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Job-Killer mit der Lizenz zum Geldverdienen

Multipaletten-Bearbeitungszentrum Matsuura MAM72-3VS
Job-Killer mit der Lizenz zum Geldverdienen

Die MAM72-3VS macht dort weiter, wo andere Zentren längst um Nachschub blinken: Dank cleverer Magazin- und Steuerungstechnik spant das Komplettfertigungs-System der Wiesbadener Matsuura GmbH ohne Aufsicht über bis zu 72 h hinweg.

Von Chefreporter Wolfgang Filì chefreporter@fili.net

Wenn Sie keinen qualifizierten Mitarbeiter finden, muss Ihre Maschine umso besser sein“, wirbt der Geschäftsführer der Matsuura GmbH, Bert Kleinmann. Mit letzterem meint er Bearbeitungszentren im Allgemeinen sowie die MAM72-3VS im Besonderen. Die Maschine ist das Flaggschiff des Wiesbadener Unternehmens. Sie fertigt auch komplexe Teile ohne jede Bedienung und Aufsicht in so genannten Geisterschichten. „Und dies über bis zu 72 Stunden hinweg exakt im Plan, zum richtigen Zeitpunkt sowie bei minimalen Rüst- und Bearbeitungszeiten“, betont Deutschlands oberster Matsuura-Vertriebsmann. Wiederholteile in Mini-Jobs, Klein- sowie Mittelserien ließen sich so just in time und bei sensationell niedrigem Maschinenstundensatz abarbeiten.
Die MAM72 – der Name steht für Matsuura Advanced Machining/72 h Betrieb – ist ein vertikales Zentrum mit bis zu 180 Werkstückpaletten und 240 Tools. HighSpeed-Cutting und Hartbearbeitung sind keine Optionen, sondern Standard. Geometrisch komplexe und hochgenaue Teile bis 300 mm Durchmesser und 250 mm Höhe werden in nur einer Aufspannung fünfseitig und -achsig bearbeitet. Typische Anwender des zig-fach gebauten und weiterentwickelten Zentrums sind die Hersteller kleiner Serien von Zerspanungswerkzeugen, Pumpen- und Luftfahrtkomponenten nebst High-Tech-Lohnfertigern und Maschinenbauern mit 5 bis 5000 Mitarbeitern. Den Herstellern erspare sie mitunter ein komplettes Teilelager.
Und mehr noch: „Die Maschine bessert vor allem die Lage von Job-Shops, die dringend Kapazität brauchen, für ihre Nacht- und Wochenendarbeit aber keine qualifizierten Leute finden“, setzt Kleinmann nach. Hier verschaffe die MAM72 ungeahnten Spielraum. So seien Fünf-Mann-Betriebe, die sich ein bis zwei der Zentren halten und millionenschwere Umsätze einfahren, längst keine Seltenheit mehr. Von außen sehe man dies den Firmen – die namentlich nicht erwähnt sein wollten – in der Regel nicht an.
Von der japanischen Muttergesellschaft in Fukui 1992 zunächst als Nischenprodukt entwickelt, ist das Multipaletten-System mittlerweile ein Geheimtip. Sein Konzept ist zukunftsträchtig. Stimmt die Nachfrage, hat der Anwender die Lizenz zum Geldverdienen. Direkte Matsuura-Wettbewerber im deutschsprachigen Markt sind unter anderen Deckel Maho, Hermle und Makino.
Maschinenbaulich verkörpert die MAM72 dagegen eher bewährte Tugenden. Das 3,1 t wiegende Untergestell bildet eine solide Basis für die aufmontierten Elemente. Zusammen bringen sie rund 6 t Masse auf die Waage. Ihr Guss dämpft Schwingungen und sorgt für hohe Dauergenauigkeit, die Steifigkeit des Betts und der Ständergruppe sind für die Hochleistungs- und Hartbearbeitung entscheidend.
