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Mit Innovationen raus aus der Wachstumsdelle

Konjunktur: Maschinenbau Ost wartet auf Aufschwung
Mit Innovationen raus aus der Wachstumsdelle

Ostdeutsche Maschinen- und Anlagenbauer bleiben in der aktuellen Konjunkturflaute optimistisch. Der Zurückhaltung der Kunden begegnen sie mit neuen Produkten, Service und einem offensiven Vertrieb. Kleinere Unternehmen mit wenig Eigenkapital könnten aber in Schwierigkeiten kommen.

Stefan Schroeter ist Journalist in Leipzig

Zum Jahresanfang glaubte Rainer Strehle, den Aufschwung schon greifen zu können. Vor allem aus den USA kamen im Januar und Februar wieder mehr Aufträge für die Blechbearbeitungs-Maschinen und die Automatisierungstechnik der Trumpf Sachsen GmbH in Neukirch. Im März und April ließ der Auftragseingang dann aber wieder nach. „Das wird sich im Sommer auswirken“, weiß Geschäftsführer Strehle jetzt schon. „Wir haben Lieferfristen von drei bis vier Monaten.“
Im laufenden Geschäftsjahr, das bis Ende Juni dauert, rechnet Strehle schon mit einem etwas geringeren Umsatz als im – freilich sehr erfolgreichen – Vorjahr. Die aktuelle Flaute führt er darauf zurück, dass vor allem deutsche Kunden ihre Investitionsprojekte aufschieben und sich mehr Zeit für ihre Entscheidungen lassen.
Die ostdeutschen Maschinen- und Anlagenbauer haben in den vergangenen zwei Jahren von der allgemein guten konjunkturellen Situation profitiert. Die Unternehmen, die den harten Umstrukturierungs-Prozess seit Anfang der 90er Jahre überstanden hatten, konnten mit effizienten Strukturen, innovativen Produkten und verbessertem Vertrieb vor allem in der deutschen Automobilindustrie Fuß fassen und darüber hinaus international neue Märkte erobern.
Nachdem der Boom des Maschinenbaus wieder abebbte, gehen die Auftragseingänge bei den ostdeutschen Unternehmen schon seit einiger Zeit wieder zurück. „Es hat einen Einbruch gegeben“, berichtet Reinhard Pätz, Geschäftsführer des Verbands deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Sachsen-Thüringen. „Die Firmen zehren aber noch von den Auftragsbeständen. Die Kapazitäten sind zufriedenstellend ausgelastet. Deshalb sind wir auch zuversichtlich, dass die Betriebe diese Situation überstehen können.“
Bei der Starrag Heckert GmbH in Chemnitz erwartet man lediglich eine Wachstumsdelle. Das Unternehmen wollte nach einem Rekordjahr mit 75 Mio. Euro Umsatz eigentlich im laufenden Jahr noch einmal kräftig zulegen. „Wir müssen die Wachstumsaussichten für dieses Jahr etwas dämpfen“, berichtet Gerd Baumann, Vertriebsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung. „Aber den Umsatz von 2001 wollen wir auf jeden Fall wieder erreichen.“
Auch bei der Werkzeugmaschinenfabrik Vogtland GmbH in Plauen registriert Geschäftsführer Dr. Hans Ulrich Golz derzeit zwar eine „durchwachsene“ Situation beim Auftragseingang. „Ich bin aber grundsätzlich optimistisch“, so Golz. Die Automobilindustrie, für die Wema vorrangig Werkzeugmaschinen und Transferstraßen fertigt, investiert derzeit kaum noch in Kapazitäts-Erweiterungen. Besser sieht es schon bei Produktionsanlagen für neue Modelle aus. „Da ist Druck drauf“, berichtet der Wema-Geschäftsführer. „Dort sind bisher ebenfalls Investitionen verschoben worden, jetzt werden aber die zeitlichen Spielräume bis zur Produkteinführung enger.“
Trumpf Sachsen, Starrag Heckert und Wema gehören zu den ostdeutschen Maschinenbauern, die von starken Mutterunternehmen mit einem komfortablen Polster an Eigenkapital ausgestattet wurden und damit auch einmal schwierige Situationen überstehen können. Anders sieht es bei der Mehrzahl der ostdeutschen Unternehmen aus, die mit 35 bis 120 Mitarbeitern Umsätze zwischen 3 und 15 Mio. Euro erwirtschaften und mit ihrer Eigen-kapitalquote deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 31 % liegen. Ihre Lage könnte kritisch werden, wenn der Aufschwung ausbleibt. Dann müssen sie von der Substanz leben. Hinzu kommt, dass die kleinen und mittleren Unternehmen wesentlich schlechter an Bankkredite herankommen, die sie zur Vorfinanzierung von Aufträgen, Forschung und Entwicklung sowie die Einführung neuer Produkte benötigen.
