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Mit Hy-Power zur Null-Emission

Antriebe: Zulieferer vor dem Technologiesprung
Mit Hy-Power zur Null-Emission

Mit Hy-Power zur Null-Emission
Alles fließt: Energiefluss-Anzeige in einem Hybridfahrzeug (Lexus RX 400h), die weißen Pfeile zeigen Rückfluss/-gewinnung der Bremsenergie (Schiebebetrieb) Bild: Autor
Die Antriebe der Zukunft, wie Hybridtechnik oder Wasserstoff-Technologien, treiben nicht nur die Automobilhersteller zu einem technischen Wettbewerb. Auch die Zulieferindustrie muss sich an diesen Trends orientieren.

Strengere Umweltauflagen und weiter steigende Energiepreise beschleunigen die Entwicklung neuer Antriebe: Aktuell sind alternative Kraftstoffe (z. B. Erdgas), das „Tuning“ des klassischen Verbrennungsmotors (u. a. High-Tech-Diesel) oder der Mikrohybrid (u. a. Stop&Start-System). Mittelfristig wird die Vollhybrid-Technik in ihren verschiedenen Varianten für eine Übergangzeit das Feld beherrschen. Danach aber soll der Wasserstoff im Wasserstoffmotor, vor allem aber in der Brennstoffzelle als umweltfreundlichste Technologie mit dem größten Zukunftspotential die Automobile antreiben.

Auf diese Entwicklungstrends haben sich zahlreiche OEMs und Zulieferer längst eingestellt und durch Eigenentwicklungen wichtige Vorleistungen erbracht. Dazu Dr.-Ing. Bernd Bohr, Leiter des Bereichs Kraftfahrzeugtechnik der Bosch-Gruppe: „… weniger Abgasemissionen, vor allem auf diese Ansprüche müssen wir technische Antworten finden – und bezahlbare Lösungen auch für Low Price Vehicles in den Schwellenländern.“ Bosch globalisiert und vernetzt seine Innovationen; so können komplette Technologiepakete für den Klimaschutz entstehen. „Ziel ist es, das Auto künftig kohlendioxidfrei zu machen – ein langer Weg über die Brückentechnik Hybridantrieb bis zur Brennstoffzellen-Technologie mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff“, betont Bohr.
In der Tat sollten Zulieferer, die heute Komponenten für Verbrennungsmotoren fertigen, auf der Hut sein, den Einstieg nicht zu verpassen: Die Brennstoffzelle wird einen einschneidenden Technologiewechsel erzeugen. Umsätze mit klassischen Komponenten müssen dann ersetzt werden. Zulieferer wie die Stuttgarter Mahle Group sind darüber nicht beunruhigt, aber auch nicht untätig; dort verfolgt man die Entwicklung sehr genau (vergleiche Heft 2006/23, Brennstoffzelle: Zwischen Aufbruch und Abwinken).
Eine dieser Entwicklungen ist die Hybridtechnik als Kombination zweier unterschiedlicher technischer Strategien, hier die Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor als Antrieb eines Fahrzeugs. Dabei versteht man unter Voll-Hybrid die Varianten paralleler und leistungsverzweigter Hybridantriebe, die auch rein elektrisch fahren können. Am parallelen System arbeiten Honda und eine Allianz von VW, Audi und Porsche. Das Konzept der Leistungsverzweigung wird derzeit von Toyota/Lexus (hier bereits serienmäßig) und einer Allianz von General Motors/Daimler-Chrysler/BMW vorangetrieben.
In einer Untersuchung des Instituts für Kolbenmaschinen an der Uni Karlsruhe (Prof. Dr.-Ing. U. Spicher) schneidet der leistungsverzweigte Voll-Hybrid beim Thema Kraftstoffeinsparung in den Kriterien Leerlauf/Stop, Energierückgewinnung, Verbrauchsregelung und Gesamteffizienz mit »Excellent« als bester ab.
Von einem Mikro- und Mild-Hybrid spricht man, wenn das Fahrzeug über eine Treibstoff sparende Start-Stopp-Funktion beziehungsweise eine Booster-Funktion verfügt, das heißt über einen E-Motor/Generator, der das Fahrzeug zwar nicht allein bewegen kann, durch die zusätzliche Energie und Bremsenergie-Rückgewinnung aber den Verbrauch senkt.
