Startseite » Allgemein »

Ran an die EU-Fördertöpfe

EU-Kommission will Forschungsbudget für KMU drastisch erhöhen
Ran an die EU-Fördertöpfe

Genug geredet von Innovationen. Die Frage ist doch, wie kleine Unternehmen sie umsetzen können. Das Steinbeis-Europa-Zentrum kennt die Antwort und nennt eine Reihe von Fördermöglichkeiten für KMU. Die EU will das Budget dafür kräftig aufstocken.

Von unserem Redaktionsmitglied Olaf Stauß olaf.stauss@konradin.de

In Zeiten leerer Kassen kommen gute Nachrichten aus Brüssel: Die EU-Kommission will die jährlich verfügbaren Forschungsgelder verdoppeln. Sie schlägt daher einen Etat von 72,7 Mrd. Euro in ihrem 7. Forschungsrahmenprogramm für die Jahre 2007 bis 2013 vor. Erhöht werden sollen insbesondere die Mittel für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), die im laufenden Programm ins Hintertreffen geraten sind. Um mehr KMU-spezifische Forschungsprojekte fördern zu können, will die EU-Kommission deren Budget von jährlich 107,5 Mio. auf 270 Mio. Euro aufstocken. Beschlossen wurde noch nichts. Prof. Norbert Höptner, Europabeauftragter des Wirtschaftsministers von Baden-Württemberg, zeigt sich jedoch zuversichtlich: „Die Chancen für kleinere und mittlere Unternehmen werden steigen, davon bin ich überzeugt.“
Höptner leitet das Steinbeis-Europa-Zentrum (SEZ). Mit seinen 20 Mitarbeitern in Stuttgart und Karlsruhe ist das SEZ eines von acht Innovation Relay Centres (IRC) in Deutschland, die Unternehmen auf dem Weg nach Europa begleiten. Die IRC helfen bei der sehr komplizierten Antragstellung für EU-Projekte, beim Suchen nach Partnern und beim Projektmanagement. Sie sind europaweit vernetzt. Höptners Anliegen: „Wir wollen die Industrie motivieren, an EU-Forschungsprojekten teilzunehmen. Das ist besonders für kleinere Unternehmen wichtig, die sich eigene Forschungsarbeit nicht leisten können.“ KMU, die einmal an einem EU-Projekt teilgenommen haben, bewerben sich meist wieder. Etwa so wie die Harms & Wende GmbH & Co. KG, die im September 2004 bereits das zweite Vorhaben zum Abschluss brachte.
Der Mittelständler mit 90 Mitarbeitern in Hamburg und einem Büro in Karlsruhe stellt Produkte rund um die Schweißtechnik her. Bei den aufeinander folgenden Projekten „Squaw“ und „Sioux“ ging es ihm darum, aus dem Spannungs- und Stromsignal eine differenzierte Qualitätsaussage über den Widerstands-Schweißprozess abzuleiten, so dass zerstörende Prüfungen weitgehend überflüssig werden. Für das Auswerten der Signale werden neuronale Netze eingesetzt. Der Erfolg scheint bereits gesichert: Demnächst soll eine neue Qualitätssicherungssoftware auf den Markt kommen, die auf den Projektergebnissen basiert. „Die Kunden drängen uns jetzt schon, diese Systeme zu implementieren“, berichtet Michael Peschl von Harms & Wende.
Der Vorschlag zu dem EU-Projekt kam von der FH Karlsruhe. Um die Arbeiten zu koordinieren, stellte das Hamburger Unternehmen den Karlsruher FH-Absolventen Peschl ein. Er arbeitete bei Antragstellung und Projektmanagement eng mit dem SEZ zusammen. „Ohne die Hilfe von Steinbeis hätten wir den Zuschlag der EU vielleicht gar nicht bekommen“, mutmaßt er. Als Projektpartner beteiligten sich Kunden von Harms & Wende in Österreich und Frankreich. Die F+E-Arbeiten übernahm die FH auf Kosten der EU. Für besonders wichtig hält Peschl bei solchen Projekten, dass sich die Partner gut ergänzen: „Die Interessen jedes Beteiligten müssen gewahrt bleiben, sonst geht es schief.“ Obwohl der Mittelständler sehr viel Eigenleistung erbringen musste, schreibt Peschl weiter Projektanträge.
Solche Projekte aus dem „Craft“-Programm der EU sind speziell auf KMU zugeschnitten und haben eine konkrete Produkt-Neuentwicklung zum Ziel. Neben Craft gibt es noch eine Reihe weiterer EU-Fördermaßnahmen, die sich aus Sicht des SEZ für KMU eignen. Dr. Petra Püchner, Leiterin des SEZ Stuttgart, hält es für möglich, KMU auch in größere EU-Projekte einzubinden: „Ein kleineres Unternehmen könnte die Rolle eines Pilotanwenders annehmen und sagen, was in der Praxis gebraucht wird.“ Große „Integrierte Projekte“ der EU kämen dafür in Frage oder sogar „Exzellenz-Netzwerke“, die Schlüsseltechnologien voran bringen sollen wie die Nano- und Mikrotechnik oder die Lebenswissenschaften.
Für eine gewisse Zeit könnten KMU auch einen ausländischen Forscher „ausleihen“, meint Püchner, wiederum finanziert von der EU. Und wenn KMU einer Branche einen gemeinsamen Forschungsbedarf formulieren, ließe sich beantragen, dass die EU die Kosten für einen Entwicklungsdienstleister übernimmt – etwa im Rahmen eines Craft-Projektes. Voraussetzung jeder EU-Maßnahme ist jedoch immer, dass die Unternehmen über ihren Bedarf und ihre Ziele sehr genau Bescheid wissen.
