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Kleingeräte in kleinen Losen wirtschaftlich montieren

Hybride Systeme vereinen manuelle und automatisierte Montage
Kleingeräte in kleinen Losen wirtschaftlich montieren

Eine Automatisierung der Kleingerätemontage lohnt sich erst ab Stückzahlen von über einer Million und einer relativ geringen Variantenanzahl. Liegen die Losgrößen darunter, sind hybride Systeme wirtschaftlicher als rein manuelle.

Prof. Bruno Lotter ist Industrieberater Montagetechnik in Oberderdingen

Bei der Montage von Kleingeräten nimmt die Anzahl an Produktvarianten ständig zu, gleichzeitig besteht ein Zwang zur Just-in-time-Lieferung. Dabei werden die Losgrößen immer kleiner, was Zulieferer besonders trifft. Hybride Montagesysteme sind für sie wirtschaftlicher als automatische, bei denen die Gefahr besteht, dass der veranschlagte Abschreibungszeitraum nicht ausgeschöpft werden kann. Denn produktspezifische Montageeinrichtungen verlieren ihren Wert in der Regel mit dem Auslaufen des darauf montierten Produktes.
Solche Systeme vereinen manuelle und automatisierte Montagevorgänge. Dabei gilt es, durch das richtige Verhältnis von Automatisierung und Arbeitskräfteeinsatz, mit flexiblen Formen der Entlohnung oder der Arbeitszeit, Kosteneinsparungen durch Maschinen und Flexibilitätsgewinn durch Menschen zu kombinieren.
Um wirtschaftlich zu arbeiten, müssen hybride Systeme die nachfolgenden Anforderungen erfüllen:
– Sekundäraufwand im Bereich der manuellen Tätigkeiten ist zu vermeiden.
– Die manuelle Montage sollte weitgehend von stückweisem auf einen verrichtungsweisen Ablauf umgestellt werden.
– Mechanisierte oder automatisierte Vorgänge müssen zeitneutral, also parallel ohne Unterbrechung der manuellen Tätigkeiten, ablaufen.
– Mit ausbaufähigen Betriebsmitteln kann sich der Zulieferer den Anforderungen des Marktes anpassen.
Unter Sekundäraufwand sind alle Aufwendungen zu verstehen, die keine Wertschöpfung erzielen, wie Weitertransportieren, Wenden, Ablegen oder neu Greifen. So entstehen beispielsweise bei der manuellen Montage eines Produktes, bestehend aus zwölf Einzelteilen und herkömmlicher Bereitstellung in Greifbehältern in einer linearen Anordnung, Greifwege für Hinlangen und Bringen zwischen 35 und 65 cm. Daraus resultiert eine Greifzeit von 23 s pro Produkt. Zehn der zwölf Teile sind Kleinteile. Werden diese über einen kleinen Teile-Paternoster mit einem Greifweg von 20 cm bereitgestellt, reduziert sich die Greifzeit auf 18 s.
Der verrichtungsweise Montageablauf ist gegenüber dem stückweisen Ablauf durch Bewegungswiederholung gekennzeichnet und erfordert weniger Zeitaufwand, weil sich Sekundäraufwendungen, wie Werkzeugwechselzeiten, stückbezogen nur anteilig auswirken. Auch werden Kleinteile (zum Beispiel Schrauben oder Scheiben) nicht einzeln, sondern in Mengen gegriffen. Das spart Hinlang- und Bringwege und erhöht den Übungsgrad.
Entsprechende Ausrüstungen müssen die rationelle Montage durch Bewegungswiederholung unterstützen. Dabei sind mechanische oder automatische Vorgänge parallel zur manuellen Tätigkeit auszuführen.
Eine wirtschaftliche Lösung bietet der teilautomatische Handarbeitsplatz der Weiss GmbH, Buchen, zur Montage von Kleingeräten bis zu einer Grundfläche von etwa 100 mm x 100 mm. Weiss stellt in Hannover in Halle 17 am Stand F66 aus.
Ein Drehteller sichert den verrichtungsweisen Montageablauf. Abhängig von der Produktgröße, kann der Drehteller 6 bis 24 Werkstücke aufnehmen. Der Übungsgrad steigt mit der Anzahl der Werkstückaufnahmen, und der stückbezogene Anteil der Werkzeughandhabung wird entsprechend kleiner. Zentral über dem Drehteller mit den Werkstückaufnahmen angeordnet ist ein frei programmierbarer Teller mit Greifbehältern, um die erforderlichen Einzelteile bereitzustellen.
