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Prämie für den Werker, Know-how für den Chef

Ideenmanagement: Beitrag zum Unternehmenserfolg
Prämie für den Werker, Know-how für den Chef

Verkannte Erfolgsquelle: Ein gutes Vorschlagswesen im Betrieb ist gleichzeitig ein vorzügliches Führungsinstrument. Mit der nötigen Transparenz lässt sich der Wettbewerb unter den Mitarbeitern beleben.

„Wir verstehen unsere Tätigkeit für ein gut funktionierendes Ideenmanagement als wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg und damit auch zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitsplätze“, sagen Hermann Leidinger und Bernd Heisel. Beide leiten das Ideenmanagement der Drahtcord Saar GmbH in Merzig/Saar.

Auf der Basis einer Betriebsvereinbarung ist schon seit langer Zeit für die heute rund 250 Mitarbeiter des Stahlcordherstellers für Kfz-Reifen ein Vorschlagswesen eingerichtet worden. Das soll den Mitarbeitern die Gelegenheit geben, sich kreativ am Betriebsgeschehen zu beteiligen und damit die Effizienz der Firma zu stärken.
Inzwischen ermöglicht eine vor sechs Jahren erneuerte Betriebsvereinbarung wesentlich kürzere Bearbeitungszeiten als früher, und alljährlich beteiligt sich mehr als die Hälfte der Belegschaft an diesem Ideenmanagement. Daraus ergab sich in den vergangenen Jahren durchschnittlich jeweils ein Einsparungsertrag von etwa 60 000 Euro und für die Mitarbeiter ein Prämienaufkommen von rund 16 000 Euro.
Das heißt, die Prämie für eine errechenbare Einsparung liegt über 20 %. Dabei werden von den eingereichten Vorschlägen durchschnittlich 60 % angenommen. Wer eine nicht realisierbare Idee einbringt, erhält eine Anerkennungsprämie.
Vorschläge werden nur dann anonym bearbeitet, wenn es der Einreicher ausdrücklich wünscht. Der Gutachter kann dadurch unmittelbar mit dem Ideengeber Kontakt aufnehmen, und er ist es auch, der die Bewertung vornimmt.
Der Ablauf der Ideen-Organisation ist detailliert geregelt, es gibt sogar die Einrichtung eines so genannten Blitztipps. Dabei handelt es sich laut Leidinger in der Regel um nicht errechenbare Vorschläge, die kleinere Änderungen betreffen, deren Verbesserungswert nicht in Euro und Cent errechnet werden kann. Der Gutachter des jeweiligen Zuständigkeitsbereiches klärt, ob die Idee als Blitztipp oder normaler Verbesserungsvorschlag zu behandeln ist. Für den Bitztipp wird unmittelbar ein Realisierungsauftrag erteilt. Die Barauszahlung der Prämie übernimmt das Vorschlagsbüro.
Die Organisatoren halten es für besonders wichtig, dass in allen Drahtcord-Betrieben für das Ideenmanagement permanent geworben und auch mit Sonderaktionen wie Verlosungen von Sachgeschenken für eingereichte Vorschläge Aufmerksamkeit erzielt wird. Hermann Leidinger: „Drei bis vier Mal jährlich tagt ein Ausschuss, in dem mit dem Betriebsrat Vorschläge bewertet und Zahlungen angewiesen werden.“ Wie für die Verbesserung des Greifmechanismus an den Ziehsteinverarbeitungsmaschinen. Dieser Vorschlag ergab eine Jahreseinsparung von 33 000 Euro und brachte dem Ideengeber eine Prämie von 6300 Euro ein.
Trotzdem schwankt das Echo auf das Betriebliche Vorschlagswesen, das seit der Jahrtausendwende Ideenmanagement genannt wird, auch heute noch zwischen zwei Möglichkeiten: Den erheblichen betrieblichen Zusatzeinnahmen steht die Furcht der Verantwortlichen vor zu hohen Investitionskosten entgegen. Das ist ein historischer Irrtum, denn es ist lange her, dass die Gewerkschaften das Vorschlagswesen bekämpften und ihrerseits zum Teil exorbitante Prämiensätze forderten. Vor Jahrzehnten lagen zahlreiche Prämierungssätze aber auch noch unterhalb der 10-%-Grenze. Mittlerweile sind diese Vergütungen, zumindest bei großen Unternehmen, häufig über 30 % gestiegen und bei kleineren über 20 %.
