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Kolbenverdichter ist wirtschaftlichste Lösung

Druckluftanlage liefert zugleich 12 % der Heizenergie im Winter
Kolbenverdichter ist wirtschaftlichste Lösung

Die Lebenszykluskosten zu betrachten, lohnt sich: Automobilzulieferer Temic kam so zum Ergebnis, dass ölfreie Kolbenverdichter seine Druckluft wirtschaftlicher erzeugen als Schraubenkompressoren. Eine Wärmerückgewinnungsanlage steigert die Effizienz der Station noch weiter.

Norbert Barlmeyer ist Fachjournalist in Bielefeld

Die Conti Temic Microelectronic GmbH entwickelt und produziert in Nürnberg hochwertige Automobil-Elektronik für nahezu alle Automobilhersteller der Welt. „In unserer Produktion läuft nichts ohne Druckluft. Sie muss jedoch absolut ölfrei sein“, sagt Hans Bürner, zuständiger Fachmann bei Temic. Die vollautomatischen Montagelinien zum Bestücken von Leiterplatten mit elektronischen Bauelementen seien äußerst sensibel. Öl in der Druckluft würde auch die Ergebnisse der Testgeräte verfälschen. „Außerdem drucken wir die Schaltungen in Reinräumen. Hier ist ebenfalls absolut ölfreie Druckluft ohne geringste Restöl-Anteile erforderlich.“ Die Produktion wird deshalb über ein einziges Netz mit ölfrei erzeugter Druckluft versorgt. Für den Reinraum-Bereich wird sie noch zusätzlich gefiltert und getrocknet.
Temic erzeugt die Druckluft mit drei baugleichen, ölfrei verdichtenden Compair-Kolbenkompressoren des Typs Champion 180 TS, heute als R 180 TS bezeichnet. Die 1996 angeschaffte, jüngste R-Maschine fährt ausschließlich die Grundlast, während die beiden Kolbenkompressoren von 1993 als Spitzenlast- und Reserveanlagen vorgehalten werden. Alle drei sind mit Antriebsleistungen von je 110 kW für einen Höchstdruck von maximal 13 bar ausgelegt und werden bei der Temic mit Höchstdruck 8,2 bar gefahren. Durch die serienmäßige Volllast-/Halblast-Regelung liefert jede Anlage bedarfsabhängig 17,6 oder 8,8 m³/h ölfreie Druckluft.
Kaufpreis macht nur Bruchteil der Betriebskosten aus
Bevor der Automobil-Zulieferer 1996 den letzten R-Verdichter bei der heutigen Compair Drucklufttechnik GmbH, Simmern, gekauft hat, verhandelte er mit mehreren Herstellern von ölfrei verdichtenden Schrauben- und Kolbenkompressoren. In Wirtschaftlichkeitsberechnungen hat sich jedoch der ölfrei verdichtende R-Kolbenkompressor als die mit Abstand wirtschaftlichste Technik herauskristallisiert. Energiesparende Lösungen stehen für Temic und Bürner seit Jahren im Vordergrund: „Obwohl wir mit den Champion-Kolbenkompressoren von 1993 bereits drei Jahre arbeiteten und ihre Vorzüge kannten, haben wir uns intensiv mit der Frage nach der optimalen Lösung beschäftigt. Das Ergebnis bestätigte unsere Erfahrungen. Trotz höherer Anschaffungskosten haben wir uns dann erneut für einen ölfrei verdichtenden Champion-Kolbenverdichter von Compair entschieden. Bauartbedingt benötigt diese Anlage etwa 15 Prozent weniger elektrische Energie als ein ölfrei verdichtender Schraubenkompressor vergleichbarer Leistung.“ Die Investitionskosten machten – bezogen auf die Lebensdauer – nur einen Bruchteil der Gesamtkosten aus. Wichtiger waren für Bürner die Folgekosten und unter ihnen besonders die Energiekosten. Und gerade hier hat der R-(Champion)-Kolbenverdichter überzeugt. „Der höhere Anschaffungspreis hat sich schon nach zwei Jahren amortisiert. Außerdem verursachen die Champion-Verdichter durch ihre robuste Bauweise einen deutlich geringeren Wartungsaufwand.“
Rückgewonnene Wärme rechnet sich nach zwei Jahren
Bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen wurde ein Druckluftbedarf von 6,34 Mio. m³ im Jahr angenommen. Einschließlich Kühlwasserkosten ergaben sich für den Compair R 180 TS jährliche Betriebskosten von 109 906 Mark. Der ölfreie Schraubenkompressor des ersten Wettbewerbers hätte um 16,2 % höhere Betriebskosten verursacht, der des zweiten Wettbewerbers wäre im Betrieb 20,7 % teurer gekommen (siehe Tabelle).
Hans Bürner resümiert: „Die Analyse zeigte uns, dass wir mit dem Kolbenverdichter in fünf Jahren fast 90 000 Mark allein an Energiekosten einsparen können im Vergleich zum preiswertesten ölfrei verdichtenden Schraubenkompressor.“ Inzwischen sind die Strompreise zwar gefallen. Fakt bleibt aber, dass die Kolben gegenüber den Schraubenkompressoren gleicher Leistung rund 15 bis 20 % weniger Energie benötigen.
