Beschaffungskosten | In den letzten Jahren wurde der Einkauf vieler Produkte nach China verlagert. Die Preise vor Ort sind jedoch so stark gestiegen, dass Einkäufer China als Beschaffungsland überdenken sollten.
Witold Buenger Pressereferent Kloepfel Consulting, Düsseldorf
Laut Germany Trade and Invest, der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing, liegt China unter den Beschaffungsmärkten deutschsprachiger Einkäufer an zweiter Stelle. Gefragt sind besonders elektronische Teile und Textilien. Allerdings sinkt das Einkaufsvolumen in China seit einigen Jahren. Der Grund: Viele asiatische Währungen sind an den US-Dollar gekoppelt – einige sogar stärker als der US-Dollar gestiegen. Dadurch sind Produkte aus Asien, Mexiko, Brasilien oder den USA im Schnitt um circa 30 Prozent gestiegen. Gleichzeitig haben sich die Lohnkosten in diesen Ländern erhöht, was weitere Kostensteigerungen mit sich brachte. Die damaligen Preisvorteile sind dadurch geschmolzen.
Marc Kloepfel, Geschäftsführer von Kloepfel Consulting, empfiehlt den Aufbau einer Second-Source-Strategie im Euroraum, um auf Währungsschwankungen vorbereitet zu sein. Das heißt: bei einem schwachen Euro mehr im Euroraum und bei einem starken Euro mehr im US-Dollar-Raum einzukaufen. Rumänien, Polen, Nordafrika, Ukraine – teilweise auch die Türkei – sind ebenfalls wirtschaftlich an den Euro gekoppelt.
Italien, Spanien und Portugal sind aufgrund ihrer aktuellen Krise interessant. So nutzt man Preisvorteile und reduziert Abhängigkeiten in China. Zudem wird durch die Verlagerung der Beschaffung in näher gelegene Regionen die Logistik schneller, günstiger, flexibler und risikofreier. Die Beschaffungsstrukturen in China sollten aber nicht abgebaut werden, denn der Euro kann langfristig wieder an Stärke gewinnen.
Spanien, Portugal und Italien sind aufgrund ihrer Krise beachtenswert: Spanien etwa war durch seine hartnäckigen Probleme gezwungen, Strukturreformen durchzuführen. Durch ihre kulturelle Nähe zu Südamerika sind die Länder der iberischen Halbinsel zudem ein Brückenkopf nach Südamerika. Dennoch: Der Süden Europas ist nicht das neue China.
Beispiel Türkei: Da viele Türken im Ausland gearbeitet und sich fortgebildet haben, ist das Qualitätsbewusstsein auf internationalem Niveau. Hier weisen fast alle Branchen große Potentiale auf. So lassen Sony und Bosch Kühlschränke und Fernseher in der Türkei montieren. In der Ukraine ist die Währung gegenüber dem Euro um fast 70 Prozent gefallen, viele Unternehmen suchen aufgrund von Produktionsstillständen neue Auftraggeber. Der Grund liegt in der politischen Situation – viele Auftraggeber haben sich vom Markt zurückgezogen. •
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