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Kleine Lose erfordern flexible Lösungen

Pfiffige Automationskonzepte machen Rohrbiegen rationeller
Kleine Lose erfordern flexible Lösungen

Der Trend zur Automation in der Rohrbearbeitung hält an. Sinkende Stückzahlen verlangen jedoch verstärkt nach immer flexibleren Lösungen. Die jeweiligen Anforderungsprofile führen dazu, dass beispielsweise beim Rohrbiegen unterschiedliche Konzepte eingesetzt werden.

Dipl.-Ing. Lothar Handge ist Fachjournalist in Velbert

Fortschritte in der Werkzeug-, Steuerungs- und Verfahrenstechnik haben wesentlich zur stark wachsenden Bedeutung der Rohrumformtechnik beigetragen. So lassen sich heute Geometrien sicher und exakt erzeugen, die noch vor Kurzem als nicht zu biegen galten. Hinzu kamen Fortschritte hinsichtlich des maximal zu biegenden Rohrdurchmessers und der Minimierung der Biegeradien. Auch der Einsatz von Stufenwerkzeugen sowie die Kombination verschiedener Biegeverfahren und -richtungen in einer Maschine bieten große Möglichkeiten zur rationellen Rohrbearbeitung. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist jedoch beim Rohrbiegen wie bei vielen anderen Fertigungsverfahren der Trend zur Automatisierung unübersehbar.
Besonders in der Serienproduktion lässt sich die Effizienz oft über einen erhöhten Automatisierungsgrad steigern. Für das Rohrbiegen bedeutet dies die Integration möglichst aller erforderlichen Einzelschritte in eine Fertigungszelle – von dem im Magazin befindlichen geraden Ausgangsrohr bis hin zur Entnahme des fertig bearbeiteten Teils.
Sinkende Losgrößen in der Serienfertigung nehmen Einfluss auf die Konzeption automatisierter Rohrbiegeanlagen. Beispiel Automobilindustrie: Der Trend zu Nischenfahrzeugen führt zu kleineren Stückzahlen, die mit starren Automationskonzepten nur schwer vereinbar sind, weiß Jürgen Korte, Verkaufsleiter der Kölner Schwarze-Robitec GmbH: „Immer wichtiger wird eine flexiblere Auslegung der Anlagen, vor allem, um die Rüstzeiten in Grenzen zu halten und so die Produktion wirtschaftlicher zu gestalten.“
Auf 10 bis 15 % schätzt Korte den derzeitigen Anteil automatisierter Anlagen beim Rohrbiegen, wobei sich die Anwendungen nicht auf die Automobilhersteller und deren Zulieferer beschränken: Ob im Chemie-Anlagen- oder im Kraftwerksbau – überall sind Rohrleitungen zu verlegen, die gebogen werden müssen. Hinzu kommt der boomende Werftbereich in Europa und Asien sowie die Möbelindustrie. Die erforderlichen Rohrmengen lassen sich nur mit automatisierten Anlagen produzieren, die meist individuell auf die jeweiligen Rohrwerkstätten abgestimmt sind, die mehrschichtig eine regelrechte Serienfertigung betreiben.
Neben anlagenspezifischen Handlinglösungen hat sich beim Rohrbiegen der Standard-Knickarmroboter bewährt. Jürgen Korte hält ihn bei vielen Anwendungen für die „ideale Lösung“, die problemlos selbst Rohre mit großen Durchmessern, Gewichten und Schenkellängen handhaben kann. Ob der Roboter nun sämtliche Handhabungsaufgaben übernimmt oder kombiniert mit einer vereinfachten Ladeeinheit betrieben wird, sei stets individuell zu entscheiden. In vielen Fällen stapelt der Roboter die Rohre nicht einfach nur ab, sondern verkettet die Biegeanlage mit nachfolgenden Fertigungsschritten.
An die Rohrbiegemaschine selbst stellt die Automatisierung – abgesehen davon, dass automatisches Biegen möglich ist – keine besonderen Anforderungen. „Voraussetzung für die Automatisierung sind entsprechende Schnittstellen, mit denen sich der Automat an die Peripherie adaptieren lässt“, erklärt Korte. Entsprechend ausgerüstete Maschinen können daher auch nachträglich leicht in eine Automatisierung eingebunden werden.
Die Antriebsart der Rohrbiegemaschine – hydraulisch, teil- oder vollelektrisch – spielt keine Rolle. Wenn es darum geht, mit viel Kraft zu arbeiten – etwa bei dickwandigen Rohren und hochwertigen Materialien – ist die hydraulische Maschine erste Wahl. Schwarze-Robitec, beispielsweise, lieferte mehrere automatisierte Anlagen für Rohre bis 180 mm Durchmesser, 4 mm Wanddicke und 4 m Länge nach Mexiko. Sie fertigen in großen Losen Hydroforming-Bauteile, die als Motorrahmenträger in Pickups für den amerikanischen Markt eingesetzt werden.
Ebenfalls für die Großserienproduktion von Rohrbiegeteilen hat die Tracto-Technik GmbH, Lennestadt, verschiedene Systemlösungen entwickelt, die flexibel angepasst auf den jeweiligen Anwendungsfall zugeschnitten werden. Dr.-Ing. Martin Walter, Geschäftsbereichsleiter Rohrbiegetechnik, erläutert: „Bei maximalem Automatisierungsgrad fertigt das Rohrbiegezentrum fast bedienerlos – erforderlich sind lediglich das Befüllen des Rohrspeichers sowie der Abtransport der fertig gebogenen Teile.“
