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Linearmotor lässt Schleifscheibe über Werkstücke fliegen

Flach- und Profilschleifmaschine Ecoline
Linearmotor lässt Schleifscheibe über Werkstücke fliegen

Ein Linearmotor steigert die Effizienz der Flach- und Profilschleifmaschinen-Baureihe Ecoline. Das neue Antriebskonzept sorgt nicht nur für hohe Verfahrgeschwindigkeiten und Beschleunigungen, es ist zudem präzise sowie wartungs- und umweltfreundlich.

Von unserem Redaktionsmitglied Haider Willrett

Den größten Vorteil bietet der Linearantrieb beim Kurzhubschleifen“, sagt Günter Gutberlet. Der Konstruktionsleiter beim Aschaffenburger Schleifmaschinen-Hersteller Aba GmbH nennt auch gleich den Grund dafür: „Bei kurzen Werkstücken ist der Anteil der Überläufe an der Schleifbewegung überproportional hoch.“ Mit seiner hohen Verfahrgeschwindigkeit und dem großen Beschleunigungsvermögen ermöglicht der Linearmotor kürzere Überlaufzeiten und -wege. Verglichen mit einer herkömmlich angetriebenen Maschine lassen sich 100 mm lange Werkstücke dadurch drei- bis viermal schneller bearbeiten, weiß der Cheftechniker. Bei einem 2 m langen Bauteil soll der Zeitgewinn immerhin noch rund 20 % betragen.
Wie schnell der Maschinentisch auf Geschwindigkeit kommt, hängt neben Größe und Gewicht der Werkstücke auch von der Größe der Maschine ab. Während die kleineren Modelle bis zu 3,5 m/s2 erreichen, be-gnügen sich die Familienmitglieder mit größerem Schleifbereich mit Werten zwischen 2,2 und 2,5 m/s2; damit liegt ihre Leistungsfähigkeit jedoch noch immer weit über jener ihrer hydraulisch angetriebenen Geschwister. Die beschleunigen gerade mal mit 0,5 bis 1 m/s2.
Neben dem hohen Beschleunigungsvermögen zeichnet sich die linear angetriebene Variante der Flach- und Profilschleifmaschine Ecoline durch eine Verfahrgeschwindigkeit von bis zu 60 m/min aus. Für einen Kunden führten die Aba-Techniker Leistungsvergleiche zwischen den unterschiedlichen Antriebskon-zepten durch.
Kreisringe aus hochlegiertem Werkzeugstahl mit einem Außendurchmesser von 500 mm wurden hierfür mit derselben Schleifscheibe und definiertem Zerspanvolumen bearbeitet. Während die konventionell angetriebenen Maschinen Schleifzeiten zwischen 80 und 100 min benötigten, war die lineare Ecoline bereits nach 40 min fertig. „Der unterbrochene Schnitt und die dadurch ständig wechselnden Belastungen beim Kreisring stellen für uns Schleifer eine besondere Schwierigkeit dar“, beschreibt Gutberlet den Grund für die Wahl des Versuchsteils. „Trotzdem haben wir eine Ebenheit und eine Parallelität von unter zwei Mikrometer erreicht.“
Nebenbei stellten die Aschaffenburger Techniker fest, dass die hohen Tischgeschwindigkeiten einen wesentlich kühleren Schliff zur Folge haben. Allein die schnellere Tischbewegung – eine hydraulisch angetriebene Maschine erreicht maximal 35 m/s – soll ausreichen, um Schleifbrand zu verhindern. Der Grund: Weil sich die Wärmequelle, sprich Schleifscheibe, schneller über das Werkstück bewegt, ist nur ein relativ kleiner Bereich des Bauteils thermisch belastet. Damit verringern sich die Wärmespannungen im Material, und dies wiederum erlaubt kürzere Schlichtphasen. Die Aba-Entwickler errechneten, dass sich die Bearbeitungszeit – abhängig vom Werkstoff – beim Schlichten „um bis zu 40 Prozent reduzieren lässt“.