Nicht unerwähnt bleiben soll der serielle Hybrid, bei dem die Energiewandler ohne mechanische Anbindung des Verbrennungsmotors an die Antriebsräder „hintereinander“ geschaltet sind: Der Verbrennungsmotor treibt einen Generator an, der seinerseits den elektrischen Fahrantrieb sowie üblicherweise eine Batterie mit Energie versorgt.
Inzwischen sind die deutschen Automobilhersteller dabei, den japanischen Hybrid-Vorsprung aufzuholen: BMW Group und Daimler-Chrysler AG entwickeln als gleichberechtigte Partner ein innovatives Hybridmodul für heckgetriebene PKWs des Premium-Segments. Und die Global Hybrid Cooperation von General Motors, Daimler-Chrysler und BMW arbeitet in einem Entwicklungszentrum in USA mit Ingenieuren und Spezialisten aus allen drei Unternehmen an der Entwicklung des Gesamtsystems und der einzelnen Komponenten. Auch Volkswagen denkt alternativ: Künftig wollen die Wolfsburger alle Verbrennungsmotoren um elektrische Komponenten erweitern: Möglich sind Bremsenergie-Rückgewinnung, ein Vollhybrid-Antrieb (2008 im Touareg) oder ein Parallelhybrid mit TSI-Benziner und E-Motor von ZF Sachs. VW-Chef Martin Winterkorn hat zudem angekündigt, auch Polo und Golf mit Hybridantrieb auszustatten.
Dank seiner Verbrauchsvorteile könnte insbesondere der Diesel-Hybrid mittelfristig das Rennen machen, wenn er nicht durch “Hochrüsten“ inzwischen zu teuer geworden wäre. Experten meinen jedoch, er könne in Verbindung mit dem Hybridantrieb in mancherlei Hinsicht „gedownsized“ und damit kostengünstiger gefertigt werden können. Die Automobilentwickler sind sich aber auch darin einig, die beschriebenen Hybridantriebe als Brücken-Technologie zu betrachten. Darüber, dass Wasserstoff und Brennstoffzelle die künftigen Energielieferanten sind, herrscht weitgehend Konsens.
Eine der wenigen Firmen, die in ihrem Konzept für die Zukunft nicht auf Brennstoffzellen sondern auf wasserstoffbetriebene Verbrennungsmotoren setzen ist BMW. Dies setzt allerdings eine bereits in den Anfängen funktionierende Wasserstoffwirtschaft voraus – von der regenerativen Erzeugung bis zur Betankungsanlage: In Berlin kann an der 2006 errichteten öffentlichen Tankstelle erstmalig in Europa auch gasförmiger und flüssiger Wasserstoff an der eigens installierten Zapfsäule getankt werden. BMW und Total wollen bis Ende 2007 drei Wasserstoff-Tankstellen in Europa eröffnen. Dipl.-Ing. Wolfgang Strobl, Leiter Forschung Energiesysteme bei BMW: „Das erste Wasserstoffauto in Kundenhand sehen wir im nächsten Jahrzehnt. Natürlich ist es auch dann noch ein weiter Weg bis zu einem breiten Einsatz dieser Zukunftstechnologie.“
Dennoch liegt es nahe, das Prinzip der Brennstoffzelle zur Gewinnung elektrischer Energie auch als Antrieb für das Automobil zu nutzen, sprich den chemischen Energiegehalt des Wasserstoff ohne den Umweg über eine Wärme-Kraftmaschine direkt in elektrische Energie zu verwandeln. In der Tat arbeiten fast alle Automobilhersteller an Brennstoffzellen-Antrieben; sie emittieren ausschließlich reinen Wasserdampf. Der im Fahrzeug für Verbrennungsmotor und Brennstoffzelle benötigte Wasserstoff wird dabei in Tanks gespeichert: Am weitesten verbreitet ist die Druckgaswasserstoff-Speicherung. Die Flüssigwasserstoff-Speicherung ist volumenbezogen die günstigste, verlangt aber eine Temperatur von minus 253°C.