Die Befürworter des Vorschlagswesens machen deshalb immer wieder auf die „verschenkte Chance für Millionengewinne“ aufmerksam, die die Missachtung der Vorschlagsorganisation bewirken kann. Vor allem aber verbirgt sich darin auch ein von seinen Kennern vielfältig und hoch gelobtes Führungsinstrument.
Auffallend erscheint, dass gegenwärtig in vielen Firmen ganz besonderer Wert darauf gelegt wird, zwischen Vorschlägen zu unterscheiden, die zur berufliche Aufgabe eines Ideeneinreichers gehören und jenen, die außerhalb der Aufgabenbereiche der Ideenfinder angesiedelt sind. Vorschläge aus dem Arbeitsumfeld werden demzufolge nicht prämiert – obwohl sie natürlich ungenutzt bleiben, wenn sie ein Entdecker verschweigt. Obendrein tritt dabei auch die japanische Kaizen-Systematik, die neue Arbeitsideen zur Aufgabe jeder Arbeitsgruppe umfunktioniert hat, einem individuellen und seit einiger Zeit sogar computergestützten Ideenmanagement manchmal auf die Füße. Bei dieser Gelegenheit wird im Gruppengespräch ebenfalls nach neuen Verbesserungsideen Ausschau gehalten, für die in der Regel keine Prämierung anfällt.
Die Zielsicherheit des Vorschlagswesens gilt auch für die 226 Mitarbeiter der Hoerbiger Antriebstechnik GmbH in Schongau in Bayern. Dort werden Antriebsstränge von Pkw, Nutzfahrzeugen, Motorrädern, Marinefahrzeugen und Hubstaplern optimiert.
Die Belegschaft des Produktbereiches Synchronprodukte und -systeme in Schongau hat im vergangenen Jahr 2123 Vorschläge eingereicht, von denen 1923 umgesetzt wurden. Die innovativen Ideen dieser Mitarbeiter bringen das Unternehmen nicht nur technologisch voran, sie erhöhen häufig auch die Effizienz, heißt es im Betrieb. Auf diese Weise sind im Jahr 2005 Einsparungen von über 100 000 Euro erzielt und Prämien in Höhe von 49 000 Euro ausgeschüttet worden.
Wichtig auch: Die Bearbeitungszeit für einen Vorschlag wird bei Hoerbiger mit etwa zweieinhalb Wochen kurz gehalten. Zur Zeit ist man dabei, den Ablauf des Ideenmanagements auf ein PC System umzustellen.
Das Erfolgsgeheimnis sind laufend aktualisierte Informationen, die die Ideenmanagerin an den Info-Tafeln im Betrieb aushängt. Damit wird der gesamte Vorschlags-Prozess von der Einreichung bis zu Besprechungsprotokollen dokumentiert. Eine Transparenz, die den Wettbewerb unter den Mitarbeitern belebt. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist das sogenannte Vorgesetztenmodell, in dessen Rahmen die Leiter einzelner Abteilungen ihre Mannschaft für das Vorschlagswesen sowohl trainieren als auch bewerten.
Ein besonders nützlich gewordener Vorschlag ergab sich durch eine Verpackungsoptimierung. Dabei ist Dämm-Material ein Faktor, der erhebliche Kosten verursacht. Um diese Kosten zu senken, wird jetzt in Absprache mit den Kunden das Verpackungsmaterial nicht mehr zugekauft, sondern mit Hilfe einer Zerknüllmaschine vor Ort hergestellt.
Robert Notz, Abteilungsleiter bei der Hoerbiger Antriebstechnik in Schongau, ist davon überzeugt, dass „nur durch die Etablierung des Ideenmanagements auf hohem Niveau die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts langfristig gesichert werden kann.“
Rosemarie Fiedler-Winter Journalistin in Hamburg
Transparenz belebt den Wettbewerb

Kosteneffizienz
Das betriebliche Vorschlagswesen trägt dazu bei, versteckte Ressourcen im Unternehmen aufzuspüren. Ein professionell organisiertes Ideenmanagement wirbt offensiv um die Vorschläge und macht den Wettbewerb unter den Mitarbeitern transparent.

Ideenmanagement – wem nützt es?
Die aktuellen Zahlen (2005) des Ideenmanagements in Deutschland nennt das Deutsche Institut für Betriebswirtschaft (dib) in Frankfurt/M.:
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