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Jahreszeit bestimmt Drucktaupunkt

Drucklufttechnik: Tieftemperatur-Kältetrockner punktet
Jahreszeit bestimmt Drucktaupunkt

Die Tieftemperatur-Kältetrocknung kombiniert die Vorteile der Kältetrocknung mit den Möglichkeiten der Adsorptionstrocknung – und erlaubt so variabel Drucktaupunkte zwischen +3 und -20 °C.

Den Drucktaupunkt des Tieftemperatur-Kältetrockners bei der Bochumer Brauerei Moritz Fiege stellt Brauingenieur und Betriebswirt Marc Zinkler heute bedarfsabhängig ein. Im Sommer wählt er den energiegünstigen Drucktaupunkt von +3 °C, während im Winter der Wert außentemperaturabhängig und vollautomatisch auf bis zu -20 °C gesenkt wird. So frieren die 250 m langen Druckluft-Freileitungen nicht ein. Möglich macht dies die Tieftemperatur-Kältetrocknung der Erkelenzer AGT Thermotechnik GmbH, die die Vorteile der Kältetrocknung (Drucktaupunkt +3 °C) mit den Möglichkeiten der Adsorptionstrocknung (Drucktaupunkt bis -20 °C) kombiniert. Da die Anlagen aber nach dem Grundprinzip der Kältetrocknung arbeiten, entfallen die Nachteile der Adsorptionsvariante. Die Gesamtbetriebskosten (TCO, Total Cost of Ownership) sollen sich so deutlich senken lassen.

Bereits seit fünf Jahren arbeitet das Verfahren erfolgreich bei der Brauerei Fiege. Die interdisziplinäre Abteilung ‚Energie und Instandhaltung’ arbeitete dazu eng mit der AGT Thermotechnik zusammen. Abteilungsleiter Marc Zinkler will die energieintensive Drucklufttrocknung auch zukünftig durch den kontinuierlichen Erfahrungsaustausch mit anderen Brauereien, Hochschulen und Branchen optimieren. So könne sich Fiege entscheidende Wettbewerbsvorteile verschaffen und langfristig eigenständig als Familienunternehmen agieren.
Bei den Bochumern kommt ein Teil der Druckluft auch mit dem Bier in Berührung. Sie wird deswegen mit zwei ölfrei verdichtenden Kompressoren erzeugt, denen bis vor fünf Jahren ein adsorptiv arbeitender Drehtrommeltrockner sowie ein Kältetrockner folgten. Nachteilig war, dass der Drehtrommeltrockner nur bei kontinuierlichem Betrieb des zugehörigen Kompressors einwandfrei arbeitete, weil nur dann der zur Regeneration erforderliche Wärmestrom kontinuierlich verfügbar ist. Fiege fuhr aber den nicht regelbaren, auf Spitzenlast ausgelegten Kompressor wegen des stark schwankenden Bedarfs im Aussetzbetrieb – was zu unerwünschter Feuchtigkeit im Druckluftnetz führte.
Dies wollten Marc Zinkler und seine Mitarbeiter verhindern und suchten deshalb nach einer Variante, die bei größtmöglicher Energieeffizienz abhängig von der Jahreszeit einen Drucktaupunkt von +3 bis -20 °C erreichen sollte. Zunächst boten sich ihnen zwei Lösungsmöglichkeiten an:
  • Ein Kältetrockner für den Sommer mit einem zusätzlichen Adsorptionstrockner für den Winter, alternativ
  • der ganzjährige Betrieb eines Adsorptionstrockners.
Die erste Lösung schied wegen der hohen Investitionskosten und der hohen Energie- und Wartungskosten für den Adsorptionstrockner aus. Bei Variante zwei entfielen zwar die Anschaffungskosten für den Kältetrockner, aber die hohen Energie- und Wartungskosten des Adsorptionstrockners fielen ganzjährig an. Deswegen suchten die Verantwortlichen nach einer dritten Lösung mit einer einzigen Anlage, die zusammen mit AGT zum Tieftemperatur-Kältetrockner führte.
Spezial-Lösung geht in Serie
Prinzipiell scheiden Kältetrockner die unerwünschte Feuchtigkeit aus und sorgen für einen Drucktaupunkt von etwa +3 °C. Der verbleibende Restfeuchtegehalt von nur noch 5,953 g/m³ ist für die meisten Anwendungen ausreichend. Ist diese Restfeuchte jedoch immer noch zu hoch – weil etwa wie in der Brauerei Druckluft-Freileitungen im Winter nicht einfrieren dürfen –, musste bisher die Aufbereitung alternativ mit einem Adsorptionstrockner erfolgen. Die hier möglichen Drucktaupunkte von -20 bis -70 °C liefern Druckluft mit einer Restfeuchte von nur 0,880 bis 0,00330 g/m³. Da aber sowohl die Erstinvestition als auch die laufenden Energie-, Wartungs- und Entsorgungskosten der Adsorptionstrocknung sehr hoch sind, eignet sich besonderes für den Drucktaupunktbereich zwischen +3 und -20 °C die Tieftemperatur-Kältetrocknung der Erkelenzer AGT Thermotechnik. Sie gewährleistet energieeffizient eine Restfeuchte zwischen 5,953 und 0,880 g/m³. Das Verfahren arbeitet deshalb heute bei Fiege erfolgreich mit einer Leistung von 6300 l/min (378 m³/h) mit der geforderten Drucktaupunkt-Bandbreite.
Grund genug für die Erkelenzer Druckluft-Spezialisten, den Tieftemperatur-Kältetrockner künftig als Serienmodell anzubieten. Jörg Schamar, Leiter Projekt-Management bei AGT, will durch den Einsatz hochwertiger Materialien für alle Komponenten eine hohe Langzeitqualität gewährleisten – unabhängig davon, ob die Druckluft ölfrei oder ölgeschmiert erzeugt wird. Wie alle Kältetrockner-Modelle der Erkelenzer lässt sich auch der Tieftemperatur-Kältetrockner ohne Vorabscheidung oder Vorfiltration betreiben. Er soll etwa doppelt so teuer sein wie ein konventioneller Kältetrockner, aber immer noch preiswerter als ein sonst für einen Drucktaupunkt von -20 °C erforderlicher Adsorptionstrockner. „Die späteren Folgekosten bewegen sich aber auf dem üblichen Niveau eines normalen Kältetrockners“, betont Schamar, „und sind damit weitaus geringer als bei einem Adsorptionstrockner.“
Auch Fiege will das bisherige Gerät gegen eine Anlage der neuen Modellgeneration austauschen. Der neue Tieftemperatur-Kältetrockner wird dann mindestens die 1,5-fache Leistung der jetzigen Anlage haben. Diese höhere Leistung wählte Zinkler bewusst, weil auch der bisher noch aktive, ölfrei verdichtende Kompressor mit nachgeschaltetem Drehtrommeltrockner durch einen ölfrei verdichtenden, wassereingespritzten Schraubenkompressor ersetzt werden soll. Zudem kann sich die drehzahlgeregelte Anlage immer flexibel und nahezu ohne Leerlaufanteile dem schwankenden Druckluft-Bedarf anpassen. Mark Zinkler hat errechnet, dass sich das Gesamtpaket der Anlage inklusive aller ergänzenden Komponenten bereits nach rund 2,4 Jahren amortisiert haben wird – und das bei einem eher zu hoch angesetzten Zinssatz von 12 %.
Norbert Barlmeyer Fachjournalist in Bielefeld

