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Keine Angst vor großen Blechen

Blechbearbeitung: Biegeautomat als wirtschaftliche Alternative zu Gesenkbiegemaschinen
Keine Angst vor großen Blechen

Speziell beim Bearbeiten großformatiger Platinen bietet der Biegeautomat Multifold von Darley eine leistungsstarke Alternative zu Gesenkbiegepressen. Beim niederländischen Zulieferer DPA Plaatwerk Kampen ist er erfolgreich im Einsatz.

Lothar Handge ist Fachjournalistin Velbert

Rob Peters ist von seinem Biegeautomaten Multifold überzeugt: „Durch ihn konnten wir unsere Produktivität und Produktqualität verbessern und unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem Zuliefermarkt steigern.“ Der Holländer ist technischer Direktor der DPA Plaatwerk Kampen bv in Kampen/Niederlande. Das 25-Mitarbeiter-Unternehmen setzt den Biegeautomaten der Darley bv, Eijsden/Niederlande, seit Oktober 2001 ein.
DPA ist ein Zulieferbetrieb, der Kunden aus unterschiedlichen Branchen mit hochwertigen Blechteilen aus Stahl, Edelstahl rostfrei und Aluminium beliefert. Zum Kundenkreis zählen Hersteller von Heizungs- und Lüftungsanlagen, Regalen und Ladeneinrichtungen, Möbeln und Fahrzeugen. Neben dem Biegeautomaten Multifold beinhaltet der moderne Maschinenpark der Holländer CNC-gesteuerte Scheren, Ge- senkbiegepressen und Stanzmaschinen sowie eine Laserschneidmaschine.
„Wir haben lange nach einer automatischen Biegemaschine gesucht, weil unser gesamter Maschinenpark – bis auf das Abkanten – automatisch arbeitet“, erläutert Rob Peters die Hintergründe. Der Hauptvorteil einer automatischen Lösung: gesteigerte Produktivität, ohne die Anzahl der Bediener zu erhöhen. Zudem erleichtert sie die körperliche Arbeit. Das ist wichtig, weil zum Produktionsprogramm von DPA auch sehr große Bleche für die Klimatechnik zählen, die sich schlecht handhaben lassen. Diese Teile wurden bisher manuell auf den Gesenkbiegepressen bearbeitet – eine bei den Bedienern nicht gerade beliebte Arbeit.
Nach intensiver Marktanalyse fiel die Wahl auf den Multifold von Darley. Bei der Auswahl spielten nicht nur die komplizierte Form der Bauteile mit Biegungen nach unten und oben eine Rolle, sondern auch Kriterien wie maximale Blechdicke und -länge, Preis und Lieferzeit. Seriengrößen zwischen 50 und 1000 Stück verlangten zudem nach einer schnell umrüstbaren Maschine. Der Multifold, der immerhin rund 1 Mio. Gulden – das sind etwa 450 000 Euro – kostete, erfüllt die die von DPA gestellten Anforderungen. Er verarbeitet bis zu 3000 mm lange Bleche mit Dicken von 0,5 bis 2 mm bei St 37 und bis zu 3 mm bei Aluminium. Die maximale Kanthöhe beträgt 200 mm.
CNC-Niederhalter eignen sich auch zum Flachdrücken
Ein weiterer Grund für die Entscheidung war die Bereitschaft von Darley, auf spezielle Wünsche einzugehen. Zusammen entwickelten Hersteller und Kunde neuartige Ausklinkstationen, die den bisher reinen Biegeautomaten um neue Funktionen erweitern. „In der Praxis kommt es oft vor, dass die Platinen vor dem Biegen an den Ecken ausgeklinkt werden müssen“, erklärt Darley-Geschäftsführer Robert J. Liet. Die beiden erstmals im Multifold integrierten Ausklinkstationen arbeiten automatisch nach Vorgabe der Maschinensteuerung. „Sie ermöglichen nicht nur eine Komplettbearbeitung in der Maschine, sondern vereinfachen auch das Handling der Teile“, merkt Liet an.
Die hydraulischen Ausklinkvorrichtungen lassen sich von der CNC über Spindeln programmgesteuert verstellen. Zum Ausklinken fahren die Vorrichtungen aus dem Tisch nach oben, wo sie automatisch auf die Platinenbreite eingestellt werden. Die linke und rechte Seite des Blechs werden gleichzeitig bearbeitet. Anschließend wird es gedreht, um die anderen Ecken auszuklinken. Sobald die Werkzeuge wieder unter Tisch-Niveau abgesenkt sind, kann der Biegevorgang beginnen. Rund 150 kN Ausklinkkraft reichen aus, um selbst größere Blechdicken zu bearbeiten. Die Vorteile dieser Technik sind reduzierte Zykluszeiten und Fertigungskosten. „Gegenüber früher konnten wir die Herstellkosten allein für das Ausklinken um 40 bis 50 Prozent verringern“, freut sich Rob Peters. Die Zykluszeit pro Platine betrage bei vier Ausklinkungen nur 12 s.