Serienreif, so ist aus allen Veröffentlichungen zu lesen, werden Fahrzeuge mit der Antriebsalternative Brennstoffzelle vermutlich erst im zweiten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts zu Verfügung stehen.
Nota bene: Eigentlich ist das Elektroauto das ideale Stadtfahrzeug für eine saubere urbane Umwelt – ohne Ausstoß von CO2, Ruß und anderen Schadstoffen, Da es aber immer noch unter geringer Reichweite und Geschwindigkeit leidet, ist es bisher im Grunde das Metier von kleinen Spezialherstellern geblieben. Sicherlich sind noch Jahrzehnte der Entwicklung nötig – und woher kommt der Strom für Millionen E-Autos?
Alternative Treibstoffe sind ein weiteres, wichtiges Thema. Sie sollen die Umwelt entlasten und Treibstoffkosten senken, tun dies aber nur teilweise. Erdgas ist ein umweltfreundliches Naturgas, das in komprimierter und verflüssigter Form als compressed natural gas (CNG) bereits an etwa 1000 Erdgastankstellen in Deutschland steuerbegünstigt zur Verfügung steht. Mit Erdgas werden nahezu alle relevanten Emissionen des Kraftfahrzeugs gesenkt. Die Treibstoffkosten auf 100 km betragen im Schnitt nur 55 bis 60 Prozent des benzingetriebenen Modells.
Kritischer betrachten Umweltexperten den Einsatz von Bio-Diesel und Ethanol. Beide sind pflanzliche, also erneuerbare Energieträger. Beim Verbrennen wird grundsätzlich nur so viel CO2 freigesetzt, wie die Pflanzen während des Wachstums gebunden haben. Doch ist die Gesamt-Umweltbilanz von Biosprit in der Kritik: Man befürchtet, dass wegen des hohen Flächenbedarfs beim Anbau der Erzeugerpflanzen in Europa umweltschädliche Monokulturen entstehen und in fernen Ländern riesige Waldflächen brandgerodet werden. Auch Lebensmittel-Verteuerungen werden dadurch wahrscheinlich.
Biotreibstoffe (SunFuel) der nächsten Generation können ein Ausweg aus dem Dilemma einer schlechten Umweltbilanz sein: Es werden Pflanzenreste, Grün- und Holzabfall (Lignocellulose-Ethanol) verwertet. Synthetische Treibstoffe (SynFuel) aus Erdgas oder Kohle könnten die Palette der Designer-Kraftststoffe ergänzen. SynFuel und SunFuel bilden eine ideale Ergänzung zu den erdölbasierten Kraftstoffen, da sie diesen unbegrenzt beigemischt werden können.
Auch ist der klassische Verbrennungsmotor noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt, was zum Beispiel aktuelle saubere High-Tech-Dieselmotoren zeigen: Turbolader, Ladeluftkühlung, Hochdruck-Einspritzsysteme, Abgas-Rückführung, Abgas-Nachbehandlung durch SCR-Kat (Selective Catalytic Reduction durch Harnstoff-Lösung AdBlue) zur Reduzierung der NOx-Emission und Rußpartikelfilter sorgen dafür, dass Dieselmotoren moderner Bauart heute praktisch rußfrei, schnell und dennoch äußerst sparsam, zuverlässig sowie vibrationsarm laufen. Doch steckt der Dieselmotor durch diese Hochrüstung mittlerweile in einer Kostenfalle. Ihm stehen hoch entwickelte Benzinmotoren u. a. mit Hochdruck-Piezoeinspritzung, variabler Steuerung beider Nockenwellen sowie variabler Ventilhub-Steuerung fast in nichts nach. Das gilt auch für doppelt aufgeladene Benzin-Motoren (TSI), das heißt Direkteinspritzung in Verbindung mit doppelter Aufladung ohne Turboloch – was sogar mit Erdgas klappt.
Achtgang-Automatikgetriebe sind eine weitere platz- und energiesparende Komponente. Dank der kompakten Bauweise können bei einem Vollhybridkonzept E-Motor, Kupplung, Torsionsdämpfer und Hydraulik in ein solches Getriebe integriert werden.
Klaus Diebold Fachjournalist in Nürnberg
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