Da der neugekaufte Kompressor nahezu ausschließlich als Grundlast-Anlage gefahren wird, entfielen im Jahr 2000 etwa 89 % der gemessenen Betriebsstunden auf ihn. Weil diese Leistungsverteilung von Anfang an so geplant war, wurde die Anlage mit einer Wärmerückgewinnung ausgerüstet, um die verwendete Energie so weit wie möglich zu nutzen. Denn beim Verdichten von Druckluft werden 92 % der investierten elektrischen Energie in Wärme umgewandelt. Temic speist diese Abwärme ganzjährig in den Vorlauf des Heizungskreislaufs ein und erwärmt außerdem Sanitärwasser für den Sozialbereich. Selbst im Sommer wird die Abwärme zu Heizzwecken genutzt, weil die Klimaanlage die angesaugte Luft zur Entfeuchtung zunächst auf 12 °C herunterkühlt und anschließend wieder auf Raumtemperatur erwärmen muss.
Für dieses Konzept legte Compair eine Kühlwasser-Austrittstemperatur von 80 °C zugrunde. Um auf die 80 °C zu kommen, wurde ein geschlossener Kühlwasser-Zwischenkreislauf realisiert mit zwei integrierten Wärmetauschern nach den beiden Verdichterstufen: Das Kühlwasser tritt mit 20 °C zunächst in den Zwischenkühler nach der ersten Verdichterstufe ein und gelangt dann über die Zylinder der zweiten und ersten Verdichterstufe in den Nachkühler der zweiten Stufe. Nun auf 80 °C erwärmt, passiert das Kühlwasser zwei externe Wärmetauscher, in denen die Energie unter anderem an den Vorlauf des Heizkreislaufs abgegeben wird.
Die Druckluft tritt aus dem Nachkühler mit etwa 65 °C aus. Vor Eintritt in das Netz wird sie in einem externen Kühlwasserkreislauf auf 30 °C zurückgekühlt. Hier leisteten die Ingenieure einen weiteren Beitrag zur Energieeinsparung: Das externe Kühlwasser wird bei Temperaturen über 7 °C durch vier parallele Kältemaschinen rückgekühlt, bei Temperaturen unter 7 °C durch vier luftgekühlte Rückkühlanlagen. Die Umschaltung funktioniert automatisch. Wie effektiv diese Wärmerückgewinnung arbeitet, beweist die Tatsache, dass sie von Mai bis September bis zu 44 % und in den Wintermonaten immer noch bis zu 12 % der benötigten Wärmemenge liefert. Die Differenzmenge deckt Fernwärme ab. „Wir haben aber auch schon Sommermonate gehabt, in denen ausschließlich der Compair-Verdichter unseren Wärmebedarf abdeckte“, fügt Hans Bürner hinzu. „Nach unseren Berechnungen haben sich die Mehrkosten für die Wärmerückgewinnung nach 2,2 Jahren amortisiert.“
Compair liefert die ölfrei verdichtenden R-Kolbenkompressoren in vier Baugrößen mit Liefermengen von 7,8 bis 17,7 m³/min (bei Betriebsdruck 7 bar). Sie zeichnen sich durch niedrige Strömungsgeschwindigkeiten, Anlagen schonende Drehzahlen von nur 1000 min–1, niedrige Kolbengeschwindigkeiten und einen bestmöglichen Massenausgleich durch V-Bauweise aus. Sie arbeiten zweistufig und doppelt wirkend. Die entstehende Wärme wird sowohl durch direkte Mantelkühlung der Zylinder als auch durch die integrierten Rohrbündelkühler zwischen den beiden Stufen (Zwischenkühler) und nach der zweiten Stufe (Nachkühler) abgeführt. Alle R-Anlagen sind serienmäßig mit der Mikroprozessor-Steuerung Delcos 3000 ausgerüstet.
1996 war Hans Bürner mit dem Erreichten noch nicht zufrieden. Ständig suchte er nach Möglichkeiten, Energie einzusparen. Da für Dauerversuche auch außerhalb des Dreischichtbetriebes ein – allerdings deutlich reduzierter – Druckluftbedarf bestand, erwog er die zusätzliche Anschaffung eines kleineren R-Verdichters wie den R 80 T mit einer Liefermenge von 7,8 m³/min bei Volllast und 4,9 m³/min bei Halblast. Denn für den Wochenendbedarf war die R 180 TS zu groß und deshalb zu unwirtschaftlich. Bei jedem Anlauf geht sie zunächst in den Volllastbetrieb und verursacht dadurch unerwünscht hohe Stromspitzen. Nach der Installation der R-Neuanlage sollte die Vorrangschaltung für den größeren R-Verdichter aufgehoben und die Grundlast über Delcos 3000 bedarfsabhängig der kleinen oder großen Anlage zugeordnet werden.
„Mit den Champion-Kolbenkompressoren liegen wir absolut auf der sicheren Seite. Wir erzeugen unsere Druckluft sehr wirtschaftlich und sehr zuverlässig“, lautete Bürners Bilanz. „Wenn wir unser Konzept durch den kleineren R-Verdichter erweitern, haben wir eine optimale Versorgung.“ Den Plan für den Zusatzverdichter hat er mittlerweile allerdings aufgegeben, weil sich auch der Druckluftbedarf am Wochenende erhöht hat.
Industrieanzeiger
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