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„Optimierung der Prozesse bietet das größte Potenzial“

Dr. Timo Würz, stellvertretender VDW-Geschäftsführer, über die Energieeffizienz von Werkzeugmaschinen
„Optimierung der Prozesse bietet das größte Potenzial“

Was der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) mit seiner kürzlich vorgestellten Energieeffizienz-Kampagne ‚Blue Competence‘ vor hat, erläutert Dr. Timo Würz. Der stellvertretende Geschäftsführer des Frankfurter Verbands leitet auch den Bereich Forschung und Technik.

Herr Dr. Würz, kürzlich hat der VDW die Kampagne ‚Blue Competence‘ vorgestellt. Welche Ziele verbindet der Verband damit?

Es gibt drei grundsätzliche Ziele: Zum einen wollen wir die Werkzeugmaschinen-Branche in diesem Themenfeld positionieren. Und zwar nicht nur gegenüber dem Markt, den Mitbewerbern, den Zulieferern und der Öffentlichkeit. Wir wollen auch mit Blick auf rechtliche Rahmenbedingungen durch die EU proaktiv handeln. Der zweite Aspekt ist der Dialog mit Kunden und Zulieferern, denn nur gemeinsam können wir die Effizienz der Prozesse verbessern. Und schließlich soll die Initiative zu einer Dachmarke werden, die alle relevanten Kompetenzen bündelt. Solange viele Einrichtungen noch unabhängig voneinander arbeiten, werden wir nie das bestmögliche Ergebnis erreichen. Blue Competence ist deshalb eine langfristige, auf Nachhaltigkeit angelegte Initiative. Das Thema Energieeffizienz wird von der Agenda nicht mehr verschwinden.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der Kampagne?
Zunächst werden wir weiter auf Messen auftreten, um das Thema publik zu machen. Nach der Premiere der Kampagne anlässlich der EMO wird es auf der Metav in Düsseldorf ein Blue Competence Symposium und einen Gemeinschaftsstand geben, an dem sich sowohl Maschinenhersteller als auch Zulieferer beteiligen. Darüber hinaus wollen wir unsere Aktivitäten und die unserer Mitglieder mit den relevanten Forschungseinrichtungen verzahnen. Wichtig ist uns auch, über den VDMA breitere Kreise des Maschinen- und Anlagenbaus früh einzubinden.
Wo sehen Sie die deutschen Maschinenbauer in Sachen Energieeffizienz im Vergleich zum internationalen Wettbewerb?
Im Werkzeugmaschinenbau sind die Betriebe technologisch gut positioniert. Viele Maßnahmen, die bei manchem asiatischen Anbieter erst nach und nach einfließen, sind bei uns längst Stand der Technik. Dennoch gibt´s auch in Deutschland noch einiges Verbesserungspotenzial. Stichworte sind hier unter anderem energieeffiziente Antriebe, clevere Steuerungskonzepte, die nicht benötigte Systeme abschalten oder konsequenter Leichtbau für bewegte Massen.
Geht es nur um die Energieeffizienz der Maschinen oder auch um den Prozess?
Wir müssen den gesamten Prozess betrachten. Selbst eine gute Maschine bringt unterm Strich nur bedingte Ergebnisse, wenn der Prozess beim Anwender nicht stimmt.
Also betrachten Sie den kompletten Lebenszyklus, von der Herstellung der Maschine bis zur Entsorgung?
Vom Grundsatz her ja. Wir beschäftigen uns jedoch schon lange mit dem Thema, und unsere Untersuchungen zeigen, dass die Nutzungsphase das ökologische Profil einer Maschine weitgehend bestimmt. Damit hängt das Ergebnis stark von den Einsatzbedingungen der Maschine ab.
In welchen Bereichen sehen Sie noch das größte Optimierungspotenzial?
Das größte Einsparpotenzial liegt klar auf Seiten der Prozessgestaltung und damit beim Anwender. Maschinenseitig sind vor allem im Bereich der Peripheriesysteme, etwa beim Kühlschmierstoffaggregat, der Späneentsorgung, der Automation oder beim Energiemanagement noch Verbesserungen zu erwarten. Kernelemente wie Achsantriebe, sind bereits hoch entwickelt.
Wie groß schätzen Sie das noch mögliche Einsparpotenzial ein?
Durch die Abhängigkeit von der Prozessführung beim Anwender lässt sich das insgesamt nur sehr schwer abschätzen. Der Energieanteil an den Lebenszykluskosten eines Produktionssystems kann von unter fünf bis über 20 Prozent reichen. Eine aktuelle Roland-Berger-Studie für den Maschinenbau hat gezeigt, dass Produktionseinrichtungen in den letzten zehn Jahren um zehn bis 20 Prozent energieeffizienter geworden sind. Für die kommende Dekade erwarten wir noch ein Optimierungspotenzial, das knapp unter zehn Prozent liegen dürfte.
Welche Bedeutung messen Sie der Energieeffizienz als Verkaufsargument bei?
Die entscheidenden Kriterien, nach denen ein Fertigungssystem beurteilt wird, sind nach wie vor die Produktivität, die erzielbare Qualität und die Verfügbarkeit. Die Energieeffizienz wird aber zunehmend an Bedeutung gewinnen und die anderen Aspekte ergänzen. Ein gutes Maschinenkonzept sollte alle vier Aspekte berücksichtigen.
Sind Anwender bereit, für sparsamere Maschinen mehr zu investieren?
Natürlich wollen die Kunden am liebsten den vollen Leistungsumfang ohne Mehrpreis. Aber das geht nicht. Energieeffiziente Komponenten sind einfach teurer. Über den Lebenszyklus betrachtet sind sie jedoch deutlich wirtschaftlicher. Wir sind gerade dabei, Modelle zu erarbeiten, mit denen sich das darstellen lässt. Die ersten Ansätze stehen, sie müssen aber noch ausgearbeitet werden. Ich gehe davon aus, dass wir in zwei Jahren einen guten Schritt weiter sind.
Um den Nutzen konkret beziffern zu können, müssten die Energiekosten der einzelnen Verbraucher beim Kunden transparent sein…
…das ist in der Tat ein Problem. Größtenteils wird noch immer nur der Gesamtverbrauch erfasst. Welche Energiekosten einzelne Produktionseinheiten verursachen, bleibt im Dunkeln. Um das zu ermitteln, müssen die Anwender die Voraussetzungen schaffen. Langsam setzt sich dieses Bewusstsein durch, denn die Bedeutung effizienter Maschinen und Prozesse wird mit den Energiepreisen steigen. In diesem Zusammenhang sollten auch die Amortisationszeiten überdacht und langfristiger angelegt werden.
Wie soll die Energieeffizienz von Maschinen gemessen und bewertet werden?
Unsere Mitglieder haben einen Katalog erarbeitet. Das ist derzeit allerdings noch eher eine Sammlung möglicher Maßnahmen. Um vernünftige Ergebnisse zu erzielen, müssen wir jedoch den Nutzen der einzelnen Maßnahmen kennen und bewerten können. Dafür gilt es jetzt die Grundlagen zu schaffen – auch auf politischer Ebene. Das ist ein sehr aufwändiger Prozess, der unbedingt international laufen muss. Nur so können wir gewährleisten, dass hinterher nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Deshalb haben wir auf ISO-Ebene eine Arbeitsgruppe eingerichtet, deren Vorsitz der VDW übernommen hat. Die Arbeit im Normungsgremium geht jetzt los.

