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Ohne Druckluft keine Automatisierung

Drucklufttechnik: Energieeffizienz ist beherrschendes Thema
Ohne Druckluft keine Automatisierung

Wenn etwa 7 bis 10 % des industriellen Strombedarfs auf die Drucklufterzeugung entfallen, dann kann effiziente Technik die Kosten und den CO2-Ausstoß beeinflussen. Nicht nur der einzelne Kompressor, sondern das ganze System muss dafür auf den Prüfstand.

„Energieeffizienz war und ist das Trendthema im Bereich der Drucklufttechnik“, berichtet Volker Thomassen, Product Manager bei der Alup Kompressoren GmbH in Köngen (Halle 27, Stand C 33). Gerade angesichts der weltweiten Diskussion über die Folgen der Klimaschäden zeige sich, wie wichtig das Thema sei. „Rund sieben bis zehn Prozent des gesamten, industriell genutzten Strombedarfs entfallen auf die Drucklufterzeugung – allerdings nur in den hoch entwickelten Industrieländern. Bei einem geringeren technischen Entwicklungsstand liegt der Anteil mit Sicherheit höher.“

Zusammen mit den steigenden Energiepreisen lohne es sich deshalb, Energieeinsparpotenziale zu nutzen, so Thomassen weiter. „Innerhalb einer Druckluftstation können dies bis zu 40 Prozent sein.“ Die Nachfrage nach energiesparenden Kompressoren mit drehzahlgeregelten Antrieben sowie modernen, übergeordneten Steuerungssystemen werde deswegen anhalten. „Via Kommunikationstechnik lassen sich Druckluftstationen bereits weltweit mit Visualisierungs- und Telemonitoringsystemen überwachen.“
Eine optimal konfigurierte Druckluftversorgung trage sogar leicht zur Halbierung der Energiekosten bei, ergänzt Wolf Dietrich Meier-Scheuven, Geschäftsführender Gesellschafter der Bielefelder Boge Kompressoren Otto Boge GmbH & Co. KG (Halle 27, Stand F 46). „Etwa über die direkte Wärmerückgewinnung für Heizung und Brauchwasser, die zunehmend nachgefragt wird.“ Oder über die Frequenzregelung. Drehzahlgeregelte Antriebe ermöglichten es, konstanten Druck zu fahren und damit sinnlose Höherverdichtung zu vermeiden. „Diese zusätzliche Investition rechnet sich schnell, denn der dadurch reduzierte Energieverbrauch spart laufend Geld.“
Zudem verschöben sich die Marktanteile etablierter Verdichtersysteme untereinander, fährt der Boge-Chef fort. Es sei zu erkennen, dass Schrauben- die Kolbenkompressoren zunehmend verdrängten. Ebenso dränge der energetisch günstigere Turbokompressor ins angestammte Gebiet der großen Schraubenverdichter. „Bei der Produktion großer Mengen – zumal ölfreier – Druckluft geht die Rechnung immer dann gut auf, wenn Turbokompressoren für die Grundlast und komfortabel regelbare Schraubenkompressoren für die Spitzenlast miteinander in einer Gesamtlösung kombiniert werden.“
Dass generell nicht der einzelne Kompressor oder Trockner gefragt ist, bestätigt auch Reimund Scherff, Business Line Manager Oil-free Air bei der Essener Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik GmbH (Halle 27, Stand B 40). „Vielmehr zählt eine ganzheitliche Lösung. Nur einen drehzahlgeregelten Kompressor einzusetzen, reicht nicht aus, um ein Optimum an Energieeinsparung zu erzielen.“ Erst der Regelbereich eines Kompressors sowie das Regelkonzept mit einer intelligenten Steuerung sichere eine Energieeinsparung von bis zu 40 %.
Neben der Energieeffizienz gewinne aber auch die Betrachtung der Life-Cycle-Costs an Bedeutung, ergänzt Stephan Brand, Marketingleiter der Aerzener Maschinenfabrik GmbH in Aerzen (Halle 27 Stand F 42). „Die Betreiber von Kompressorstationen hatten früher oft sehr wenig Informationen über die tatsächlichen Kosten der Druckluftversorgung“, gibt Wolfgang Hartmann, Leiter Internationales Marketing bei der Coburger Kaeser Kompressoren GmbH (Halle 27, Stand C 26) zu bedenken. Das hätte zu einem guten Teil daran gelegen, dass die von den Kompressoren und weiteren Druckluft-Systemkomponenten verursachten Stromkosten nicht separat erfasst wurden, sondern in den Gesamtkosten aufgingen. „Kampagnen wie ‚Druckluft effizient’, aber auch die Basisarbeit, die Hersteller und Systemanbieter seit langem leisten, haben inzwischen den Fokus von den Investitions- auf die Gesamtbetriebskosten eines Druckluftsystems verschoben.“ Den Löwenanteil von bis zu 80 % beanspruchten dabei die Aufwendungen für Energie.
