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Kohlefaser bandagiert Magnet-Rotoren

Magnetkupplungen: Meister der berührungslosen Momentübertragung
Kohlefaser bandagiert Magnet-Rotoren

Für die berührungslose Kraft- und Drehmoment-Übertragung sind Magnetkupplungen unverzichtbar. Werkstoffinnovationen steigern ihre Lebensdauer: Gesinterte PTFE-Mäntel schützen vor aggressiven Medien und CfK-Armierungen fangen die Zentrifugalkräfte ab.

Wilhelm Cassing ist Geschäftsleiter Magnetsysteme bei der Thyssen-Krupp Magnettechnik GmbH, Gelsenkirchen

Chemiepumpen liefern ein gutes Beispiel dafür, welchen Nutzen Magnetkupplungen bringen – und wie moderne Materialkonzepte ihre Lebensdauer steigern. Magnetkupplungen bieten einen verschleißfreien Antrieb und ermöglichen das hermetische Abdichten von Medien. Müssen Chemiepumpen aggressive Medien fördern, wird ihr Rotor durch einen Spalttopf vom Außenteil getrennt und über eine Magnetkupplung berührungslos angetrieben. Für die Dichtigkeit und Festigkeit des Spalttopfes gelten dabei höchste Anforderungen. Als Material dafür haben sich Edelstähle wie Hastelloy C4 bewährt. Allerdings haben sie den Nachteil, dass sie sich aufgrund ihrer elektrischen Leitfähigkeit durch Wirbelströme sehr stark erwärmen. Abhilfe schafft Teflon: Der Thyssen-Krupp Magnettechnik GmbH, Gelsenkirchen, ist es inzwischen gelungen, solche Spalttöpfe nahtlos aus PTFE zu sintern. Da sie keine Schweißnähte als Schwachstellen enthalten, bieten sie eine hohe Diffusionsdichtigkeit. Und wo der PTFE-Mantel nicht steif genug ist, erhält er eine Armierung aus Carbonfaser-verstärktem Kunststoff (CfK). Je nach Anwendungsfall kann sich die Lebensdauer dadurch drastisch erhöhen: Pumpen, die bisher nach fünf bis sechs Monaten ausfielen, laufen jetzt zwei bis drei Jahre lang.
Beide neuen Technologien, Teflon- und CfK-Ummantelung, lassen sich auch für die Magnetkupplungs-Rotoren selbst nutzen, um die Standzeit zu erhöhen. Außer in Chemiepumpen werden solche Magnetkupplungen beispielsweise in Rührwerken, Kompressoren und Bremsen eingesetzt. Sie lassen sich in drei Grundtypen einteilen: Synchron-, Hysterese- und Wirbelstromkupplungen oder -bremsen.
Eine typische Bauform der synchronen (schlupflosen) Drehmoment-Übertragung ist die Stirndrehkupplung (Skizze). Die Drehzahlen auf der An- und Abtriebsseite sind gleich. Es stehen sich zwei identische dauermagnetische Elemente mit derselben Polteilung an der Stirnfläche gegenüber (mehrpolige axiale Magnetisierung). Die Gegenüberstellung von Nord- und Südpol führt zu hohen Anziehungskräften, die sich noch dadurch verstärken, dass der magnetische Fluss auf der Rückseite durch Weicheisen geführt wird. Als Magnetmaterial für diese Kupplungsform kommen insbesondere die Werkstoffe Hartferrit (HF), SmCo oder NdFeB in Frage, wobei sich die Auswahl nach Einsatztemperatur und Drehmoment richtet.
Bei größeren Drehmomenten empfiehlt sich immer die Zentraldrehanordnung. Bei diesem Aufbau treten keine axialen Kräfte auf und auch die radialen Kräfte kompensieren sich (bei idealer geometrischen Gestaltung). Auch die Zentraldrehkupplung arbeitet synchron, wobei der trennende Spalttopf aus Kunststoff, Cr-Ni-Stählen (Edelstahl), Keramik oder PTFE bestehen kann. Häufig kommt sie dann zum Einsatz, wenn eine Pumpe ein viskoses Medium fördern oder rühren soll und dabei von einer Asynchronmaschine angetrieben wird.
Die Auslegung der Zentraldrehkupplung ist nicht einfach, weil viele Einflussparameter wie Trägheitsmomente und Beschleunigungsbeträge zu berücksichtigen sind.