Außer den Klima-Paneelen, auf die 30 bis 40 % der Auslastung entfallen, bearbeitet DPA auch zahlreiche andere Teile auf dem Multifold. 100 Programme mit 80 verschiedenen Produkten sind derzeit gespeichert. Dabei handelt es sich vor allem um komplex geformte Teile mit vielen schwer herzustellenden Kantungen. Mit seinen beiden Biegewangen kann der Automat Positiv- und Negativ-Biegungen bis ± 135° sowie Z-Biegungen ohne Drehen des Produktes herstellen. Die hydraulischen CNC-Niederhalter eignen sich auch zum Flachdrücken.
Speziell bei großen Platinen spielt das Biegezentrum seine Vorteile aus, denn „bei diesen sind die Zykluszeiten auf dem Multifold auch beim Biegen kürzer“, sagt Rob Peters. Zudem genüge ein einziger Bediener. „Hinzu kommen“, so der technische Direktor, „deutlich höhere Genauigkeiten und geringere Toleranzen als bei Abkantpressen sowie eine bessere Fertigungskonstanz.“ Schwankende Materialeigenschaften der angelieferten Blechplatinen haben, anders als beim Abkanten, kaum Einfluss auf die Qualität der Teile. Ein Grund hierfür liegt in der Arbeitsweise des Biegeautomaten. Robert J. Liet: „Der Multifold arbeitet vom Prinzip her wie eine Schwenkbiegemaschine. Dadurch entstehen weniger Spannungen im Material.“ Ein System zur Kompensation der Rückfederung erübrige sich. „Dies ist gerade bei der Serienproduktion ein großer Vorteil“, bestätigt Rob Peters.
Biegeautomat erfordert neue Logistik-Lösungen
Ein weiteres Plus des Biegezentrums ist die Möglichkeit, unterschiedliche Radien ohne Werkzeugwechsel mit nur einem Werkzeug zu biegen. Sofern doch ein Wechsel erforderlich ist, geht er rasch vonstatten: Bei Wiederholaufträgen sind etwa 10 min zu veranschlagen, bei größeren Einstellarbeiten maximal eine halbe Stunde.
Zügig, weil automatisch, läuft auch das Beladen des Automaten ab. Sauggreifer heben die Platinen an, führen sie über den Tisch und legen sie dort ab. Spreizmagnete und eine Doppelblechkontrolle verhindern, dass zwei Bleche auf ein Mal aufgenommen werden. Ein Sensor misst die Blechdicke und kontrolliert, ob sie mit dem Programm über-einstimmt. Zwischen den einzelnen Biegevorgängen wird das Blech automatisch ge-dreht.
Auf Grund seiner hohen Produktivität erfordere der Biegeautomat neue logistische Lösungen, beispielsweise entsprechende Lagerkapazitäten, erläutert der Technische Direktor. Um in kurzer Zeit auf neue Aufträge reagieren und schnell produzieren zu können, sei ein großes Eingangslager unerlässlich. Und weil der Biegeautomat in kurzer Zeit aus flachen Platinen dreidimensional gebogene Bleche mit viel Volumen produziert, sei auch ein großes Versandlager erforderlich.
Allerdings müssen nicht nur die Betriebsstrukturen den neuen Fertigungsmethoden angepasst werden. Auch im menschlichen Bereich ist Umdenken erforderlich. „Der Bediener muss lernen, dass die Maschine die Arbeit macht“, so die Erfahrung von Rob Peters. „Das bedeutet, dass er andere Aufgaben übernehmen muss, während der Biegeautomat produziert – zum Beispiel eine neue Palette mit Platinen vorbereiten oder die fertigen Teile zum Versand klar machen.“
Auch wenn die speziell für den Biegeautomaten entwickelte numerische Steuerung bedienerfreundlich ist und eine einfache Programmierung erlaubt, erfordert das prinzipiell andere Biegesystem ein Umdenken. „Und das braucht etwas Zeit“, weiß Rob Peters. Eine einwöchige Schulung durch den Hersteller vorausgesetzt, lassen sich einfache Produkte sofort programmieren. „Nach einem Monat konnten wir selbst komplexe Teile fehlerlos herstellen“, berichtet der Holländer. „Dass am Anfang eher etwas zuviel gemessen und kontrolliert wurde, liegt in der Natur der Sache. Das Vertrauen in die Maschine musste sich erst entwickeln.“
Industrieanzeiger
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