Die Integration moderner Kompressoren- und Informationstechnik mache Druckluftsysteme nicht nur energieeffizienter, sondern auch zuverlässiger, so Hartmann weiter. „PC-basiert kann der Anwender das Geschehen in der Druckluftstation auf jedem PC über einen Internet-Browser nachvollziehen und überwachen.“ Solche Systeme ließen sich zudem dank vielfältiger Schnittstellen in Gebäude- und Produktionsleittechniksysteme einbinden.
„Erwartet und zunehmend garantiert wird eine hohe Verfügbarkeit der Druckluft“, führt Wolf Dietrich Meier-Scheuven von Boge weiter aus. „Die Kombination von umfassender Dokumentation und vorbeugender Instandhaltung mündet in ein aktives Servicemanagement.“ Optimierte Redundanz in der Anlagenkonfiguration und organisierte Schnelligkeit im Rahmen eines Full-Service ermöglichten einen reibungslosen Betrieb. In diesem Rahmen werde die Gesamtverantwortung für die Druckluftanlage mehr und mehr an die Hersteller weitergegeben. „Der Kunde zahlt nur, was er braucht – möglich macht dies ein flexibles, übersichtliches Baukastensystem aus Grundgerätetypen, das sich je nach Bedarf komplettieren lässt.“
Die Sicherheit beginne bereits bei der Planung einer Anlage, gibt Reimund Scherff von Atlas Copco zu bedenken. „Hierzu ist Know-how der beratenden Ingenieure gefordert, die Ihre Entscheidungen aus einem Airscan ableiten, welcher die betriebliche Situation mittels eines Airaudits genau erfasst.“ Die Druckluftversorgung spiele in vielen Betrieben eine wichtige Rolle, sie sei eine Voraussetzung für die fortschreitende Automation. „Deshalb steht die Betriebssicherheit der Druckluftversorgung im Vordergrund aller Maßnahmen.“
Spannend sei es auch zu sehen, wie sich immer wieder neue Anwendungsbereiche für Druckluft ergäben, so Boge-Chef Meier-Scheuven. „Da, wo neue Technologien entstehen, wird die Drucklufttechnik gefordert und gebraucht. Etwa im Bereich der PET-Behälter- und Flaschenproduktion.“ Glasflaschen verlören zunehmend an Bedeutung, und die moderne Blasformtechnik verlange mit Hochdruck viel Hochdruckluft. „Flexible Anlagenlagenlayouts stellen hier ölfreie Druckluft bis zu einem Druck von 40 bar zur Verfügung.“ Das Thema ölfreie Druckluft spielt überhaupt eine wichtige Rolle. „Ölfrei verdichtende Kompressoren, so genannte Trockenläufer, sind bei allen Verdichtertypen auf dem Vormarsch“, weiß der Boge-Chef. Die Bedarfsfälle für direkt ölfrei produzierte Druckluft würden immer zahlreicher. „Und: Deutlich reduzierte Betriebskosten sprechen für sich.“
„Dauerhaft gesicherte Druckluftqualität lässt sich aber auch erreichen, wenn zunächst ölbelastete Druckluft aufbereitet und anschließend sicher kontrolliert wird“, ergänzt Andreas Teichmann, Geschäftsführer der gerade neu gegründeten Neußer Beko Instruments GmbH (Halle 27, Stand F 38). Dabei gehe es nicht nur um Öl, sondern auch um Feuchtigkeit, Partikel und weitere Gasbestandteile. „Wir können heute bereits in einem Rutsch Ölgehalt und Feuchtigkeit permanent überwachen.“ So lässt sich neben dem Sättigungsgrad von Aktivkohlefiltern auch ein Filterdurchbruch erkennen. „Und zwar bevor das ganze Leitungssystem verseucht und eine komplette Produktionscharge unbrauchbar geworden ist“, so Teichmann weiter. Gegenüber der Vorgehensweise, hin und wieder Stichproben zu entnehmen und diese im Labor zu analysieren, sei das ein ganz entscheidender Vorteil. „Denn der Anwender kann so produzieren statt reparieren.“
Neben dem Kriterium der Ölfreiheit ist auch die Druckluft-Trocknung ein entscheidender Faktor für die Prozess- und Betriebssicherheit. Auch dabei gehe es wieder vermehrt darum, energetische Aspekte zu berücksichtigen, erläutert Herbert Blauscheck, Geschäftsführer der Hildener Everair Technologies GmbH (bei Beko, Halle 27, Stand F 38). „Insbesondere spielen hier Lösungen, bei denen für die Regeneration die vorhandene Kompressionswärme genutzt wird sowie Kombinationslösungen aus Adsorptions- und Kältetrockner, eine wichtige Rolle. Die Kombination besonders dann, wenn die Anforderungen an den Drucktaupunkt nicht prozess- sondern witterungsbedingt sind.“
Michael Corban Fachjournalist in Nufringen
Ganzheitliche Lösungen für Druckluft sind gefragt

