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3D-Druck: Keramik als Steigbügelhalter

Bronze-Gorilla und leichte Flugzeugtür
Keramik als Steigbügelhalter

Der fast 2 m große Gorilla Ivan aus Bronze und die Flugzeugtür, die 30 % Gewicht einspart, haben eines gemeinsam: Sie müssen in Form gebracht werden. Wie Keramik dabei dem 3D-Druck hilft, verraten Berichte des 3D-Drucker-Herstellers Voxeljet.

Olaf Stauß

Voxeljet stellt industrietaugliche, große additive Anlagen her und betreibt selbst 3D-Druck, um Formen und Modelle für den Metallguss „on demand“ zu fertigen. Dazu unterhalten die Augsburger fünf Dienstleistungszentren auf drei Kontinenten. Sie wissen gut, wo ihre Anlagen zum Einsatz kommen: im Automobil- und Flugzeugbau ebenso wie in der Kunst, etwa in der „digitalen Bildhauerei“.

Die technologischen Unterschiede sind gar nicht so groß. So druckte Voxeljet die Gussformen für die fast 2 m große Bronzestatue des Gorillas Ivan. Dieser berühmte Menschenaffe hatte ein bewegtes Leben: 1962 im Kongo geboren wird er in die USA gebracht, lebt vier Jahre bei einer Tierhändlerfamilie, gewinnt dann im Gehege eines Einkaufszentrums die Sympathie vieler Kinder und zieht schließlich auf Betreiben von Tierschützern in Zoos um. Zunächst in Seattle und dann in Atlanta, wo er 2012 im Alter von 50 Jahren stirbt. Diesem berühmten Affen setzten Künstler nun ein Bronze-Denkmal. Dabei ging es um dasselbe Ziel wie in der Technik: die 3D- oder CAD-Daten möglichst detailgenau abzubilden.

Flugzeugtür aus Alu-Strebengeflecht

Was Voxeljet über eine Anwendung aus dem Flugzeugbau berichtet, ist eine direkte Analogie, allerdings in die Zukunft gerichtet: Der französische Luftfahrtzulieferer Sogeclair hat eine futuristische Flugzeugtür entwickelt, die 30 % Gewicht einspart. Das schafften die Ingenieure, indem sie für den Metallguss ein bionisches Geflecht aus Aluminium-Streben konstruierten, das bei gleicher Robustheit deutlich weniger Material benötigt. Zu sehen war die Tür auf der Pariser Luftfahrtshow 2017.

Das Erstellen der CAD-Daten ist das eine, das andere ist die Umsetzung im Feinguss. Für die komplizierte bionische Struktur bietet sich die additive Fertigung des Modells an. Voxeljet druckte die Flugzeugtür aus dem Kunststoff PMMA auf einem 3D-Drucksystem VX1000 mit dem großen Bauraum von 1000 x 600 x 500 mm³. „Im Vergleich zu anderen additiv verarbeitbaren Materialien lässt sich das PMMA hervorragend ausbrennen“, erklärt Thierry Herrero, Director Sales Westeuropa von Voxeljet. „Grund hierfür ist vor allem der negative Ausdehnungskoeffizient unseres Pulvermaterials, was keinerlei Schalenbrüche beim Ausbrennen des dünnwandigen Modells mit sich bringt.“ Das fertige PMMA-Modell wird mit einem heißen Wachs infil3triert, um die Oberflächen zu versiegeln. Jetzt fehlt nur noch der Schritt zur Feingussform.

Keramik bildet das 3D-gedruckte Modell ab

An dieser Stelle kommt die Keramik zum Einsatz: In der Gießerei versehen Mitarbeiter das gedruckte Modell mit Keramikschichten und schmelzen den Kunststoff im Ofen aus. Übrig bleibt eine keramische Gussform, die im Feinguss mit flüssigem Aluminium gefüllt wird. So nutzen die Gießer mithilfe des Werkstoffs Keramik als Zwischenstufe die Gestaltungsfreiheit des 3D-Drucks. Ist das Metall ausgehärtet, schlagen Mitarbeiter die Keramikschicht ab und legen die fertige Flugzeugtür frei. Noch handelt es sich um einen Prototypen, der allerdings im Juni schon auf dem Sogeclair-Stand der Pariser Luftfahrtshow zu sehen war.

Nur ein wenig anders lief es beim Gorilla – zum einen, weil die Statue stolze 183 cm hoch ist und fast 280 kg wiegt, und zum anderen auch, weil es eben um Ivan geht. Voxeljet druckte das PMMA-Modell der Größe wegen in Einzelteilen. Nach dem Versiegeln und Glätten mit Wachs applizierten die Künstler und Gießer die Keramikschichten und gossen die Segmente ab. Beim Gießen betteten sie sogar in jedes Bronzestück noch eine kleine Menge von Ivans Asche ein und schweißten schließlich die einzelnen Stücke der Statue zusammen. Nun erinnert sie an die Kindheitstage des Gorillas im Einkaufszentrum. Aber nicht nur an die von Ivan: Der Auftraggeber der Skulptur ist Earl Borger, ein Enkel des Besitzers des Einkaufszentrums, und der dürfte damals auch ein Kind gewesen sein.

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