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Kabellose Komponenten problemlos installieren

Drahtlostechniken: Wireless LAN oder Bluetooth?
Kabellose Komponenten problemlos installieren

Schnell eine Komponente in Betrieb nehmen oder einen schwer zugänglichen Teil warten – das kann bei fehlender oder fehlerhafter Feldbusverbindung schwierig werden. Drahtlose Verbindungen werden für die Automatisierungstechnik immer interessanter.

Dipl.-Ing. Achim Scharf ist freier Fachjournalist in München

Maschinendaten oder Störmeldungen aufs Handy zu übermitteln, gehört heute zum betrieblichen Alltag. Als Automatisierungsmittel taugt die Mobilkommunikation jedoch nicht. „Hier sind die Anforderungen ganz anders,“ weiß Prof. Helmut Beikirch vom Lehrstuhl Elektrotechnik der Universität Rostock. „Versucht man geeignete Funktechnologien für industrielle Anwendungen auszuwählen, führt dies immer wieder zu Kompromisslösungen. Außerdem ergeben sich gewisse K.o.-Kriterien in Form von Verbindungsgebühren oder Lizenzkosten. Der Umfang geeigneter Mobilfunkkandidaten reduziert sich damit erheblich, denn die Mobilfunkstandards GSM, GPRS oder UMTS sind aus Kostengründen ungünstig“, zählt Beikirch auf. Um eine konkrete Auswahl treffen zu können, seien umfangreiche Kenntnisse über die Anwendungen und die Funksysteme erforderlich. Das Projekt „Funkgestützte Kommunikation in der Automatisierungstechnik“ des VDI/VDE unter Projektführung des Ifak-Institutes in Barleben bietet hier Entscheidungshilfen.
Bei der Datenübertragung per Funk wird das digitale Signal in ein Funksignal gewandelt, für Wireless LAN und Bluetooth im freien ISM-Frequenzband (ISM – Industrial, Science, Medical) von 2,4 GHz. Wireless LAN gemäß dem Standard IEEE 802.11 spezifiziert die mit Ethernet kompatible Datenübertragung über Funk. Der momentan genutzte Standard 802.11b lässt eine Datenrate bis zu 11 Mbit/s zu. Die sich noch in der Normung befindliche Kategorie 802.11g soll Datenraten bis 54 Mbit/s ermöglichen. Das 2,4-GHz-Band wird lizenzfrei genutzt, es dürfen nur bestimmte Sendeleistungen nicht überschritten werden.
Durch diese freie Nutzung muss allerdings mit Störeinflüssen durch Bluetooth-Systeme, andere WLAN-Installationen, Mikrowellenherde sowie Abstrahlung von in der Fabrikation eingesetzten Maschinen gerechnet werden. Abhilfe schaffen reservierte Kanäle der Kategorie 802.11a im 5-GHz-Band. Entsprechende Komponenten sind mittlerweile am Markt verfügbar, die Nutzung ist in den USA sowie in Teilen Europas freigegeben. In Deutschland wird gerade die Zulassungsphase durchlaufen. Auch erfordert die begrenzte Sendeleistung der WLAN-Systeme, bei 802.11b sind es 35 mW, eine genaue Planung der Funkzellen. Zum Vergleich: Dect sendet mit 250 mW, GSM-Handys mit bis zu 2 W.
Eine Alternative dazu ist Bluetooth. Die Bluetooth Special Interest Group (SIG), der mittlerweile über 2000 Mitgliedsfirmen angehören, will eine einheitliche Spezifikation erstellen und die Produkte zertifizieren. Die Teilnehmer wechseln bei Bluetooth bis zu 1600 mal in der Sekunde die Sende- und Empfangsfrequenz innerhalb von 79 Kanälen, die gegenseitig einen Bandabstand von 1 MHz aufweisen (frequency hopping). Dieses Verfahren ermöglicht eine hohe Übertragungssicherheit, da sich anderweitig gestörte oder belegte Kanäle ausblenden lassen. Die Datenrate liegt mit 721 Kbit/s unterhalb der von WLAN mit 1 bis 54 Mbit/s. Mit Sendeleistungen von 1 oder 100 mW kann Bluetooth 10 oder 100 m überbrücken. Die Kommunikations-Geräte erkennen sich gegenseitig, wenn sie in Reichweite zueinander sind und können sich auch selbstständig über ihre Eigenschaften und Dienste informieren.
An konkreten industriellen Aktivitäten mangelt es nicht. „Sensor-Aktor-Verteiler fungieren als Datensammler und ermöglichen dezentrale und vertikal kommunizierende Automatisierungskonzepte“, sagt Stefan Schuhmann. Der Produktmarketingmanager bei der Paderborner Weidmüller Interface GmbH & Co. schätzt, dass die drahtlose Kommunikation auch in das industrielle Umfeld Einzug halten wird. „Mittelfristig werden wir diese Technologie bei Nischenanwendern finden, langfristig sehen wir sicherlich auch Anwendungen in Massenapplikationen“, so Schuhmann.