Bei vielen ostdeutschen Maschinenbauern zahlen sich derzeit die flexiblen Arbeitszeitmodelle aus, die die Arbeitsplätze der qualifizierten Mitarbeiter sichern: So werden bei der Wema die vollen Stundenkonten der knapp 390 Mitarbeiter durch kürzere Beschäftigungszeiten abgeschmolzen. Eine ähnlich flexible Lösung praktiziert Trumpf Sachsen mit seinen knapp 300 Mitarbeitern. „Das hat uns sehr geholfen“, so Strehle.
Zu kämpfen haben derzeit vor allem Zuliefer-Unternehmen der Automobil-Branche, wo der Kosten- und Leistungsdruck mit der aktuellen Krise weiter zugenommen hat. Besser stehen in der Regel die Unternehmen da, die ihre Maschinen selbst international vermarkten. „Die Finalproduzenten haben in den vergangenen Jahren mit innovativen Produkten neue Märkte erschlossen“, so VDMA-Geschäftsführer Pätz. „Sie können die geringe Inlands-Nachfrage mit guten Geschäften im Ausland ausgleichen.“
Auf der Metav sollen Neuigkeiten die Kunden locken
So macht Starrag Heckert derzeit gute Geschäfte in China, wo der dort übliche Fünf-Jahres-Plan für die Wirtschaft ins Laufen kommt. „China ist ein Lichtblick“, so Baumann. „Dort zahlen sich jetzt die Kontakte aus, die wir in den vergangenen Jahren aufgebaut haben.“
VDMA-Geschäftsführer Pätz beobachtet auch in den mittel- und osteuropäischen (MOE) Staaten wieder eine lebhaftere Nachfrage nach ostdeutschen Maschinen, die westdeutschen Produkten im technischen Standard nicht mehr nachstehen. Allerdings können die ostdeutschen Maschinen- und Anlagenbauer auf den Auslandsmärkten sicher noch zulegen: Ihre durchschnittliche Exportquote liegt mit 33 % bisher nur etwa halb so hoch wie in den alten Bundesländern. Allerdings sind in dieser Zahl nicht die Exporte enthalten, die auf ostdeutsche Tochter-Unternehmen westdeutscher Mutterhäuser entfallen.
Einige Unternehmen haben sich mit innovativen Maschinen inzwischen Alleinstellungs-Merkmale erarbeitet, die sie deutlich von der Konkurrenz abheben und auch für neuen Absatz-Schwung sorgen können. So will Trumpf Sachsen im Herbst eine neue Zweikopf-Laserschneidmaschine für große Bleche und verbesserte Automatisierungssysteme auf den Markt bringen. „Wir müssen mehr Kundennutzen organisieren“, gibt Geschäftsführer Strehle als Devise aus.
Starrag Heckert will die Investitionsbereitschaft der Kunden mit einem neuen fünfachsigen Bearbeitungszentrum fördern, das auf der Fachmesse Metav in Düsseldorf vorgestellt wird. Auch die vorhandenen Produkte werden in Chemnitz ständig weiterentwickelt. „Wir wollen mit unseren Maschinen weitere Rationalisierungsmöglichkeiten aufzeigen“, so Vertriebsleiter Baumann. „Wenn sie den Nutzen sehen, dann sind sie auch zu Investitionen bereit und zahlen angemessene Preise.“
Auch bei der Wema in Plauen nutzt man die ruhigeren Zeiten, um verstärkt an neuen Produkten zu arbeiten. „Im nächsten Jahr werden wir wieder etwas Neues auf einer Messe zeigen können“, kündigt Geschäftsführer Golz an.
Die enge Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten sorgt dafür, dass die Unternehmen technologisch an der Spitze bleiben. „Im ostdeutschen Maschinenbau gibt es eine hohe Forschungsintensität“, so Reinhard Pätz. „In Berlin, Chemnitz, Dresden und Zwickau sind wissenschaftlich-technische Kompetenzzentren entstanden. Und die Firmen haben es geschafft, sich dort anzudocken.“
So verdankt es Starrag Heckert der engen Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Einrichtungen der Region, dass man seit 1998 jedes Jahr eine neue Maschine präsentieren konnte: Am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz, an der TU Chemnitz und den Fachhochschulen in Mittweida und Zwickau gibt es ein reiches Know-how für die Branche.
Zu modernen Produkten gesellen sich neue Dienstleistungen attraktiv: After Sales, Teleservice und Ferndiagnostik sind laut Pätz inzwischen weit verbreitet. Starrag Heckert bietet beispielsweise auch Wartungsverträge mit regelmäßigen Durchsichten und vorbeugender Instandhaltung an.
Um nur keinen Auftrag zu verschenken, setzen die Unternehmen zudem verstärkt auf einen offensiven Vertrieb. „Wir suchen alle alten und potenziellen neuen Kunden vor Ort auf, damit wir genau wissen, ob etwas läuft“, berichtet Baumann. Gemeinsam mit der Muttergesellschaft, der StarragHeckert AG, Rorschacherberg, verfügen die Chemnitzer über ein weltweites Vertreternetz, das die wichtigen Industrieländer abdeckt.
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