Nachfrage bleibt hinter Erwartungen zurück

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Druckluft-Contracting spiele bislang nicht die erwartete Rolle, berichtet Volker Thomassen, Product Manager bei Alup Kompressoren. „Leider haben sich, zumindest in Deutschland, die positiven Prognosen der letzten Jahre nicht vollständig realisieren lassen.“ Das Thema sei zwar weiterhin präsent, habe aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine stark steigende Tendenz. Eine Einschätzung, die auch Stephan Brand, Marketingleiter der Aerzener Maschinenfabrik, teilt. „Contracting-Lösungen werden nach wie vor heiß diskutiert, die tatsächlichen Bedarfe halten sich aber in Grenzen.“ Nichtsdestotrotz habe sich aber auch die Aerzener Maschinenfabrik auf mögliche Nachfragen eingestellt. „Auch beim Druckluft-Contracting hat sich die ganzheitliche System- und Servicephilosophie als hilfreich erwiesen“, ergänzt Wolfgang Hartmann, Leiter Internationales Marketing bei Kaeser Kompressoren. Dies komme der Nachfrage zugute. Grundsätzlich Neues gebe es hier aber nicht.

Prinzipbedingt sauber
Alup stellt die wassereingespritzten Schraubenkompressoren Lento in Hannover aus, die drehzahlgeregelt nicht nur Energie sparen, sondern auch ölfreie Druckluft der höchsten Reinheitsstufe gemäß ISO 8573-1 erzeugen. Und Boge erweitert das Segment ölfreier Verdichter in immer kleinere Antriebsbereiche. Im 45-kW-Bereich sind dies ebenfalls ölfreie Schraubenkompressoren, für noch kleinere Bedarfe der K-Kolbenkompressor. Dank seines Antriebs – Hubkolben mit Schubstangenprinzip, rotierend wie ein Schraubenkompressor – soll er laut Boge absolut ölfreie Druckluft erzeugen.
Bei Atlas Copco ist erstmals der Drehzahnkompressor ZT 55 VSD FF zu sehen, der ebenfalls ölfreie Druckluft erzeugt. Das Verdichtungselement stelle in Kombination mit einem drehzahlgeregelten Antrieb das Optimum an Energieeinsparung dar, so die Essener. Der Kompressor könne zudem als reiner Drucklufterzeuger geliefert werden oder direkt mit einem integrierten Trockner, so dass die erzeugte Druckluft unmittelbar dem Verbraucher zugeführt werde – ohne dass ein zusätzlicher Druckabfall durch Aufbereitungskomponenten entstehe.

Globalisierung
Stark steigende Energiepreise in Europa, insbesondere in Deutschland, können sich nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken. Doch zwei Maßnahmen bieten sich an. Wer Druckluft energieeffizienter erzeugt, kann bis zu 40 % der Energie einsparen und so im Geschäft bleiben. Lässt sich zusätzlich die Verfügbarkeit der Druckluft sichern, kann höher automatisiert werden. So bleibt man global wettbewerbsfähig.
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