Blue Competence auf der Fertigungstechnikmesse Metav
Die deutschen Hersteller von Werkzeugmaschinen besetzen das Thema Energieeffizienz. Hintergrund ist zum einen die Entscheidung der EU- Kommission, im Rahmen der Richtlinie 2009/125/EG Werkzeugmaschinen auf die Liste der zu untersuchenden Produkte zu stellen. Zum anderen gilt es, das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen auch bei den Anwendern zu entwickeln und gemeinsam den Stand der Fertigungstechnik stetig zu verbessern.
Zur Messe Metav, die vom 23. bis 27. Februar in Düsseldorf stattfindet, werden 15 Unternehmen des Werkzeugmaschinenbaus im Rahmen der Kampagne „Blue Competence“ Lösungen vorstellen, um die Energieeffizienz von Werkzeugmaschinen zu verbessern. „Dass deutsche Anbieter hier in der ersten Liga spielen und sogar viel besser sind als ihr Wettbewerb, wollen wir auf dem Gemeinschaftsstand zeigen“, sagt Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer beim Messe-Organisator VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken). Die beteiligten Aussteller werden sowohl Einzelaspekte auf Komponentenebene als auch energieeffiziente Prozess- und Verfahrensentwicklungen sowie Maschinenkonzepte vorstellen. Sie zeigen, dass ihre Kompetenz über die Aspekte Produktivität, Qualität und Zuverlässigkeit hinaus geht und auch zur Nachhaltigkeit in der Fertigungstechnik beiträgt.
Ergänzend zum Gemeinschaftsstand werden das Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW), Darmstadt, und der VDW am 24. Februar das Symposium „Energieeffiziente Werkzeugmaschine – Rahmenbedingungen und Lösungen für eine nachhaltige Fertigungstechnik“ veranstalten. Es beleuchtet die Anforderungen der Kunden an energieeffiziente Werkzeugmaschinen und zeigt beispielhafte Lösungen. hw
Weitere Informationen zum Symposium unter www.energieeffiziente-werkzeugmaschine.de

Marktchancen
Das Thema Energieeffizienz gewinnt auch bei Werkzeugmaschinen an Bedeutung. Zu den bisherigen Kriterien – Produktivität, Qualität und Verfügbarkeit – kommt als vierter Aspekt der sparsame Umgang mit Ressourcen. Wer hier gut aufgestellt ist, hat ein zusätzliches Verkaufsargument. Entscheidend ist jedoch nicht die Maschine allein, sondern der gesamte Prozess. Mit ihrem Know-how können Maschinenbauer sich selbst und ihren Kunden Potenziale erschließen.
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