Der Tisch für die vierte und fünfte Maschinenachse wird in vier großen Linearführungen über 400 mm in Y-Richtung bewegt. Auf dem Unterbau sitzt eine kräftig verrippte Gussbrücke, auf der sich der zweiachsige Spindelstock und die Spindel bewegen. Wie die Y-Achse, haben auch die 680 mm lange X- und die 625 mm lange Z-Achse überdimensionierte Linearführungen. Dadurch werden rasante Achsbewegungen ohne Abstriche bei der Steifigkeit möglich. Gefettet werden sie über wartungsfreie Schmierpakete. Bei der Spindel selbst – einem reinen Matsuura-Produkt – sorgt eine gehärtete Kupplung für minimales Umkehrspiel und höchste Drehmomente. Rollen- und Hybridkugellager sowie eine exakt gewuchtete, selbsthemmende Spannzange mit 1,5 t Anzugskraft bringen die nötige Rundlaufgenauigkeit. Kühlmittel und Luft werden intern zugeführt.
Ein Messsystem mit 3D-Taster kontrolliert binnen 5 s, ob die Werkzeuge exakt ausgerichtet sind. Über ein optional verfügbares Lasersystem kann die Brucherkennung sogar auf 2 s reduziert werden. Es ermittelt darüber hinaus Werkzeugdurchmesser und -form und kompensiert den Wärmegang der MAM72.
Der eigentliche Kick der Maschine ist jedoch, wie einfach sie sich nach Kundenwunsch konfigurieren lässt. Dies habe bei der Entwicklung im Lastenheft auch ganz obenan gestanden, unterstreicht Bert Kleinmann. Aus dieser Vorgabe sind vier verschiedene Drehzahlbereiche entstanden, ein von 120 auf 240 und im Extremfall bis auf 300 Tools ausbaubares Werkzeugmagazin sowie eine Auswahl an Palettenspeichern, die von 40 Plätzen in der Basisausführung auf 90 und 180 Plätze erweitert werden kann. Durch sie wird der unbeaufsichtigte Betrieb über bis zu drei Tage hinweg möglich. Die Paletten werden Magazin-intern von einem zentral angeordneten Roboter mit Greifarm transportiert. Die Transferzeit beträgt nicht mehr als 25 s. Die bis zu 8 kg schweren und 260 mm langen Präzisionstools werden über einen Doppelarmgreifer binnen 0,5 s gewechselt.
Bei der Steuerung hat der Hersteller sich für die 16i-MA von Fanuc entschieden. Ein 64-bit-Risc-Prozessor sorgt hier für flinke Verarbeitungsgeschwindigkeiten. Die Management-Software selbst stammt dagegen von Matsuura. Sie ist das Hirn der Anlage, läuft unter Windows NT und organisiert die Paletten, Werkzeuge und NC- Programme. So können jedem Werkstück drei Prioritätsstufen zugeordnet werden. Muss zum Beispiel ein besonders eiliges Teil bearbeitet werden – also der klassische Schnellschuss –, wird der gehabte Plan unterbrochen und die neue Aufgabe als wichtigster Job vorangestellt. Ist das betreffende Werkstück fix und fertig, kehrt die Steuerung zum Ausgangsplan zurück. Außerdem lassen sich für jede der maximal 180 Paletten bis zu acht NC-Programme speichern. Sollte durch Werkzeugbruch oder vorzeitigen -verschleiß eine Störung auftreten, findet die Software selbstständig heraus, welches Tool zu welchem Teil gehört und unterbricht alle davon betroffenen Arbeitsgänge so lange, bis die Störung beseitigt worden ist.