Sind beispielsweise 20 manuelle Vorgänge ausgeführt, dreht sich der Teller mit den Greifbehältern so weit, dass das nächste benötigte Teil im optimalen Greifraum angeboten wird. Die Einzelteile können in der Reihenfolge des Montageablaufes bereitgestellt werden. Einheiten, mit denen mechanisierte oder automatisierte Vorgänge ausgeführt werden, lassen sich auf der Rückseite des Drehtellers aufbauen. Dies können Pressen, Schrauber oder Nieteinheiten sein, die alle – parallel zur manuellen Tätigkeit – zeitneutral arbeiten.
Für Produkte bis zu einer Grundfläche von 200 mm x 200 mm oder für sehr komplexe Produkte stellt das hybride Montagesystem Teamos 2 der Teamtechnik Maschinen und Anlagen GmbH in Freiberg einen wirtschaftlichen Lösungsansatz dar (Halle 17, Stand C14). Das modulare System ist in Längstransferanordnung aufgebaut. Die Hauptmodule sind
– Gurtbandtransfersystem für Werkstückträger,
– Handarbeitsplatzmodule in Reihen- und Nebenschluss sowie
– Automatikmodule.
Durch den modularen Aufbau lassen sich Anlagen beliebig verlängern oder Handarbeitsmodule durch Automatikelemente ersetzen. Der Vorteil: Dieses System kann je nach Produkt ausgebaut werden. Auch hier werden manuelle und automatische Vorgänge parallel durchgeführt.
Grundlage und Ausgangsbasis der Planung hybrider Montagesysteme sollte die manuelle Montage sein. Darauf aufbauend, ist das richtige Verhältnis von Automatisierung und Mitarbeitereinsatz zu bestimmen und zu verhindern, dass der Mensch zum Anhängsel der Technik wird. Durch Einbezug von Überwachungsfunktionen sind angemessene Arbeitsinhalte zu sichern.
Wie sich die Wirtschaftlichkeit hybrider Montagesysteme gegenüber der herkömmlichen manuellen Montage auswirkt, zeigt das folgende Beispiel: Eine elektrotechnische Baugruppe ist mit einer Jahresleistung von 125 000 bis 200 000 Stück zu montieren. Die Baugruppe besteht aus elf Einzelteilen. Für die notwendigen Umformvorgänge ist der Arbeitsplatz mit einer pneumatischen Presse ausgerüstet. Geschraubt wird mit einem pneumatisch betriebenen Handschrauber. Die Einzelteile stehen in Greifbehältern bereit, die im Halbkreis angeordnet sind, die Greifwege betragen 30 bis 70 cm. Unter Einrechnung von 12 % Zuschlag für Verteil- und Nebenzeiten, liegt die Montagezeit bei 46,7 s je Produkt.
Die Umstellung der Montageaufgabe auf einen hybriden Arbeitsplatz in Rundtaktausführung mit 18 Stationen würde die Montagezeit von 46,7 s auf 24,6 s oder um 47 % reduzieren. Das liegt an folgenden Punkten: der Bereitstellung der Einzelteile auf der zentralen Drehscheibe und damit Reduzierung der Greifwege auf 8 bis 16 cm, hohem Übungsgrad, nur noch anteiliger Schrauberhandhabung und dem zeitneutralen Pressen.
Hybride Montagesysteme bieten wegen ihres modularen Aufbaus einen hohen Wiederverwendungswert. Dies ist bei wechselnden Produkten von Nutzen. Der produktneutrale Grundaufbau verkürzt Planungs- und Realisierungszeiten, und der Anwender ist in der Lage, sein Produkt schneller auf den Markt zu bringen oder Kosten zu senken.
Einsparpotenzial: Geringer Investitionsbedarf
Der Investitionsbedarf für hybride Montagesysteme ist wesentlich geringer als bei Lösungen mit automatisierten Systemen. Damit sinkt auch das Risiko einer Fehlinvestition. Rationalisierungen ergeben sich durch
– ihren modularen Aufbau für aufgabengerechte Gestaltung,
– kürzere Montagezeiten durch verrichtungsweisen Montageablauf, parallel ablaufende manuelle und automatische Vorgänge und Teilautomatisierung,
– kurze Rüstzeiten,
– stückzahlangepasste Nachrüstung mit Automatisierung,
– hohen Anteil wiederverwendbarer Anlagenkomponenten und
– die Beherrschung kleiner Losgrößen und einer Vielzahl an Produktvarianten.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
Ausgabe
5.2024
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