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Lebenszyklus-Denken initiiert Geschäftsideen

Siemens verkauft aufgearbeitete Medizingeräte in alle Welt
Lebenszyklus-Denken initiiert Geschäftsideen

Lebenszyklus-Denken  initiiert Geschäftsideen
Fertigungsmaschinen fernsteuern wie einen Fernseher: Auch für Mittelständler könnte in dieser Technologie ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial liegen (Bild: IFF)
Die Hochschulen haben die Lebenzyklus-Betrachtung nicht gepachtet: Auf der Suche nach mehr Wertschöpfung für ihre Produkte sind drei Firmen fündig geworden und haben damit durchschlagenden Markterfolg.

Von unserem Redaktionsmitglied Olaf Stauß olaf.stauss@konradin.de

Es kommt selten vor, dass Unternehmen für eine bahnbrechende Technologie von Wissenschaftlern gelobt werden – vor allem dann, wenn es um neue Denkansätze geht. Dies kann jetzt die Kaeser Kompressoren GmbH, Coburg, für sich in Anspruch nehmen: Kaeser baut in seine Verdichter standardmäßig Steuerungen ein, die sich übers Web detailliert nach dem Betriebszustand der Anlage abfragen lassen. Bei Störungen sucht der Servicetechniker online nach der Ursache und kann sich dann meist die Anreise sparen. Dies macht es den Coburgern leicht, weit reichende Serviceverträge abzuschließen oder Stationen in Eigenregie zu betreiben.
„Contracting macht zehn Prozent unseres Umsatzes aus“, sagte der leitende Projektingenieur Erwin Ruppelt bereits Anfang 2002. Tendenziell seien es heute eher mehr. Mit diesem Ansatz trifft Kaeser auf die volle Zustimmung der Forscher am Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) der Uni Stuttgart, die sich um Life Cycle Management kümmern: Sowohl die höchsten Kosten als auch die höchsten Erlöse innerhalb des Lebenszyklus einer Maschine seien in der Nutzungsphase zu finden. Hier lohne es sich, zu optimieren – zum Beispiel durch Web-Technologien, für die „die Zeit reif“ sei, wie Marcus Stolz vom IFF erklärt. „In der deutschen Industrie haben wir viel Technologiewissen. Dieses Know-how können wir per Datenfernübertragung exportieren, um unsere Wertschöpfung zu steigern.“
Das IFF hat dafür zwei Schlüsseltechnologien entwickelt, die es auch Mittelständlern ermöglichen sollen, Web-Services zu realisieren. Die eine, I-Control, ist eine Remote-Steuerung und -Überwachung, die sich über einen Proxy-Server an andernorts stationierte Maschinen anbinden lässt. „Der Anschluss ist so sicher wie eine E-Mail“, meint Stolz. Die Steuerung setzt keine zusätzliche Hardware voraus und kann beispielsweise NC-Programme aus- und einlesen, Einzelschrittbefehle ausführen oder Maschinenparameter setzen. Die zweite Technologie, M-Control, macht den Bediener über WLAN mobil. Zur Demonstration steuert Marcus Stolz ein Mikro-Bearbeitungszentrum im hauseigenen Versuchsfeld über einen Standard-PDA an, der in seiner Hand liegt: „Wir benutzen die Fernsteuerung regelmäßig und sparen damit gut 50 Prozent unserer Zeit.“
Der Schienenfahrzeug-Hersteller Alstom LHB GmbH in Salzgitter erhöhte die Wertigkeit seines Produktes eher am Lebenszyklus-Ende – und kann die Früchte doch schon jetzt ernten. Die Nahverkehrszüge DT 4.5, die seit Sommer 2002 an die Hamburger Hochbahn AG ausgeliefert werden, sind als erste gezielt Demontage- und Recycling-orientiert aufgebaut (ohne dass es dafür gesetzliche Vorgaben gegeben hätte ). Sie sind jetzt zu rund 95 % recycelbar, so lauten die Herstellerangaben. Zum Beispiel besteht die Fahrerraum-Trennwand nur noch aus sechs Stoffen statt aus 19 wie beim Vorgängermodell. Teils ersetzen nachwachsende Rohstoffe die bisher verwendeten glasfaserverstärkten Kunststoffe, PVC ist aus dem Boden verbannt und so weiter… Das Know-how dafür hat sich Alstom in einem Projekt erarbeitet, das vom niedersächsischen Umweltministerium und von der EU zu 30 % gefördert wurde. Schon jetzt zahlt es sich aus, wie Wolfgang Trommler berichtet, Abteilungsleiter Design for Quality: „Aus Schweden erhielten wir den Zuschlag zu einem großen Auftrag, den wir ohne dieses Know-how wohl nicht bekommen hätten.“
Drittes Beispiel für gelungenes Life Cycle Management: Beim Erlangener Geschäftsbereich Medical Solutions der Siemens AG endet jetzt ein mit 1 Mio. Euro gefördertes, dreijähriges Modellprojekt der bayerischen Staatsregierung, das die Rücknahme, Aufarbeitung und Wiederverwendung zum Inhalt hatte. Mit Erfolg. Allein im letzten Jahr verkaufte das neugegründete Geschäftsgebiet „Refurbished Systems“ (RS) 800 generalüberholte Systeme. Empfänger sind Entwicklungsländer, aber auch deutsche Praxen und Kliniken, die unter Kostendruck stehen. Die Nachfrage ist so groß, dass im Mai der Spatenstich für ein eigenes RS-Fertigungszentrum erfolgte. Technische Voraussetzung ist aber auch hier Life Cycle Engineering: Das Röntgensystem Axiom Iconos R200 zum Beispiel, das als erstes gezielt recyclinggerecht konstruiert wurde, soll sich sogar zu 99 % in den Rohstoffkreislauf rückführen lassen.
Maschinen-Überwachung aus der Ferne steigert die Wertschöpfung
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