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Kirchhoff stellt Zulieferern gutes Zeugnis aus

Zuliefertag Automobil lockt 400 Interessierte nach Stuttgart
Kirchhoff stellt Zulieferern gutes Zeugnis aus

Arndt G. Kirchhoff ist Mister Mittelstand in Deutschland. Der Unternehmer und Verbandspolitiker sprach auf dem baden-württembergischen Zuliefertag Automobil über die aktuellen Herausforderungen der mittelständischen Automobilindustrie.

Thomas Baumgärtner ist Journalist aus Kusterdingen

Wenn Arndt G. Kirchhoff seine Zahlen an die Vortragswand wirft, dann scheint Mittelstand alles zu sein: 99 Prozent der deutschen Unternehmen zählen dazu, 70 Prozent der Beschäftigten finden dort ihr Auskommen und vom Mittelstand werden 50 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. Ganz ähnlich zeichnet sich das Bild in der deutschen Automobilindustrie. Dort verteilen sich die Mittelstandsprozente in der Zulieferindustrie in den genannten Kategorien auf 80, 50 und 40.
Multifunktionsträger Kirchhoff nimmt man ab, dass er eine fundierte Zustandsbeschreibung abgeben kann. Er ist Vorstand im Verband der Automobilindustrie (VDA), Frankfurt/M., dessen Mittelstandskreis er vorsitzt. Auch beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Berlin, leitet Arndt G. Kirchhoff den Mittelstandsausschuss, und schließlich sitzt er auf Bundesebene noch im Mittelstandsbeirat des Wirtschaftsministeriums.
„Dem Mittelstand geht es nicht schlecht – aber er muss sich anstrengen“, fasst er in Stuttgart zusammen. Eine stetige Herausforderung sieht Arndt G. Kirchhoff für Automobilzulieferer in der Globalisierung. Die Branche nimmt nach seinen Worten dort eine Vorreiterrolle ein: Fast alle mittelständischen Automobilzulieferer seien zwischenzeitlich international tätig. Laut VDA-Angaben stieg seit 1990 die Anzahl der ausländischen Fertigungsbetriebe und Lizenznehmer um 170 %. VDA-Mitglieder haben einer internen Umfrage für 2004 zufolge 1953 einzelne Auslandsstandorte angegeben. Im Jahr 1996 zählten die Verbandsstatistiker noch 1123 solcher Standorte.
Dabei ist, so Kirchhoff, die Dynamik in der Zulieferindustrie mit einem Zuwachs 1990 bis 2004 von 188 % und 1758 Betrieben am stärksten. Auch andere deutsche Industriebranchen sind rund um den Globus unterwegs. Aber nirgendwo sei Internationalität so dynamisch ausgeprägt, wie in der mittelständisch strukturierten deutschen Automobilzulieferindustrie.
Kirchhoff tritt Vermutungen entgegen, dass mit dem Auslandsengagement der Zulieferer Arbeitsplätze hier zu Lande verloren gingen. Das Gegenteil sei der Fall. Denn in den letzten zehn Jahren sind in den neuen EU-Ländern 160 000 Arbeitsplätze geschaffen worden und in Deutschland 130 000. „Wenn Zulieferer ins Ausland gehen, dann sichern sie Arbeitsplätze“, sagt er. Das würden auch Gewerkschaften und Betriebsräte so sehen, zeigt sich der Vorsitzende der Geschäftsführung der Kirchhoff Automotive GmbH & Co. KG, Iserlohn, von einem breiten Konsens getragen.
Wenn es um Konfliktfelder zwischen Zulieferunternehmen und den Automobilherstellern geht, dann wird Kirchhoff zum vorsichtigen Diplomaten, der sich auf dem glatten Parkett der Interessensgegensätze geschickt zu bewegen weiß. Von Streit – so wählt er seine Worte gerne schlichtend – könne man nicht sprechen. Dabei hatte das Thema durchaus Brisanz: Explodierende Rohstoffkosten hatten zu Beginn des Jahres so manchen Zulieferer schwer in Bedrängnis gebracht. Allerorten machten sich Verbandsvertreter stark und verlangten von den OEMs einen Ausgleich. Sonst würden Zulieferer in Massen Pleite gehen.
„Die Zulieferkette ist nicht gerissen“, stellt Kirchhoff auf Nachfrage gelassen fest. Soll heißen: Das Problem ist gelöst worden. Die Automobilhersteller hätten die Ausschläge „im Großen und Ganzen“ ausgeglichen. Die Forderungen der Zulieferbetriebe danach seien auch berechtigt gewesen. Denn die Unternehmen hätten nicht gleichzeitig Kostensenkungsprogramme fahren und die Ausschläge bei den Rohstoffeinkäufen ausgleichen können.
Auch die Branchenbeobachter der Boston Consulting Group stellen eine Kontinuität in den Preissenkungsprogrammen fest. Von 1996 an gemessen, seien die Preise für Zulieferprodukte im Jahresdurchschnitt um 2,8 % gefallen.
Um Kostenreduzierung einerseits und den sozusagen unverschuldeten Preiszuwachs bei der Rohmaterialbeschaffung darstellen zu können, ist eine sehr klare und offene Preisgestaltung nötig. „Das haben wir auch gemacht“, berichtet Kirchhoff aus seiner betrieblichen Praxis. Für jeden Artikel sei der Rohstoffanteil beziffert und die Erhöhung dargestellt worden. Bei Stahl war der höhere Schrottpreis wieder abzuziehen gewesen.
Für ein wesentliches Zukunftsthema hält Kirchhoff das Engagement im Bereich Forschung und Entwicklung. Die deutsche Automobilindustrie sei dort bereits gut aufgestellt. Immerhin trägt die Branche 35 % der gesamten F+E-Ausgaben der deutschen Industrie. Und 85 000 Menschen – eine von neun Stellen in der Automobilindustrie – arbeiten laut VDA im F+E-Bereich.
In Stuttgart machte Arndt G. Kirchhoff seinen Zuhörern Mut und warb dafür, sich für Netzwerke offen zu zeigen. Immer mehr Mittelständler würden erkennen, dass man über vernünftiges Zusammenwirken mehr erreichen könne. Gleichzeitig warnte der erfahrene Unternehmer davor, in diesem Bereich etwas übers Knie brechen zu wollen: „Netzwerke leben von Vertrauen – und Vertrauen braucht Zeit“.
Über vernünftiges Zusammenwirken lässt sich mehr erreichen

