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Know-how entscheidet über die Fertigungsqualität

Technische Kunststoffe ersetzen Glas in optischen Bauteilen
Know-how entscheidet über die Fertigungsqualität

Das Spritzgießen ermöglicht die Herstellung optischer Bauteile in einem Produktionsschritt. Das Know-how zur Fertigung beherrschen bisher nur wenige Betriebe.

Prof. Dr.-Ing. Walter Michaeli ist Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen, Dipl.-Ing. Martin Wielpütz und Dipl.-Ing. Simone Bölinger, sind dort wissenschaftliche Mitarbeiter

Ob Kunststoffverscheibungen in Scheinwerfern, Streuscheiben oder Fresnel-Linsen: Das Einsatzspektrum von Kunststoffoptiken und das Anforderungsprofil an die Bauteile haben sich in den letzten Jahren erheblich erweitert. Damit die auch die geforderten Qualitätskriterien erfüllen, muss der Verarbeiter die Fertigungstechnik beherrschen.
Je nach Anwendungsbereich unterscheiden sich die Anforderungen an die optischen Bauteile und damit auch an den Spritzgießprozess. Während etwa bei Linsen die Abform- und Abbildegenauigkeit als Qualitätsmerkmal im Mittelpunkt stehen, sollen bei großflächigeren Bauteilen wie zum Beispiel Verscheibungen Bilder nicht verzerrt werden.
Wer hochwertige optische Bauteile fertigen will, muss alle Einflussgrößen berücksichtigen: das Spritzgießmaterial, die Werkzeugtechnik, die Maschinentechnik und die Prozessführung selbst.
Bei der Auswahl des Spritzgießmaterials spielt die spätere Funktion des zu fertigenden Bauteils eine wichtige Rolle. Wärmebeständigkeit, optische und mechanische Eigenschaften sind zu überprüfen. Die absolute Reinheit des Spritzgießmaterials ist bei der Fertigung optischer Komponenten oberstes Gebot. Während der Materialtrocknung und dem eigentlichen Verarbeitungsprozess dürfen keine Schmutzpartikel in das Granulat gelangen.
Bei der Umsetzung des Produktdesigns im Werkzeugbau kommt es auf eine kunststoffgerechte Gestaltung an. Glasbauteile lassen sich nicht eins zu eins in ein Kunststoffbauteil überführen. Extreme Wanddickensprünge, wie sie beispielsweise bei Glaslinsen auftreten können, sollten bei Kunststoffbauteilen vermieden werden. Da Kunststoffe während der Verarbeitung schwinden, muss die Kavitätskontur entsprechend ausgelegt werden. Ebenfalls ist die Lage des Anguss- und/oder Anschnittspunktes zu beachten. Um sichtbare Markierungen auf der Funktionsoberfläche zu vermeiden, muss seitlich angespritzt werden. Dies bringt wiederum Nachteile beim Füllvorgang mit sich. Hilfreich sind aus diesem Grund Simulationsberechnungen des Füllvorgangs. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist eine homogene Temperierung des Spritzgießwerkzeugs beziehungsweise der Kavitätseinsätze, damit ein gleichmäßiges Abkühlen des Kunststoffes gewährleistet sowie Eigenspannungen und Orientierungen vermieden oder reduziert werden können. Auch hier bietet sich die thermische Simulation im Vorfeld an.
Im Werkzeugbau zur Abformung optischer Komponenten ist höchste Präzision erforderlich. Bei der Auswahl der Stahlwerkstoffe muss der Entwickler die Polierbarkeit, aber auch die Verschleißfestigkeit beachten. Die Spritzgießwerkzeuge für das Spritzgießen optischer Komponenten sind häufig sehr aufwendig, insbesondere die Realisierung der Polituren mit optischer Qualität erfolgt in Handarbeit. Da in der Fertigung der Spritzgießwerkzeuge ein großes Know-how liegt, besitzen die meisten Verarbeiter, die größtenteils den kleinen und mittleren Betrieben zuzuordnen sind, einen eigenen Werkzeugbau. Das Know-how wird streng unter Verschluss gehalten.
Für die Realisierung des Spritzgießprozesses muss das Unternehmen auf Spritzgießmaschinen mit einer präzisen Steuerung und Regelung zurückgreifen, um beispielsweise die Zylindertemperaturen, die Dosierzeiten, die Einspritzgeschwindigkeit sowie das eingespritzte Volumen in engen Toleranzen halten zu können. Die Anforderungen an die Maschinentechnik steigen, wenn das Spritzprägen für die Fertigung eingesetzt werden soll. Auch die Plastifiziereinheit sollte auf die Anforderungen von transparenten Kunststoffen angepasst sein. Totwasssergebiete im Düsenbereich müssen vermieden werden, um eine möglichst gleichmäßige Verweilzeit der Schmelze im Plastifizieraggregat zu gewährleisten. Aus diesem Grund finden offene Düsen bei der Fertigung optischer Komponenten eine weite Verbreitung.
Das IKV erarbeitet mit Industriepartnern Prozess-Know-how
Die Prozessführung hat einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Bauteile. Neben einer möglichst materialschonenden Plastifizierung ist der Füllvorgang von Bedeutung. Falsch eingestellte Werkzeugwand- und Massetemperaturen führen durch Schallplatteneffekt oder Freistrahlbildung direkt zu sichtbaren Markierungen auf der Bauteiloberfläche oder im Bauteilinneren.
Schwierig gestaltet sich ebenfalls der Schwindungsausgleich über Nachdruck, da je nach Formteilgeometrie und Anschnittlage keine ausreichend lange Nachdruckwirkung erzielt werden kann.
Eine weitere qualitätsbeeinflussende Phase ist die Abkühlung des Formteils. Um Eigenspannungen und Orientierungen zu reduzieren, wird auf sehr hohe Werkzeugwandtemperaturen zurückgegriffen, die zu langen Abkühlzeiten führen. Zykluszeiten von 15 min und länger sind für dickwandige Linsen keine Seltenheit.
Die Anzahl der Verarbeiter, die das erforderliche Know-how zur Fertigung optischer Bauteile besitzen, ist sehr gering und konzentriert sich in hohen Maße auf kleine und mittlere Betriebe. Um alle vier bereits erläuterten Einflussgruppen auf die Formteilqualität beherrschen zu können, ist eine Zusammenarbeit zwischen Maschinenhersteller, Werkzeugbauer, Rohstofflieferant und Verarbeiter zwingend erforderlich.
Am Institut für Kunststoffverarbeitung wurde die Idee dieser Zusammenarbeit aufgegriffen. Im Rahmen eines Gemeinschaftsforschungsprojektes, in dem Industriepartner aus allen genannten Sparten zusammenkamen, wurde in den letzten beiden Jahren die Thematik des Spritzgießen optischer Formteile bearbeitet. Durch die Bündelung der Interessen können die einzelnen Firmenressourcen geschont und Wissen erarbeitet werden, das allen Beteiligten zugute kommt.
Oberfläche
Formgenauigkeit
Spannungen
Eigenschaften
Material
– Viskositäts-/Temperaturverhalten
– Materialmodifikation
– optische Eigenschaften
Maschinentechnik
– Antriebskonzepte
– Steuerung und Regelung
– Spritzprägen
-Plastifiziereinheit
-. . .
Spritzgießwerkzeug
– Kontur/Formeneinsatz
– Angußgestaltung
– Temperierung
– . . .Prozeßführung
– Schmelze- und Werkzeugtemperatur
– Nachdruck
– Prägeparameter
– . . .
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