Trotz dieser Funktionsfülle ist die Einarbeitung denkbar einfach. Der Aufwand lohne auf jeden Fall, hebt der gelernte Betriebswirt Kleinmann hervor. Denn durch die Möglichkeit, die MAM72 bis zu 7600 h im Jahr Späne machen zu lassen, könne man den Stundensatz der rund 900000 DM teuren Maschine auf unter 80 DM drücken. Hinzu kämen die Vorteile durch eingesparte Lagerhaltungskosten. Dank der Vielzahl von Paletten, Werkzeugplätzen und Verwaltungsoptionen könne der Anwender Tools und Spannvorrichtungen so weit vorhalten, dass sich Einzelteile und Kleinstserien ohne Einrichtezeiten just in time herstellen ließen. Setze man bei 1 Mio. DM lagergebundenem Kapital einen Zinssatz von 6 % an, ergeben dies 60000 DM p.a. an kalkulatorischen Zinsen. Dabei wären die Kosten für das Lager selbst und die Logistik nicht einmal berücksichtigt. Als zweiten wirtschaftlichen Aspekt macht Kleinmann den Personaleinsatz geltend. So ließen sich mit der nacht- und wochenendaktiven MAM72 die betrieblichen Kapazitäten und damit letztlich der Umsatz aufstocken, ohne dass das Personal deshalb ausgebaut werden muss. „Insofern ist die Maschine auch hier ein hundertprozentiger Job-Killer“, beteuert der Matsuura-Chef. Außerdem – und dieser Trend sei betriebsübergreifend festzustellen – würden weniger anspruchsvolle 08/15-Teile zunehmend in Billiglohn-Ländern hergestellt. Mit einem Zentrum, das kleine Auflagen komplexer Teile in bester Zeit, Qualität und modernen Werkstoffen fertigen könne, seien die EU-Unternehmen deshalb auch in Zukunft auf der sicheren Seite. Dazu biete die MAM72 alle Voraussetzungen. „Die Losgröße darf dabei zwischen 1 und 10000 liegen“, versichert Kleinmann.
Dies ließe sich nicht zuletzt erreichen mittels der Simulations-Möglichkeiten moderner CAD/CAM- und NC-Programmiersysteme. Durch sie könnten die Spannvorrichtungen für die einzelnen Jobs in der Maschine verbleiben. Außerdem liege bereits das erste Werkstück in der geforderten Toleranz. Für diese Null-Fehler-Fertigung sorge die interne Vermessung in Verbindung mit der Maschinen-eigenen Präzision und Prozesssicherheit.
Für Deutschland, Österreich und die Nachbarländer Tschechien und Slovenien liefert Matsuura die Maschinen von Wiesbaden aus. Die Schweiz wird derzeit noch von Großbritannien aus betreut. Ende des Jahres soll aber auch diese Aufgabe nach Hessen wechseln. Von hier aus wird dann auch der Kundendienst für die Maschinen organisiert.
Die Lieferzeit der MAM72-3S liegt im Schnitt bei drei Monaten. Werden Sonderlösungen verlangt, können es auch vier Monate werden. Bei Standardausführungen liefert Kleinmann ab Lager. Wer jetzt bestelle, könne also noch zwischen den Jahren profitabel spanen.
Zentrum MAM72-3VS: Die Kern-Daten
Verfahrwege
– X-Achse 680 mm-
– Y-Achse 400 mm
– Z-Achse 62 mm
– B-Achse +65 bis –110 °
– C-Achse 360 °
– Eilgang X/Y/Z 40 m/min
– Vorschubkraft X/Y/Z 10,4 kN
Paletten
– Werkstückhöhe max. 250 mm
Durchmesser max. 300 mm ø
– Arbeitstisch 130 mm ø
– Beladung max. 60 kg
– Klemmkraft 22,5 kN
– Palettenzahl max. 40
Arbeitsspindel
– Lagerdurchmesser 80 mm
– Drehzahl 8000/15000/20000 min-1
– Drehmoment max. 167 Nm
– Antriebsleistung 11 kW
Genauigkeit
– Positionierung X/Y/Z 10 µm
– Wiederholen X/Y/Z ±1 µm
– Drehen/Schwenken 5 „
Aufstellung
– Maschinenmasse 11700 kg
– Standfläche 16 m²
– Maschinenhöhe 3,2 m
– el. Anschlußwert 45 kVA
Das Bearbeitungsbeispiel
Aluminium-Pumpengehäuse
  • 1 Drehmaschine
  • 2 Bearbeitungszentren 1 MAM73-3VS
Aufspannungen 7 2
Durchlaufzeit rd. 6 Wochen 1 Tag
davon Hauptzeit 3 h 3 min 1 h 50 min
davon Rüstzeiten rd. 50 % rd. 10 %
wirtschaftliches Los 20 bis 50 Teile ab Einzelteil
Fertigungstoleranz rd. 0,01 mm 0,01 mm
Personalbindung hoch –
Durch einfachere Vorrichtungen konnten auch die Betriebsmittelkosten gesenkt werden. Die Ausschussrate sank gegen Null. Durch die Just-in-time-Fertigung kleinster Serien konnte das Gehäuse-Teilelager wegfallen.
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