Die Gefahr von Zahlungsausfällen im Exportgeschäft nimmt weltweit zu. Experten fordern ein professionelles Risikomanagement für Unternehmen, um sich gegen die Unwägbarkeiten der Globalisierung abzusichern.
„Wer exportiert, benötigt heute ein professionelles Risikomanagement“, betont Benoît Claire, Vorstandsvorsitzender des Kreditversicherers Coface. Denn die Gefahr von Zahlungsausfällen im globalen Handel nimmt zu, warnte er jüngst auf dem Länderrisiken-Kongress des Unternehmens in Mainz. Sowohl Länder- als auch Branchenrisiken haben zugenommen, wie der aktuelle Index des Versicherers zeigt.
Ein Grund ist die Globalisierung: Immer mehr Länder sind marktfähig, die Handelsbeziehungen werden komplexer. Gerade deutsche Mittelständler exportieren wie selbstverständlich in aller Herren Länder. Das heißeste Pflaster sind laut Claire die GUS-Staaten. Dort ist das Risiko von Zahlungsausfällen laut Index-Wert schon seit Jahren am größten – drei mal so hoch wie in den westlichen Industriestaaten.
Versicherer Claire bezeichnet es als „erschreckend“, dass laut einer Studie des Bundesverbandes deutscher Unternehmensberater nur jedes fünfte Unternehmen über ein professionelles Risikomanagement verfügt. Die Hälfte der Befragten sieht demnach für die laufende Gefahrenabwehr und Gefahrenanalyse keinem Anlass. Für Claire ein Unding: „Wer seine Chancen nutzen will, muss seine Risiken kennen, und das dauerhaft.“
Denn was heute eine sichere Sache ist, kann sich morgen zur Gefahr für das Unternehmen entwickeln: So stieg im ersten Quartal dieses Jahres laut Index das Zahlungsausfall-Risiko in den westlichen Industriestaaten um 20 %. Der Grund: Unsicherheiten in den USA, beispielsweise bei der Konjunktur und auf dem Immobilienmarkt. Als Branchenrisiko komme die unsichere Lage großer Automobilzulieferer hinzu. „Die Situation in einer großen Volkswirtschaft hat natürlich immer Auswirkungen auf die kleineren Länder“, verdeutlicht Coface-Chef Claire.
In den Industrieländern Westeuropas sieht der Versicherer ebenfalls eine leichte Steigerung des Risikos für Zahlungsausfälle. Dort ist es die Baubranche, die in mehreren Ländern Sorgen bereitet. Hinzu kommen Gefahren bei Automobilzuliefern, die in ihrer Sandwichposition zwischen steigenden Rohstoffpreisen und Preisdruck überleben müssen. In Mittel- und Osteuropa machen beispielsweise Ungarn und die Türkei Sorgen – obwohl dort die Geschäfte durchaus brummen. Es sind Schwierigkeiten auf dem Bankensektor sowie Zweifel an der Wechselkursstabilität, vor denen die Experten warnen. In Asien und Lateinamerika sehen die Fachleute – amders als noch vor Jahren – keine Hinweise auf höhere Risiken.
Falsch sei es aber, dann „zu schnell nach dem Staat zu rufen“, sagt Coface-Manager Claire im Hinblick auf die staatlichen Exportkredit-Garantie Hermes. Die privaten, weltweit agierender Kreditversicherer seien durchaus in der Lage, fast alle Risiken abzusichern. Vom Grundsatz her soll die Hermes-Deckung nur dort einspringen, wo die Privaten das Risiko nicht übernehmen können, beispielsweise in Entwicklungsländern. Und dies müsse auch so bleiben, fordert Claire: „Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Defizite im Risikomanagement abzudecken.“
Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de
Industrieländer werden unsicherer
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