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Legale Geschenke oder strafbare Bestechung?

Bestechung und Wirtschaftsstrafrecht in China
Legale Geschenke oder strafbare Bestechung?

Verborgene Preisnachlässe sind in China als Bestechung anzusehen. Deren Annahme wird als Bestechlichkeit verfolgt. Die Regelungen zur Bekämpfung der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in China verdichten sind. Dies stellt auch ausländische Firmen vor die zunehmende Herausforderung einer Anti-Korruption-Compliance.

In Juli dieses Jahres ist der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) in China wegen Bestechungsvorwürfen ins Visier der Behörde geraten. GSK steht unter Verdacht, zur Ankurbelung seiner Umsätze und zur Stützung von Preisen Regierungsvertretern, Medizinverbänden, Krankenhäusern und Ärzten Bestechungsgelder angeboten zu haben. Laut Angaben der chinesischen Polizei hat das Unternehmen über einen Zeitraum von sechs Jahren seit 2007 circa 370 Milo. Euro an insgesamt 700 Mittelsmänner vor allem bei Reisebüros und Beratungsfirmen überwiesen, um Schmiergeldzahlungen zu erleichtern. Der Finanzdirektor von GSK China darf China bis auf weiteres nicht verlassen, während vier chinesische Spitzenmanager schon verhaftet sind.

Die Strafbarkeit der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr findet ihre Rechtsgrundlage vor allem im chinesischen Strafgesetzbuch. Danach sind grundsätzlich acht Straftaten zu unterscheiden:
  • Bestechlichkeit eines Angestellten eines geschäftlichen Betriebes (§ 163 Strafgesetzbuch);
  • Bestechung gegenüber einem Angestellten eines geschäftlichen Betriebes (§ 164 Strafgesetzbuch);
  • Bestechlichkeit eines Angestellten eines staatlichen Organs (§ 385 Strafgesetzbuch);
  • Bestechlichkeit eines staatlichen Organs (§ 387 Strafgesetzbuch);
  • Bestechung gegenüber einem Angestellten eines staatlichen Organs (§ 389 Strafgesetzbuch);
  • Bestechung gegenüber einem staatlichen Organ (§ 391 Strafgesetzbuch);
  • Vermittlung zur Bestechung (§ 392 Strafgesetzbuch);
  • Bestechung durch ein staatliches Organ (§ 393 Strafgesetzbuch).
Entsprechend drohen Angestellten Freiheits- und eventuell auch Geldstrafen, während Unternehmen neben einem Bußgeld in der Regel auch mit der Bestrafung der geschäftsführenden Personen mit Freiheits- und Geldstrafe rechnen müssen.
Der Begriff „geschäftlicher Betrieb“ ist grundsätzlich weit auszulegen und beinhaltet sowohl dauerhaft betriebene Wirtschaftsorganisationen als auch nur vorübergehend zusammengesetzte Einrichtungen für Tätigkeiten im Wirtschaftsleben, etwa ein Komitee für eine Sportveranstaltung oder eine Arbeitsgruppe für die Vorbereitung einer Theaterinszenierung.
Zur Unterscheidung zwischen straffreiem Geschenk und strafbarer geschäftlicher Bestechung sind unter anderem der Hintergrund des Vermögensaustauschs, der Wert des ausgetauschten Vermögensgegenstandes, der eventuell entstandene Vorteil oder die Unrechtsvereinbarung und nicht zuletzt die unlautere Bevorzugung als Folge zu berücksichtigen. Für die Ermittlung und Strafverfolgung gegenüber Amtsträgern und staatlichen Organen ist die Staatsanwaltschaft zuständig, während die Polizei gegenüber geschäftlichen Betrieben und deren Angestellten zuständig ist.
Über das Strafrecht hinaus sind die Regelungen zur Bekämpfung der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr auch in anderen Gesetzen und Verordnungen für einzelne Branchen zu finden, so etwa in dem chinesischen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Danach sind verborgene Preisnachlässe, die ohne ordnungsgemäße buchhalterische Erfassung einem geschäftlichen Betrieb oder dessen Angestellten gewährt werden, als Bestechung anzusehen. Die Annahme von verborgenen Preisnachlässen wird als Bestechlichkeit verfolgt. Die Sanktionen bei Zuwiderhandlungen, die die Schwelle der Strafbarkeit nicht erreichen, beinhalten Geldbußen und Beschlagnahme rechtswidriger Gewinne. Die zuständigen Aufsichtsbehörden sind das Staatsamt für Industrie und Handel (State Administration for Industry and Commerce) sowie dessen Niederlassungen auf Provinz und Stadtebenen.
In einzelnen Branchen, wie beispielsweise der Pharmaindustrie, der Lebensmittelbranche oder dem Bildungswesen (Hochschulen und Ausbildungseinrichtungen), gibt es noch zahlreiche weitere Vorschriften zur Bekämpfung der Bestechung. Insofern ist ein rechtlicher interdisziplinärer Ansatz notwendig. Neben dem UWG ist so das Gesetz zu Spenden an gemeinnützige Einrichtungen vom 28.06.1999 zu beachten, wobei die vom Gesundheitsministerium 2007 erlassene Verordnung zu sozialen Spenden und Zuwendungen an Gesundheitsanstalten noch viele einzelne Vorschriften vorsieht, die für die Unterscheidung zwischen rechtmäßiger Spende und rechtswidriger Bestechung bei Krankenhäusern von Bedeutung sind.
Die Verdichtung der Regelungen zur Bekämpfung der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in China stellt sowohl inländische als auch ausländische Unternehmen vor die zunehmende Herausforderung einer Anti-Korruption-Compliance.
Dr. Yiliang Dong, LL.M., China Desk Anwaltskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek, Hamburg
in Kooperation mit Global Law Office (Beijing, Shanghai, Shenzhen)
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