben.“
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