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Kranker Chef steckt die Firma an

Risikomanagement: Firmen müssen dem Unternehmerausfall vorbeugen
Kranker Chef steckt die Firma an

Aller Räder stehen still – wenn der Chef ins Krankenhaus kommt. Es kann eine Katastrophe werden, wenn der wichtigste Wissensträger, Kapitalgeber und Manager von heute auf morgen ausfällt. Für diesen Fall muss im Rahmen des Risikomanagements ein Notfallplan bereitliegen.

Der Gründer hält die Fäden in der Firma in der Hand. Fällt er von heute auf morgen wegen eines Unfalls oder einer Krankheit aus, hat das schwerwiegende Folgen; für die Unternehmerfamilie und für die Mitarbeiter steht viel auf dem Spiel. In Deutschland gehen Studien zufolge jährlich rund 33 000 Arbeitsplätze verloren, weil in den betreffenden Firmen keine Nachfolgeregelung getroffen wurde, weiß Rudolf Miller, Experte für Risikomanagement beim Tüv Süd Management Service. Die Folgen des Unternehmerausfalls sind vielfältig:

  • Aufgrund fehlender Vollmachten und Informationen klaffen Löcher in den Büchern.
  • Rechnungen können nicht oder nur unvollständig gestellt und gezahlt werden.
  • Kunden und Lieferanten springen ab, weil der persönliche Kontakt plötzlich fehlt.
  • Zudem können familiäre Belange – wie die Tilgung von Krediten – zum Problem für die Firma werden.
Kleine und mittelständische Unternehmen stehen da schnell vor ernsten Problemen, die das Aus bedeuten können. Lediglich 3 % der Unternehmen sind vorbildlich für den Fall der Fälle abgesichert, wie eine Studie der Unternehmerplan Gesellschaft für Unternehmensentwicklung mbH mit Sitz in München zeigt. Vier von fünf Unternehmen sind auf den plötzlichen Ausfall und das geplante Ausscheiden des Unternehmers nicht oder nur unzureichend vorbereitet. Für 17 % der Betriebe besteht sogar ein sehr hohes Risiko, so das Ergebnis der Studie.
„Das Risiko, plötzlich nicht mehr arbeiten zu können, und die damit verbundenen Folgen sehen die wenigsten Chefs von kleineren Unternehmen“, sagt Tüv-Experte Rudolf Miller. Einmal sensibilisiert, erkennen die Firmenbesitzer laut Miller aber schnell, dass Risikovorsorge ein Muss ist.
Miller empfiehlt, Prozesse einzuführen, die das Ausfallrisiko des Unternehmers beherrschbar machen. Dass Kommunikation dabei ein Schlüssel ist, zeigte die Unternehmerplan-Studie. „Kommunikation sorgt zum Beispiel dafür, dass Schlüssel-Know-how im Unternehmen bleibt und wichtige Beziehungen zu Lieferanten oder Kunden weiter gepflegt werden können“, so Miller. Zudem muss für die notwendigen Vollmachten gesorgt sein, damit sich bei strategischen Entscheidungen oder Bankgeschäften keine Lücken auftun oder Verzögerungen ergeben. „Eigentum, Kapital, Aufsicht und Führung sind bei Gründerunternehmen häufig bei einer Person verknüpft. Ein gutes Risikomanagement entzerrt das“, betont Tüv-Fachmann Miller.
Der Tüv Süd bietet jetzt ein Zertifikat „Unternehmerausfall“ an. Unternehmen profitieren vielfach davon. Systematisches Risikomanagement verbessert die Verhandlungsposition gegenüber Banken und Unternehmen, denn ein strukturelles Risiko ist objektiv bewertbar. Die besseren Ratingmöglichkeiten – Stichwort Basel II – sorgen für geringere Kapitalkosten. Mehr Transparenz macht den Betrieb attraktiv für Fach- und Führungskräfte. Nicht zuletzt handelt die Inhaberfamilie sachlicher und professioneller.
Die Voss AG mit Hauptsitz in Taufkirchen bei München ist das erste Unternehmen, das vom Tüv Süd vor kurzem das Zertifikat „Unternehmerausfall“ erhielt. Der mittelständische Konzern, der unter anderem Fußbodenbeläge herstellt, beweist damit, dass sein Risikomanagement für den Fall der Fälle gerüstet ist: für den Ausfall des Vorstandsvorsitzenden oder eines Geschäftsführers. Vorstandschef Rupert Voß betont einen Nebeneffekt: „Dank der Zertifizierung haben wir unsere Abläufe besonders kritisch unter die Lupe genommen.“
Rupert Voß und seine Partner Stephan Doll und Bernd Musial entwarfen zweistufige Risikopläne: Stufe eins tritt bei einem Krankenhausaufenthalt von mehr als drei Wochen ein. Sie sieht vor, dass ein anderer Partner für die Mitarbeiterkommunikation einspringt. Außerdem legt sie Informations- und Entscheidungsintervalle fest; mindestens wöchentlich müssen sich die Stellvertreter mit den Controllingzahlen auseinandersetzen.
Sollte einer der drei Chefs sterben oder im Koma liegen, ist zunächst definiert, wie die Aufgaben verteilt werden. Die Vertreter werden in den fehlenden Kompetenzbereichen gezielt fortgebildet, vorübergehend oder langfristig ist der Einsatz von externen Kräften geregelt. Für die Anteile an der AG gibt es klare Regelungen: „Bezüglich der Aktien an der Voss AG soll gemeinsam mit der Familie eine Lösung gefunden werden. Grundsätzlich sollen die Aktien im Besitz von aktiven Vorständen und Geschäftsführern sein“, heißt es im schriftlichen Notfallplan. tv

Kosteneffizienz
Der Tüv Süd hat einen neuen Baustein für das Risikomanagement: das Zertifikat „Unternehmerausfall“. Systematisches Risikomanagement beugt nicht nur Gefahren vor. Es senkt die Finanzierungskosten: Banken honorieren bei den Kreditkonditionen Notfallpläne für den Fall der Fälle.

Risikogruppen
Die Studie von Unternehmerplan hat Risikogruppen identifiziert, die durch den Unternehmerausfall besonders gefährdet sind.
  • Kleine Unternehmen: Fast 70 % der Unternehmen mit sehr hohen Risiken beschäftigen weniger als 50 Mitarbeiter.
  • Die 1. Generation: Unternehmen in 1. Generation weisen tendenziell ein höheres Risiko als Unternehmen in 3. Generation auf.
  • Junge Unternehmer: Die Beziehung zwischen Alter und Risikobewertung ergab, dass bei jüngeren Unternehmern höhere Risiken herrschen.
  • Männliche Unternehmer: Männer scheinen im Vergleich zu Frauen weniger risikobewusst zu sein. Durchschnittswert bei Unternehmerinnen: „Risiken sind vorhanden“, Durchschnittswert der Männer: „hohes Risiko“.
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