Die Rohre werden zunächst aus dem Speicher vereinzelt und präzise in der Länge ausgerichtet. Beim Biegen längsgeschweißter Rohre kann die Lage der Naht vor dem ersten Bogen Einfluss auf die Teilequalität haben. Um eine gleichmäßige Fertigungsqualität sicherzustellen, lässt sich optional ein Schweißnahterkennungssystem integrieren.
Das Biegen der Rohrfigur übernehmen CNC-Rohrbiegemaschinen der Tubotron-Baureihe, die derzeit einen Durchmesserbereich von 4 bis 170 mm abdecken. Bei den kleineren Maschinen sind Mehrradienausstattung und Rechts-/Links-Biegefunktion möglich. Mit Hilfe hochwertiger, robuster Komponenten sowie moderner Steuerungstechnik sollen sich die Teile sehr präzise und schnell fertigen lassen. Abhängig von der Bauteilgröße, kann die fertig gebogene Rohrfigur in einen Sammelbehälter ausgestoßen oder über ein Greifersystem aus der Maschine entnommen und abgelegt werden, während schon das nächste Rohteil für die Zufuhr in die Maschine bereitsteht.
Ein aktueller Beitrag zum Thema Automation ist eine neue Fertigungszelle der Transfluid Maschinenbau GmbH, Schmallenberg, die zum Herstellen von Kupfer-Rohren für Heizkessel konzipiert ist. Die Zelle umfasst ein Magazin mit bis zu 1000 Rohren, zwei Rotationsvereinzeler für jeweils 1000 Schrauben und Muttern sowie eine doppelseitig umformende Doppelkopf-Stauchanlage. Hinzu kommt eine wahlweise zuschaltbare Stanze sowie eine Übergabe- oder Handlingeinheit, die die Rohre nach dem Umformen oder Stanzen in die Biegemaschine transportiert.
Die kompakte Zelle – 20 m² Fläche bei 4,80 m Höhe – ist kundenspezifisch für Rohre zwischen 90 mm und 1,20 m – optional bis 2 m – Länge ausgelegt. Es lassen sich Rohre bis 28 mm Durchmesser und 1,5 mm Wanddicke (bei Stahl) bearbeiten.
Eine Besonderheit bei dieser Anlage ist eine vollelektrische Biegemaschine, die hängend angebracht ist. „Dadurch spart der Kunde viel Platz, und das Handling der Rohre wird erleichtert“, betont Gerd Nöker, bei Transfluid zuständig für Beratung und Verkauf. Die Biegemaschine arbeitet mit mehreren Ebenen und verfügt über ein Werkzeug-Schnellwechselsystem. Nöker: „Die Rüstzeit liegt bei unter fünf Minuten, die Rüstzeit der Gesamtanlage bei unter 20 Minuten.“
Die leise arbeitende Anlage bietet zwei wesentliche Vorteile: „Mit dem automatischen Ablauf wurde erstens die Kapazität erhöht“, so Nöker, „und zweitens eröffnet die Anlage erstmals die Möglichkeit, durch das Anformen auf die kostenintensiven Lötelemente an den Rohren zu verzichten.“ Entsprechende Anlagen werden auch in komplett bedienerlosen dritten Schichten – sogenannten Geisterschichten – betrieben.
Weil sich Rohr-Schlauch-Rohr-Kombinationen auf herkömmlichen Rohrbiegemaschinen nicht in einem Programmzyklus fertigen lassen, entwickelte die Rosenberger AG, Gütenbach, ein flexibleres System, das gleichzeitig hohe Präzision und Prozesssicherheit sowie außergewöhnlichen Bedienkomfort bieten soll: das Roboterbiegesystem Twister. Es besteht aus einem Mehrachsenroboter und mehreren, kreisförmig aufgebauten Rohrbearbeitungssystemen, darunter Biegemaschinenköpfe und Umformeinrichtungen.
Der sechsachsige Kuka-Roboter KR 16 agiert als vollautomatische CNC-Biegemaschine und fährt, je nach Auftrag, zwei bis sechs Biegeköpfe an, die für Rohrdurchmesser zwischen 20 und 60 mm ausgelegt sind. Auf bis zu drei Biegeebenen pro Kopf erzeugt der Sechsachser verschiedene Bogen, Längen und Verdrehungen, indem er die Bewegungen der X-, Y- und Z-Achsen einer Biegemaschine übernimmt.
Der Roboter holt das jeweilige Rohr selbstständig, fährt die X-, Y- und Z-Koordinaten servogesteuert und damit hochpräzise an, bedient die Biegeköpfe und verknüpft das Biegen, bei Bedarf, mit weiteren Prozessen.
Der Roboter positioniert im Bereich von wenigen Hundertstel Millimetern. Neben der hohen Wiederholgenauigkeit steht er in erster Linie für Flexibilität, weil er die Bauteile im Gegensatz zu einer Rohrbiegemaschine loslassen und erneut greifen kann. Insofern ist die Prozesssicherheit gesichert. Dies gilt sowohl beim Handhaben als auch beim Rechts- und Linksbiegen. Laut Hersteller fällt eine Investition in den Twister zwar geringfügig höher aus als die in eine Standard- Biegemaschine, doch ergeben sich durch den Fortfall manueller Tätigkeiten ein hohes Einsparpotenzial und eine erheblich kürzere Amortisationszeit.
Die genannten Unternehmen stellen auf der Messe Wire & Tube aus:
Rosenberger: Halle 3, Stand C18
Schwarze-Robitec: Halle 5, Stand C22
Tracto-Technik: Halle 4, Stand A39
Transfluid: Halle 5, Stand B43
Hängend angebrachte Biegemaschine spart viel Platz
Industrieanzeiger
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