Internationale Kontakte für den Mittelstand

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Die Atmosphäre war nüchtern. In einem Nebenraum im Haus der Wirtschaft reihten sich Tisch an Tisch. Dort saßen sich gegenüber, wen Werner Vogel auf der Zulieferbörse füreinander bestimmt hatte.
Bei dem Bereichsleiter von Baden-Württemberg International konnten sich im Vorfeld des Zuliefertages Unternehmen melden, die internationale Kontakte suchten. Die österreichische Becom GmbH war eines davon. „Für uns sind solche Treffen wichtig, um an unserem Netzwerk zu knüpfen“, berichtet Richard Fuchs, Vertriebsleiter bei dem innovativen Elektronikunternehmen. Auch wenn es nicht immer sofort zu einer Zusammenarbeit komme, seien die Kontakte sehr wichtig.
Fuchs gegenüber sitzt Ramunas Barcevicius. Der Geschäftsmann aus Litauen zeigt sich ebenfalls froh über den Marktplatz der Gesprächsmöglichkeiten. Man sei über diesen Weg schon wiederholt zu Aufträgen gekommen, so der Vertriebschef eines Unternehmens, das bislang vor allem Fernseher hergestellt habe. Nun will der in der Fertigung breit aufgestellte Betrieb nach Kunden in der Automobilzulieferindustrie suchen.
„Die ausländischen Gäste reisen eigens zu diesem Termin an und wollen natürlich möglichst viele Kontakte haben“, beschreibt Koordinator Vogel den Ablauf. Von seinem Geschick hängt es vielfach ab, wie gut die Tische der Zulieferbörse frequentiert sind.
300 Gespräche konnte Vogel auf dieser Zulieferbörse vermitteln. 50 deutsche Unternehmen meldeten sich als nachfragend an der Börse an. „Der Vorteil ist, dass es zu sehr gezielten Einzelgesprächen kommt“, so Vogel. Sobald er im Vorfeld einer Zulieferbörse die Interessen der Unternehmen kennt, wirft er international seine Netze aus und versucht, möglichst passgenaue Partner zu finden. „Das klappt natürlich nicht immer“, denn manchmal seien die Wünsche sehr ausgefallen. „Aber in der Regel finden wir interessante Gesprächspartner, die dann anreisen“, so der Vermittler. tb
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