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Preisrunden gnadenlos wie noch nie

Automobilindustrie: Kleine ZUlieferer in der Klemme
Preisrunden gnadenlos wie noch nie

Die Atmosphäre zwischen Autobauern und Lieferanten ist so schlecht wie nie, besagt eine Studie. Der Druck auf Lieferanten nimmt dramatisch zu. Besonders die großen Systemlieferanten machen den Kleinen das Leben schwer.

Die Forderungen von Automobilherstellern an ihre Lieferanten nach laufenden Preissenkungen nehmen an Schärfe zu. Am kräftigsten drücken die großen Zulieferer ihrerseits die jeweils kleineren Lieferanten. Dieser wachsende Druck von oben nach unten beeinträchtigt das Klima zwischen Ein- und Verkäufer heute erheblich.

Das ist das Ergebnis einer Studie, in der 188 Fälle von Preisreduktionsrunden anonym ausgewertet wurden. Diese fanden zwischen deutschen und französische Autobauern und ihren Lieferanten 2006 statt. Die Dokumentation, die von der Stuttgarter Unternehmensberatung Hans-Andreas Fein und den US-Autoanalysten IRN, Grand Rapids/Michigan, entwickelt und seit 2002 zum dritten Mal durchgeführt wurde, offenbart ein noch nie gekanntes Hauen und Stechen zwischen den Teilebeziehern und -lieferanten in der europäischen Fahrzeugbranche. „Zwei Drittel der befragten Zulieferer meinen, die Gesprächsatmosphäre ist rüde bis vergiftet“, berichtet Autor Hans-Andreas Fein.
Fast jeder zweite Fall dokumentiert, dass die Einkäufer den Verkäufern bei Forderungen nach niedrigeren Preisen soviel wie keinen Verhandlungsspielraum mehr einräumen. Daher empfinden die Lieferanten etwa
  • jedes zehnte Gespräch mit den Konzernen als „diktatorisch“ oder „erpresserisch“,
  • jedes elfte verläuft „kalt, frostig, unverschämt“,
  • jedes sechste wird als „gereizt, aggressiv und angespannt“ bezeichnet.
Preisrunden, die „partnerschaftlich, konstruktiv“ (10 %), „freundlich, fair, kooperativ“ (8 %) verlaufen oder zumindest „in Ordnung gehen“ (8 %), sind deutlich in der Minderheit. Fein: „Diese erschreckende Bilanz über den Stil der Zusammenarbeit ist eine zweifelhafte Basis, um die Automobilbranche und deren Wertschöpfungskette in ihrer Leistungsfähigkeit und Innovationskraft nachhaltig weiterzuentwickeln.“
Auffallend seien die Unterschiede in der Mentalität zwischen Autobauern, welche von Familien gelenkt werden und reinen Publikumsgesellschaften. Einerseits erweisen sich BMW, Porsche und teilweise Peugeot in Preisverhandlungen als kooperativ und weit weniger fordernd. Dort hingegen, „wo nur noch die Börse regiert, geht es nur noch um Nachlassschlachten“, resümiert Fein. Im Durchschnitt forderten deutsche und französische Autobauer Reduktionen von 4,2 %. Die höchsten Nachlässe wollten Ford (minus 6,3 %), GM/Opel (minus 5,6), VW (minus 4,5), Audi (minus 4,3) sowie Renault (minus 4,0 %). Maßvoller dagegen sind BMW (minus 2,6 Prozent), PSA (minus 3,6) und Daimler-Chrysler (minus 3,7 %).
Am stärksten wollten Einkäufer der größten Zulieferer bei ihren kleineren Lieferanten zulangen: sie forderten im Durchschnitt 7,1 % Nachlass. Selbst Mehrjahres-Verträge – die beiden Seiten Kalkulationssicherheit geben sollten – seien heute kein Hindernis mehr, immer wieder Preise drücken zu wollen, sagt der Stuttgarter Unternehmensberater
Wer wie Ford oder Renault im Preiskrieg die mächtigsten Geschütze auffährt, erzielt am Ende nicht immer den erwünschten Erfolg. So musste sich Ford effektiv mit Nachlässen von 2,5 % und Renault mit 2,3 % begnügen. Im Schnitt lag das Zugeständnis der Lieferanten im Jahr 2006 bei minus 2,9 %. Damit erreichten die Einkäufer immerhin eine „Erfüllungsquote“ von 69 %, also deutlich mehr als die 38 % in der Studie von 2004. Die BMW-Einkäufer, die generell die geringsten Nachlässe wünschen, sahen ihre Preisforderungen zu 87 % mit der höchsten Quote erfüllt.
Auch die Analyse der in den Verhandlungen im einzelnen vorgebrachten Argumente belegt, wie hoffnungslos die Lage vieler Lieferanten ist. So wird ein Großteil ihrer Sachargumente – höhere Material-, Energie- oder Personalkosten etwa – oft einfach vom Tisch gewischt. Fein befürchtet, dass „die Zulieferer auch künftig mit der bitteren Realität leben müssen, dass der Druck auf die Preise in absehbarer Zeit kaum nachlassen wird“. Deshalb zeigt seine Untersuchung nach seiner Aussage auch Chancen auf, wie sich Zulieferer in diesem Ringen mit einer maßgeschneiderten Verhandlungsstrategie behaupten können. tv
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