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Klare Messreihen trotz Ölnebel und Feuchtigkeit

Maschinenbauer Getrag misst direkt in der Fertigungslinie
Klare Messreihen trotz Ölnebel und Feuchtigkeit

Klare Messreihen trotz Ölnebel und Feuchtigkeit
Beim Maschinenbauer Getrag wurde das Koordinatenmessgerät Gagemax in einem Pilotversuch ausgiebig getestet. Dabei stellten die Messtechniker fest, dass die zulässigen Abweichungen nur bis zu 70 % ausgeschöpft wurden (Bild: Getrag)
Mit der Koordinatenmessmaschine Gagemax konnte die Getrag GmbH im Werk Neuenstein die Prozesskette für Motorradgetriebe optimieren. Grundlage für den Einsatz war ein ausgedehner Pilotversuch, bei dem das Produkt von Carl Zeiss auf Herz und Nieren geprüft wurde.

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Böttger uwe.boettger@konradin.de

Verglichen mit der Größe eines Autogetriebes ist das eines Motorrads ein Zwerg. Vergleicht man allerdings die auftretenden Kräfte, mutiert das Motorradgetriebe zum Riesen, der das Fahrzeug in wenigen Sekunden auf Höchstgeschwindigkeit beschleunigt. Dafür müssen die Zahnräder des Getriebes perfekt ineinander greifen. Um die Qualität zu sichern, nutzt die Getrag GmbH & Cie KG in Neuenstein das Koordinatenmessgerät Gagemax von Carl Zeiss direkt im Fertigungsbereich.
Zuvor führte Getrag einen Pilotversuch durch, um herauszufinden, ob sich das Messen von Getriebeteilen in der Fertigung lohnt. Zugrunde lag eine Wirtschaftlichkeitsrechnung mit einer Kapitalrücklaufzeit von eineinhalb Jahren im Vergleich zu einer Koordinatenmessmaschine im Messraum.
Für den direkten Vergleich waren einige Vorteile der Gagemax zu berücksichtigen. So fielen für die Neuensteiner die Wegezeiten zwischen Fertigung und Messraum weg. Hinzu kamen schnellere Messungen durch Scanning und höhere Dynamik. Schließlich spielten auch geringere Wartungskosten eine Rolle.
Qualifiziert wurde der Gagemax nach ISO 10360–2. Bei der Abnahme der Grundgenauigkeit wurden die von Carl Zeiss zugesicherten Längenmessunsicherheiten weit unterschritten. Längenmessungen haben die Messgenauigkeit der Gagemax in der rauen Fertigungsumgebung bestätigt. Die zulässigen Längenmessunsicherheiten wurden nur zu 50 % und die Vorgaben zur Scannigabweichung zu 25 % ausgenutzt. Die Überprüfung der Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit zeigte ebenfalls überzeugende Ergebnisse.
Um die Stabilität der Gagemax zu überprüfen, wurde während der Pilotphase ein Einstellring mit einem Durchmesser von 100,008 mm und einer Rundheit von 0,7 µm zu verschiedenen Zeitpunkten vermessen. Die Messung erfolgte in verschiedenen Lagen und bei aktivierter Temperaturkompensation für das Werkstück. Die gemessenen Abweichungen vom Sollwert beliefen sich auf 0,7 bis 2,0 µm für die Rundheit und -0,4 bis 2,3 µm für den Durchmesser. Die Versuche zeigten gute Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen einem Spezialmessgerät im Messraum und der Gagemax in der Fertigung.
Um die Messergebnisse abzusichern, wurde zum Ende der Pilotphase die Stabilität der Gagemax mit einem speziellen Check überprüft. Dabei stellten die Messtechniker von Getrag fest, dass die zulässigen Abweichungen nur bis zu 70 % ausgenutzt worden waren.
Frank Descher vom Fachbereich Messtechnik bei Getrag ist überzeugt: „Die Messmaschine hat unsere Erwartungen erfüllt. Das Scanning verringert in vielen Fällen die Messunsicherheit, vor allem bei kleinen, stark formfehlerbehafteten Formelementen.“ Es sei sogar das Potenzial für Messaufgaben mit noch höheren Anforderungen an die Genauigkeit gegeben.