Die zweite Bauart, die Hysteresekupplung, setzt sich aus einer Stirndrehkupplungshälfte und einer so genannten Hysteresescheibe zusammen. Sie findet hauptsächlich Anwendung in Motor- und Bremsenprüfständen oder Überlastsicherungen.
Der Begriff „Hysterese“ hat Tradition bei Magnetwerkstoffen. Die Hysterescheibe besteht aus einem isotropen Magnetmaterial wie AlNiCo. Der vom dauermagnetischen Kupplungsteil ausgehende Magnetfluss durchsetzt das Hysteresematerial und magnetisiert es. Dreht sich nur eine Hälfte dieser Kupplung oder Bremse, so wird das Hysteresematerial ummagnetisiert. Für diese Ummagnetisierung muss die in der Hysterese des Werkstoffes gespeicherte Energie aufgebracht werden, wodurch ein Drehmoment entsteht. Ist das Drehmoment kleiner als das Nennmoment der Kupplung, so arbeitet sie synchron, An- und Abtriebsdrehzahl sind identisch. Wird das Nenndrehmoment überschritten, arbeitet die Kupplung asynchron und wirkt als Bremse. Das Drehmoment ist dann annähernd konstant und weitgehend unabhängig von der Drehzahl. Höchste Momente erzielt die Zentraldreh-Bauform.
Das konstante, Drehzahl-unabhängige Moment der Hysteresekupplung ist ihr großer Vorteil gegenüber der Wirbelstromkupplung. Diese Kupplungs- und Bremsenart arbeitet ausschließlich asynchron. Das Drehmoment wird durch den Wirbelstromeffekt erzeugt, bei dem erst die Relativgeschwindigkeit zwischen An- und Abtriebsseite ein Bremsmoment hervorruft. Der Aufbau ähnelt dem der Hysteresekupplung. Statt der Hysteresescheibe wird allerdings eine Kupferscheibe von etwa 2 bis 5 mm Dicke verwendet. Für eine bessere Flussführung ist sie auf einem Eisenrückschluss befestigt. Auch beim Wirbelstromprinzip werden die größeren Momente in der Zentraldreh-Anordnung erreicht, bei welcher ein Kupferring den dauermagnetischen Rotor umfasst. Allerdings treten dabei – bedingt durch die Wirbelstromverluste – sehr hohe Temperaturen auf, so dass Probleme mit der Kühlung entstehen können. Nicht nur die Eigenschaften des Dauermagneten sind temperaturabhängig, sondern in besonderem Maße auch die des Kupfers. Heizt sich die Kupferscheibe auf 200 °C auf, so reduziert sich das Moment bereits um 50 %.
Je höher die übertragene Leistung ist, desto wichtiger kann auch bei den Kupplungsrotoren eine Armierung werden: Mit wachsendem Durchmesser steigt die Zentrifugalkraft, die versucht, die einzelnen, aufgeklebten Magnete vom Rotor zu schleudern. Als wirksamer Schutz gegen diese Zerstörung hat sich in der Vergangenheit eine Edelstahl-Ummantelung bewährt. Deutlich praktikabler ist jedoch der Schutz durch einen leichten CfK-Mantel.
Auch bei Pumpen kann der Spalttopf allein aus CfK bestehen, wenn die benötigte Chemikalienbeständigkeit gegeben ist. Andererseits lässt sich die Methode der PTFE-Ummantelung umgekehrt auch auf Magnetkupplungen übertragen, wenn sie vor aggressiven Chemikalien geschützt werden müssen. Dazu wird der Rotor zunächst komplett mit PTFE ummantelt. Da bei diesem Verfahren keine Schweißnähte vorkommen und kein Medium hindurch diffundieren kann, nimmt die Lebensdauer der Innenteile (beispielsweise der Magnete) bedeutend zu. Sollte die Festigkeit des PTFE nicht ausreichen, muss im konkreten Fall geprüft werden, ob eine Verstärkung durch CFK sinnvoll ist. Bei diesem Vorgehen entfällt das oftmals aufwendige Laserschweißen, das bei der edelmetallischen Kapselung notwendig wird.
Gesinterter Teflon-Topf schützt vor Medien
Hysteresekupplung überträgt konstantes Moment
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