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Neue Wege für ein besseres Miteinander

Supervision: Wie der klärende Blick von außen Probleme löst
Neue Wege für ein besseres Miteinander

Neue Wege für ein  besseres Miteinander
(Bild: IBM)
Coaching – der Begriff ist aus dem Sport und der Wirtschaft bekannt. Supervision dagegen erinnert vage an Therapie und wird oft in die Psycho-Ecke verbannt. Sehr zu Unrecht, ist sie doch ein wirksames Instrument, um berufliche Zusammenhänge, Rollenverständnis und eigenes Handeln zu klären. Supervisoren beraten und begleiten in Prozessen der Veränderung.

Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal

Die Kunden beschweren sich über zu lange Lieferfristen und schlechten Service. Darauf angesprochen, schieben sich zwei Abteilungen gegenseitig die Schuld für fehlerhafte Abläufe zu – die Stimmung bei den Mitarbeitern sinkt auf den Nullpunkt und alle internen Vermittlungsbemühungen scheitern.
„Das war der Anlass für das Unternehmen, mich als Supervisorin zu engagieren“, sagt Charlotte Jammeh. Die Inhaberin der Firma 91 Grad aus Hamburg berät international Firmen bei solchen und ähnlichen Problemen. Und dabei kann sie nicht nur auf viel Berufserfahrung aus ihrer umfangreichen Aus- und Weiterbildung zur Ergotherapeutin, Kulturwissenschaftlerin und Supervisorin zurückgreifen. Jammeh verfügt auch über Erfahrungen aus ihrer Tätigkeit in einer Unternehmensberatung und als Personralreferentin.
Solche und ähnliche Probleme wie die jenes Kunden kennt Charlotte Jammeh aus der Arbeit mit mittelständischen Firmen aus den unterschiedlichsten Bereichen – sie kommen immer wieder vor. Wie auch die Gratwanderung, wenn das Management einen anderen Kurs vorgibt, mit dem sich Mitarbeiter nicht identifizieren wollen und können. Know-how-Träger zu verlieren, kann sich keine Firma leisten – wie aber alle Ansprüche unter einen Hut bringen? „Solche Veränderungsprozesse in Organisationen sind ein klassischer Anlass für Supervision“, sagt die Hamburger Beraterin. Dass Supervision allmählich zu einem ganz alltäglichen Mittel der Bewältigung von betrieblichen Problemen wird, davon ist Jammeh überzeugt. „In immer mehr Firmen übernehmen jüngere Chefs das Ruder, die mit größerer Selbstverständlichkeit ein Instrument wie Supervision einsetzen – für sich und für ihre Mitarbeiter.“
Was genau ist Supervision und wie unterscheidet sie sich vom schon eher bekannten Coaching? Supervision, das heißt im Ursprung nichts anderes als „über-sehen“, und als Supervisor wurde im Amerikanischen jemand betrachtet, der den Überblick hatte, und bestimmte Tätigkeiten „über-sah“, also beaufsichtigte. Supervisor war oft ein Synonym für einen Abteilungsleiter oder Vorgesetzten im mittleren Management.
Supervision wird zunehmend in Unternehmen eingesetzt, in denen sich nicht nur Prozesse und Organisationsstrukturen oft unter Druck ändern, sondern sich auch die Mitarbeiter immer wieder umstellen und anpassen müssen. Supervision hat, anders als das Coaching, immer mit beruflichen Zusammenhängen zu tun, dient der Rollenklärung und dem beruflichen Verständnis des Einzelnen oder eines Teams.
„Wer zu mir kommt, der fragt nicht nach Supervision oder Coaching, sondern will Hilfe bei seinen Problemen.“ Dr. Michael Mehlmann ist promovierter Ingenieur, Unternehmensberater und Supervisor. Und in seiner Beratungstätigkeit verbindet er alle drei, „je nachdem, wo der Schuh drückt und wo die Probleme liegen“. „Aber die Firmen interessiert nicht die Definition des Begriffs, sondern die konkrete Hilfe.“ Die ist oft bitter nötig, denn wenn Mehlmann gerufen wird, geht es oft um Krisenintervention, weil Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind.
„Navigieren beim Driften“ nennt er dann seine Beratungstätigkeit, die eben auch die Supervision umfasst. Ein Beispiel aus seiner Arbeit: „Entlassungen von Mitarbeitern oder das Zusammenlegen von Geschäftsbereichen wirbeln das Gesamtgefüge eines Unternehmens durcheinander“, hat Mehlmann häufig erfahren. Die Beschäftigten finden sich in neuen Rollen wieder, müssen sich mit neuen Aufgaben, einer veränderten Unternehmenspolitik, anderen Kollegen auseinandersetzen. Das sorgt für Angst und Verwirrung – oft auch für fehlende Motivation und höhere Krankheitsstände.
Die eigene Position im Unternehmen zu finden und zu bestimmen, auch das ist ein häufiger Anlass für Supervision. Zum Beispiel immer dann, wenn es um die Unternehmensnachfolge geht. Konflikte, gerade bei kleineren oder mitteleren Firmen, sind oft vorprogrammiert. Ein neuer Chef, ein neuer Führungsstil, das Alte gegen das Neue – so etwas sorgt für Auseinandersetzungen. „Bei allen Veränderungsprozessen geht es auch um emotionale Faktoren, nur dass dies häufig nicht thematisiert wird“, weiß Veronika Ossiander-Crefeld, Leiterin des AMO-Instituts in Bochum. Wenn der alte Chef nicht loslassen will und der neue nicht erwarten kann, die Führung zu übernehmen, knirscht es häufig im gesamten Unternehmensgetriebe. Und das wirkt sich wieder auf Leistung und Produktivität aus. „Zunächst ist es wichtig, die Arbeitsbeziehung zu klären und in welcher Rolle sich jeder der beiden Chefs sieht“, schildert Crefeld-Ossiander ihre Herangehensweise in einem solchen Fall. Wann, wie und wie oft die Supervisorin dabei mit den Kontrahenten einzeln oder gemeinsam redet, hängt immer vom Fall ab. Aber eines ist immer gewährleistet: die Vertraulichkeit.
„Supervision, das bedeutet, einem Außenstehenden zu vertrauen, der das Problem, aus einer anderen, distanzierteren Warte betrachtet“, macht sie klar. „Und dabei kann ein Perspektivwechsel schon einmal sehr nützlich sein.“ Was wäre, wenn der alte Chef in der Position seines Nachfolgers wäre und umgekehrt? Was würde der Neue anstelle desjenigen empfinden, der geht? Solche Denkmodelle schaffen die Voraussetzung für ein besseres Miteinander und reibungslosere Abläufe im Alltag. Nur eines können sie nicht: Patentlösungen vorgeben. „Supervision hilft nur dabei, die eigenen Wege besser zu finden und zu gehen – und damit ist sie ein gutes Mittel, um unternehmerische Schwierigkeiten besser in den Griff zu bekommen“, ist Veronika Ossiander-Crefeld überzeugt.
Die eigene Position im Unternehmen zu finden, ist oft Anlass für Supervision
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