Bei Getrag kam auch das Messprogramm Calypso zum Einsatz, das ebenfalls die Erwartungen erfüllte. Die Mitarbeiter hatten sich schnell an die grafische Darstellung der Werkstücke gewöhnt. Auch die Auswertung der Messergebnisse mit dem CMM-Reporter für statistische Zwecke sei funktional. Nach Ansicht von Descher ließen sich die Ergebnisse des Pilotversuchs prinzipiell auch für den Einsatz der Koordinatenmessmaschine Centermax in der Gehäusefertigung verallgemeinern. „Das Messen von prismatischen Geometrien und die Bestimmung von Form und Lage an prismatischen Werkstücken direkt in der Fertigung ist technisch gut möglich und wirtschaftlich“, versichert Descher. „Das Ganze funktioniert ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen.“
Um die Prozesskette zur Herstellung der Getriebeteile zu optimieren, waren eine Reihe von Bedingungen zu erfüllen: Die Gagemax musste eine ausreichend geringe Messunsicherheit bei Temperaturen im Bereich von 18 °C bis 35 °C haben. Zusätzlich sollte die Messmaschine mit einem Temperaturgradienten von 4 °K vom Boden bis in 3 m Höhe zurechtkommen. Zudem war die umgebende Luft mit Feuchtigkeit, Öl und Partikeln angereichert.
Die Gagemax ist so konzipiert, dass die feinmechanischen und elektronischen Komponenten diese messtechnikfeindliche Umgebung verkraften. Wälzlager anstelle von Luftlagern sowie gekapselte Führungen machen die Messmaschine unempfindlich gegen Schmutz und dadurch auch wartungsfreundlich. Das stabile Maschinengestell aus Mineralguss – wie es auch bei Fertigungsmaschinen verwendet wird – dämpft zuverlässig Bodenschwingungen aus der Fertigung. Das Scanning-Tastsystem sorgt für eine höhere Messgenauigkeit. Zugleich erhöht sich die Messgeschwindigkeit. Und der Einsatz einer automatischen Tasterwechseleinrichtung reduziert Störungen und senkt die Messzeiten.
Während des Pilotversuchs entstanden Wünsche und Anregungen an die künftige Hard- und Software. Bei der Verzahnungs-Messsoftware Gearpro hätten die Neuensteiner beispielsweise gern eine Rücknahmebewertung, die den hausinternen Richtlinien entspricht. Wünschenswert waren auch kalibrierte Verzahnungsnormale mit definierten Welligkeiten, um das Übertragungsverhalten des Tastsystems beurteilen zu können.
Maschinengestell aus Mineralguss dämpft Bodenschwingungen

Schnell zum Messprogramm

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Mit der CAD-basierten Scanning-Software Calypso von Carl Zeiss Industrielle Messtechnik lassen sich Messabläufe einfacher erstellen, denn beim objektorientierten Programmieren nutzt der Anwender die Merkmale der Konstruktionszeichnung. Möglich sind Korrekturen und Änderungen bestehender Messprogramme sowie die Erzeugung von Teil-Messabläufen aus einem CNC-Programm. Die Messtechnik-Software unterstützt die Einzelpunktmessung, das Scannen und das optische Messen. Mit dem Programmpaket lassen sich Soll-Ist-Vergleiche bei prismatischen Werkstücken durchführen. Dabei ermöglicht die Software die Formprüfung geometrischer Elemente ebenso wie die Digitalisierung unbekannter Modelle. Mit der Option „Scannen“ lassen sich Passungs-, Form- und Lagemaße, aber auch Geometriesegmente wie Kegelstümpfe und Bohrungsausschnitte überprüfen. ub
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