Hohe Geschwindigkeit des Arbeitstisches verhindert Schleifbrand
Erst vor rund zwei Jahren hatten die Aschaffenburger die Ecoline-Baureihe als vollständige Neukonstruktion vorgestellt. Sie gehört bereits zu den meistverkauften Baureihen des Unternehmens. Zwischen 150 und 200 Maschinen sollen inzwischen im Einsatz sein. Die Fertigung dieser kompakten und schweren Schleifmaschine erfolgt komplett im Werk in Aschaffenburg. Bereits bei der Entwicklung der mittels Kugelgewindetrieb angetriebenen Basisversion dachten die Konstrukteure an einen Linearantrieb. Sie legten die modular aufgebaute Maschine so aus, dass das neue Antriebskonzept schnell und einfach zu integrieren war. Die vier Ecksäulen der Konzeption gelten daher für die gesamte Familie: Die Ecoline sollte eine hohe Präzision bieten, einfach zu bedienen sein, kompakt bauen und einen attraktiven Preis haben. Auf der Stuttgarter Maschinenbau-Fachmesse AMB im vergangenen Herbst war es dann soweit: Aba zeigte die erste Ausführung mit Linearantrieb.
Das Problem, die vom Antrieb erzeugte Wärme effizient aus Motor und Maschine abzuleiten, lösten die Techniker mit Hilfe einer Flüssigkeitskühlung. Sie entkoppelt den Antrieb thermisch von der Maschinenkonstruktion und wirkt sich dadurch positiv auf das Wärmeverhalten und die thermische Stabilität aus.
Mit diesem Antriebskonzept reagierte Aba auf den ständig steigenden Wettbewerbsdruck, dem sich die Kunden des Unternehmens ausgesetzt sehen. Kleine Losgrößen, hohe Variantenvielfalt und geringe Stückkosten lauten Forderungen, denen sich Werkzeug- und Formenbauer ebenso stellen müssen wie Produktionsbetriebe.
In verschiedenen Ausbaustufen werden die Maschinen der Baureihe sowohl beim Flachschleifen in der Einzelteilfertigung, als auch beim Vollschnitt- und Tiefschleifen in der Serienfertigung eingesetzt. Den unterschiedlichen Anforderungen trägt der Maschinenbauer Rechnung, indem er zwei Steuerungskonzepte anbietet.
Im Werkzeug- und Formenbau, wo vor allem kleine Losgrößen zu bearbeiten sind, kommt meist die Abamatic 1 zum Einsatz. Ihre Bedienphilosophie sei einer Standardschleifmaschine nachempfunden, erläutert Günter Gutberlet. „Die Abläufe sind einem erfahrenen Schleifer daher vertraut, und wir können ihn innerhalb einer Stunde in die Bedienung einweisen.“ Neben der einfachen und übersichtlichen Handhabung bietet diese Steuerung vollautomatische Programmabläufe. Die grafikunterstützte Eingabe von Werkstückdaten ist ebenso möglich wie eine Teach-in-Programmierung oder die vollautomatische Kompensation von bis zu 99 Abrichtbeträgen. Auch im Automatikbetrieb kann der Bediener manuell zustellen oder die Schleifparameter ändern. Allerdings handelt es sich bei der Abamatic um eine reine Streckensteuerung. Kreisinterpolationen sind nicht möglich.
Will der Anwender komplizierte Profil- oder Bahnkurven bearbeiten oder CAD-Daten direkt als DXF-Files einlesen, so ist die Siemens-Steuerung Sinumerik 840 D die richtige Wahl. „Dabei handelt es sich um eine hochmoderne CNC-Steuerung. Sie lässt sich frei programmieren und bietet gleichzeitig – in Verbindung mit einem zusätzlichen Softwarepaket – einen weit reduzierten Bedienaufwand bei Standard-Schleifprozessen“, beschreibt Cheftechniker Gutberlet die Vorteile. Er ist überzeugt, dass auch Mitarbeiter ohne große Vorkenntnisse innerhalb von zwei oder drei Tagen mit der Sinumerik umgehen können. Das Programm für die Übernahme der CAD-Daten hat Ziersch + Baltrusch entwickelt, die Firmengruppe mit Hauptsitz in Reutlingen, zu der Aba seit 1984 gehört.