Auch beim Klären dieser Fragen kann das SEZ helfen. Ebenso wie andere IRC bietet es Online-Datenbanken zu Technologiebeobachtung und -transfer an. „Kleinere Unternehmen vernachlässigen es oft, die vorhandenen Technologien und ihre Anbieter zu beobachten“, bemängelt Dr. Püchner. Dieses Wissen sei aber wichtig. Denn es ermögliche Rückschlüsse, wie sich das Unternehmen weiterentwickeln könne und in welchen Bereichen eine Kooperation mit anderen ratsam sei.
Einen Schritt weiter geht das Angebot des SEZ, über Kooperationsbörsen systematisch nach potenziellen Geschäftspartnern zu suchen, etwa auf der Hannover Messe. Die Interessierten müssen dazu Suchprofile erstellen. Ziel einer solchen Suche könnte es sein, Lizenzverträge abzuschließen.
Die geschilderten Möglichkeiten machen deutlich, dass EU-Maßnahmen mehr bringen, als nur Geld zu beschaffen. „Selbst wenn ein Projekt nicht bewilligt wird, hat das Unternehmen einen Nutzen. Es bekommt ein Feedback, wo es im europäischen Wettbewerb steht“, sagt Prof. Höptner. „Deutschland als Aktionsradius reicht heute nicht mehr aus, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Höptner nennt das Beispiel einer Schreinerei im Schwarzwald, die mit speziell gestylten Küchenmöbeln eine Marktnische für sich entdeckt hat. Den nötigen Absatz erreicht sie aber nur, wenn sie ihre Küchenmöbel in ganz Europa vermarktet. Als Problem erwies sich, dass fast jedes Land eigene Vorschriften für die Lacke erlässt. Diese Hürde konnten die Schwarzwälder nur überwinden, indem sie sich auf die Suche nach einem Partner machten und ihn in einem europaweit agierenden holländischen Lackkonzern fanden. Höptner: „Mittel- und langfristig hat ein Unternehmen keine Überlebenschance, wenn es sich nicht durch Verbünde stärkt.“
Die richtigen Kontakte sind oft das A und O. Die Innovation Relay Centres pflegen daher intensiv ihre Firmen- und Technologienetzwerke. Dort präsent zu sein, könnte für manches Unternehmen ein erster, wichtiger Schritt auf dem Weg zur Innovation sein. IRC-Manager wie Dr. Uwe Birk vom nordrhein-westfälischen IRC (Zenit GmbH in Mülheim/Ruhr) leben geradezu in Netzwerken. Sie bahnen Querverbindungen auch mal ungefragt an. So hat Birk kürzlich „zwei Craft-Projekte verheiratet“, weil er bei den Teilnehmern auf Parallelen stieß.
Wer sich auf Forschungsprojekte mit EU-Partnern einlässt, kann neue Absatzmärkte gewinnen. Diesen Weg beschreitet die HSM GmbH & Co. im schwäbischen Neu-Kupfer. Mit knapp 70 Mitarbeitern produziert sie Forstmaschinen zum Fällen und Abtransportieren von Bäumen. Der Geschäftsführer Prinz Felix zu Hohenlohe-Waldenburg ist selbst Waldbesitzer und weiß, worauf es bei der Holzernte ankommt: „Für mitteleuropäische Wälder brauchen wir zum Teil ganz anderes Gerät als der Markt bietet.“ Schwere Maschinen schädigten die Böden mancher Laubwälder nachhaltig. Bestände wie die Sitka-Fichten im regenreichen Wales hingegen erforderten wesentlich stärkere Ernteköpfe als heute verfügbar. Um Abhilfe zu schaffen, initiierte zu Hohenlohe das Craft-Projekt Forst-Inno und stellte dazu ein Konsortium aus 15 europäischen Partnern zusammen: fünf europäische forstwirtschaftliche Institute, drei Entwicklungsdienstleister sowie sieben KMU aus Deutschland, Großbritannien, Rumänien und der Tschechischen Republik.
Auf Anraten eines Unternehmensberaters schaltete er das Steinbeis-Europa-Zentrum ein, „das bei der Antragstellung sehr geholfen hat“. Die EU fördert das Projekt mit etwas mehr als 1 Mio. Euro. „Innerhalb der zwei Jahre Laufzeit müssen wir sehr schnell sein“, sagt der HSM-Chef. Ziel ist es, bis zum Projektende einen gut funktionierenden Prototypen vorzustellen. HSM entwickelt ein besonders schmal gebautes Trägerfahrzeug, das zum Schutz der Böden ein verringertes Gewicht und größere Radaufstandsflächen aufweist. Andere KMU steuern einen neu konstruierten Erntekopf und die Seilwinde bei. GPS-Technik soll dafür sorgen, dass einmal benutzte Erntewege auch nach Jahren wiedergefunden werden können. Den geschäftlichen Nutzen ernten die Partner spätestens dann, wenn sie – wie in Craft vorgeschrieben – ein bis zwei Jahre nach Projektende ein neuartiges Erntefahrzeug auf den Markt bringen.
Netzwerke sind das A und O für Innovationen

Service für KMU
  • Craft-Projekt Europäisches Förderprogramm für KMU
  • Marie-Curie-Programm EU bezahlt die Arbeit eines ausländischen Forschers
  • Kollektivforschung EU-Projekte für große Unternehmensgruppierungen und Forschungsvereinigungen
  • Tech Alert Service für Marktbeobachtung und Technologietransfer
  • Newsletter-Service Fördermöglichkeiten und aktuelle Aufrufe
  • Kooperationsbörse IRC organisieren Suche nach Projekt- und Geschäftspartnern
www.irc-deutschland.de
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
6.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de