So funktioniert die Tieftemperatur-Kältetrocknung
Grundsätzlich arbeitet das Verfahren bis zu einem Drucktaupunkt von +3 °C wie ein Kältetrockner. In einem Luft/Luft-Wärmetauscher wird die mit Feuchtigkeit gesättigte Druckluft zunächst energielos im Gegenstrom durch bereits getrocknete kalte Druckluft vorgetrocknet. Die anschließende zweite Stufe kühlt sie mit einem Kältemittel/Luft-Wärmetauscher auf den Drucktaupunkt von +3 °C ab. Anschließend wird die trockene Druckluft im Gegenstrom in dem bereits erwähnten Luft/Luft-Wärmeaustauscher zurückgeführt, dort wieder erwärmt und tritt danach in das Druckluftnetz ein.
Für die Tieftemperatur-Kältetrocknung mit Drucktaupunkten bis -20 °C ist die Anlage mit einem Zweikreis-Wärmetauschersystem und mit drei gegeneinander verriegelten Drei-Zwei-Wege-Kugelhähnen ausgestattet, die der Druckluft zwei Wege ermöglichen. Um ein Vereisen der Wärmetauscher bei tiefen Drucktaupunkten zu verhindern, nutzt man den ersten der beiden in Reihe geschalteten Wärmetauscher zum Vorkühlen der Druckluft sowie zum Abtauen des jeweils vereisten Wärmetauschers. Dieser Abtaueffekt wird durch die Heißgaseinspritzung unterstützt und sichergestellt. Der zweite Wärmetauscher dient nur zur Tieftemperatur-Kältetrocknung, wobei hier ein Vereisen gewünscht ist.
Der Drucktaupunkt wird durch die Energieregelung definiert. Außerdem können die Zeitintervalle „Einfrieren“ und „Abtauen“ durch eine intelligente Leistungssteuerung vorgewählt werden. Die Kreise werden in Abhängigkeit der Differenzdrücke geschaltet. Die tiefgekühlte Druckluft wird anschließend zur ersten Stufe des Vorkühlers zurückgeleitet – analog der Trocknung mit einem Drucktaupunkt von +3 °C.

Kosteneffizienz
Drucktaupunkte bis hinab zu -20 °C lassen sich mit der Tieftemperatur-Kältetrocknung günstiger realisieren als mit der Adsorptionstrocknung. Die notwendige Erstinvestition ist zwar bei einer entsprechenden Anlage etwa doppelt so hoch wie für einen einfachen Kältetrockner, bewegt sich aber bei den Folgekosten auf dessen Niveau – und liegt damit deutlich unter dem hohen Energiebedarf der Adsorptionsvariante.
Industrieanzeiger
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