Soll die Maschine automatisiert werden, muss der Nutzer noch eine Schnittstelle für die Steuerung in Auftrag geben. „Wegen der Vielfalt der Möglichkeiten auf dem Gebiet haben wir diese nicht gleich integriert“, nennt Gutberlet den Grund. Grundsätzlich lasse sich die Ecoline mit allen heute üblichen Handlings-, Belade- oder Mess-Systemen kombinieren. Eine mannlose Schicht ist jedoch auch schon ohne zusätzliche Einrichtungen möglich. Werkstücke, deren Bearbeitung lange dauert, fertigt die Maschine über Nacht. Sobald der Auftrag abgeschlossen ist, schaltet sie sich automatisch ab.
Weil der Linearmotor den Maschinentisch direkt antreibt und verschleißbehaftete Bauteile von Hydraulik, Kugelgewindetrieb oder Zahnriemen entfallen, bietet das neue Konzept gegenüber der klassischen Technik eine höhere Prozess-Sicherheit. Dass Ölhaushalt und Schmiermittel sich erübrigen, wirkt sich nicht nur positiv Wartungs- und Umweltfreundlichkeit aus, sondern spart auch einen Teil der Mehrkosten für den Linearantrieb wieder ein. Angenehm für den Bediener ist auch, dass sich der Tisch über den gesamten Geschwindigkeitsbereich fast geräuschlos bewegt.
Dabei begrenzt nicht der Antrieb die Verfahrgeschwindigkeit der Maschine auf maximal 60 m/min. Der wäre durchaus im Stande, den Tisch mit bis zu 200 m/min zu bewegen. „Das Problem sind die Sicherheitseinrichtungen, die Anschläge und Dämpfer, die den Tisch abbremsen müssen, wenn es zu einem Defekt kommt“, beschreibt Aba-Cheftechniker Gutberlet die Ursache. Und Thomas Schneider, Geschäftsführer der Schneider Präzisionsschleiferei GmbH in Bibertal, ergänzt: „Derzeit sind kaum Schleifscheiben verfügbar, die diese Geschwindigkeiten ohne weiteres aushalten.“ Um eine zu schnelle Abnutzung der Scheiben zu vermeiden, müsse in vielen Fällen die Zustellung reduziert werden, so dass ein Teil des Zeitgewinns wieder verloren gehe. Schneider ist einer der ersten Anwender einer linear angetriebenen Ecoline. Er betrachtet die Maschine als Investition in die Zukunft: „Sie bietet Möglichkeiten, die wir noch nicht voll nutzen. Aber durch diese Technik sind wir auf neue Marktanforderungen vorbereitet und können flexibel reagieren.“
Für eine linear angetriebene Ecoline 606 mit einem Schleifbereich von 600 mm x 600 mm muss ein Interessent in der Grundversion rund 170 000 DM investieren. Die große 2007 schlägt mit etwa 310 000 DM zu Buche. Ihr Schleifbereich misst 2000 mm x 800 mm.
Flach- und Profilschleifmaschine Aba Ecoline 1206
Maschine
Aufstellfläche
(L x B x H) mm 4350 x 3400 x 2570
Gewicht mit Schaltschrank kg 7500
Tischhöhe über Flur mm 920
Tischgeschwindigkeit m/min 2 – 60
Schleiflänge mm 1250
Tischbewegung (max.) mm 1450
Aufspannfläche mm 1720 x 500
Magnetgröße mm 1250 x 500
Magnethöhe mm 90
Tischbelastung (zusätz-lich zur Magnetplatte) kg 1500
Schleifbreite
mit 60 mm breiter Scheibe: 660 mm
mit 100 mm breiter Scheibe: 700 mm
Schleifscheibe
Abmessungen mm 400 x 60 x 127
alternativ mm 400 x 100 x 127
Aufnahme (Konus) 1:10
Schleifbereich
Von 600 mm x 600 mm (Ecoline 606) bis 2000 mm x 800 mm (Ecoline 2007). Die Maschine wird in zehn verschiedenen Größen angeboten
Leistungsvergleich: Flach- und Profilschleifmaschine Ecoline mit hydraulischem, elektro-mechanischem und linearem Antrieb
Anwendung:
Schleifen eines Kreisrings aus hochlegiertem Werkzeugstahl, Außendurchmesser 500 mm
Bearbeitungszeit:
Ecoline Ecoline
mit konventionellen Antrieben mit linearem Direktantrieb
80 min 40 min
Die Ebenheit und die Parallelität lag bei allen drei Maschinen unter 2 mm
Die Bearbeitung erfolgte mit dergleichen Schleifscheibe und definiertem Zerspanvolumen
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