„Aktuelle Funktechnologien wie Bluetooth oder WLAN sind noch nicht in der Lage, den für das Feldbussystem Interbus benötigten Echtzeitbetrieb unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ermöglichen“, gibt Martin Müller, Entwicklungsleiter Automatisierung bei der Phoenix Contact GmbH & Co. KG in Blomberg, zu bedenken. Bluetooth eigne sich sehr gut für die effiziente Übertragung von geringen Datenmengen über kurze Distanzen, während WLAN für größere Datenmengen prädestiniert sei. „Vor diesem Hintergrund haben wir mit der Designstudie FL Bluetooth Adap ein erstes industrielles Bluetooth-Interface für Ethernet vorgestellt“, so Müller weiter, „das sich für nicht-zeitkritische Anwendungen wie das Parametrieren, Programmieren sowie die Diagnose von Automatisierungssystemen mit Hilfe mobiler Computer eignet.“
Auch der Offenburger Automatisierungshersteller Parker Hannifin GmbH hat Möglichkeiten zur Substitution der Kabelverbindung und auch Alternativen zum Notebook untersucht. „Insbesondere bei dezentralen Antriebssystemen kann es durch mitfahrende Antriebsregler schwierig werden, eine Kabelverbindung zwischen dem herkömmlichen Notebook für die Überwachung oder Datenübergabe und dem Regler herzustellen. Auch zentral in einem Schaltschrank angeordnete Regler, deren Verhalten über längere Zeiträume analysiert werden sollen, erfordern dann eine lange Kabelverbindung zwischen Schaltschrank und Computer“, so Entwicklungsingenieur Stephan Baumert.
Als Lösung sieht Baumert Bluetooth sowie Personal Digital Assistants. Die Bluetooth-Schnittstelle versteht sich als Ersatz zur seriellen RS232-Schnittstelle für die pneumatische Ventilinsel Modulflex oder den Antriebsregler Compax. Alle Reglereinstellungen erfolgen via Kleinstcomputer. „Parameter editieren, Statusinformationen abfragen oder Geräteeinstellungen übertragen, wird möglich“, erläutert der Entwickler. Die preisgünstigen, mit Bluetooth ausgestatteten PDA sind laut Baumert die Basis für neuartige Konzepte in der Bedienung und Wartung.
Datenübertragung planen
Die leitungsgebundene Datenübertragung kann auf einem Firmengelände als sicher und geschützt vor Fremdstörungen betrachtet werden. Diese Annahmen gelten nicht für Wireless LAN, da sich Funksignale um die Sender mehr oder weniger radial in alle Richtungen ausbreiten. „Es werden neben der Nutzfläche immer auch Fremdflächen ausgeleuchtet, in der die Signale von Dritten empfangen werden können“, gibt Frank Hemmelmann, Projektleiter Mobile IT bei Siemens Industrial Solutions and Services (I&S), zu bedenken. „Zudem bieten Firmengelände und Bürogebäude vielfältige Hindernisse und Reflektoren für die WLAN-Funksignale, diese erschweren die Netzplanung. Es gilt also, ein Optimum zwischen bester Nutzflächen-Ausleuchtung, geringer Überlappung der Funkzellen und möglichst geringer Überdeckung von Fremdflächen zu finden.“
Die Übertragungsqualität lässt sich beispielsweise über eine Abstrahlmessung bestimmen. Die Funkknoten, werden dazu an dedizierten Punkten aufgestellt, die im Vorfeld mit Hilfe eines Gebäude- oder Geländeplans festgelegt wurden. Ergebnis dieser Messung ist eine Feldstärkenkarte der Anlage, die direkt auf die Übertragungsgeschwindigkeit und Qualität schließen lässt. In einer mit Wireless LAN ausgerüsteten, 10 000 m² großen Produktionshalle werden mobile Endgeräte zur Unterstützung der Logistikkette eingesetzt. „Auf Basis einer Funkausmessung und Montageplanung konnte die gesamte Halle mit sechs Access Points trotz mehrerer Hochregallager und deren Reflektorwirkung optimal ausgeleuchtet werden“, bekräftigt Hemmelmann seinen Lösungsansatz.
Funktechniken zur Datenübertragung stellen dieselben Anforderungen an die Datensicherheit wie bei drahtgebundener Kommunikation, sind jedoch weit schwieriger zu erfüllen. „Die Daten können bei Bürogebäuden und Fabrikhallen noch bis zu 50 Meter außerhalb der eigentlichen Nutzfläche abgegriffen werden“, nennt Hemmelmann den nicht zu unterschätzenden Nachteil.
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