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Rapid-Tooling-Verfahren im direkten Vergleich

Studie der FH Mannheim gibt 3D Keltool beste Noten
Rapid-Tooling-Verfahren im direkten Vergleich

Eine Studie der FH Mannheim trennt beim Rapid Tooling die Spreu vom Weizen. Die Kurpfälzer untersuchten anhand von Gummiformteilen neue Technologien, die Serienbauteile schneller verfügbar machen sollen. Die Nase klar vorn hatte dabei 3D Keltool.

Prof. Klaus-Jürgen Peschges ist Leiter des Intituts für Konstruktionslehre/CAD Fachbereich Verfahrenstechnik sowie Sprecher des Arbeitskreises Rapid Product Development an der Fachhochschule Mannheim

Die Qualitätsmaßstäbe in der Produktionstechnologie für Produkt- und Werkzeugoberflächen sind in den letzten Jahren stark gestiegen. So lassen sich beim Drehen gemittelte Rauhtiefen im Bereich Rz = 1 µm oder beim Schleifen 0,1 µm erzielen. Diese Werte gehören zum Standard, an dem sich der Werkzeugbau in der Kunststoff- und Gummiindustrie orientiert.
Um die Spanne zwischen Idee und Serienreife zu verkürzen, wurde vor mehr als zehn Jahren eine neue Fertigungstechnologie entwickelt – das Rapid Prototyping und Rapid Tooling (RT). Als Vorreiter und Basistechnologie für fast alle dieser neuen Produktionstechniken hat sich die Stereolithographie (SL) etabliert. Die SL-Bauteile entsprechen in Genauigkeit und Oberflächengüte nahezu den Ergebnissen konventioneller Fertigung und erfüllen die Anforderungen, die an Präzisionswerkzeuge gestellt werden. Entsprechend gering ist der Nacharbeitsaufwand.
Mit entsprechender Software können aus den CAD-Daten und den daraus abgeleiteten STL-Files nach Einfügen von Formschrägen, Trennebenen und Angusskanälen SL-Tooling-Einsätze als Master erzeugt werden. Auch Schwundmaße und Wärmedehnung sind dabei zu berücksichtigen. Das 3D-Keltool-Verfahren von der 3D Systems GmbH, Darmstadt, macht sich nun die hohe Qualität von Oberfläche, Maßhaltigkeit und detailgetreuer Geometrie der SL-Teile zunutze: Die Modelle werden mit einem speziellen Silikon abgeformt und die so entstandene Form mit einem epoxidharzgebundenen Werkzeugstahl-Pulver-Gemisch gefüllt. Anschließend wird der Grünling im Ofen bei etwa 900 °C gebrannt und mit Bronze infiltriert.
Somit genügt ein Minimum an Nacharbeit, um metallische Werkzeugeinsätze herzustellen. 3D Keltool ist eine effiziente Lösung für die Herstellung von Einsätzen in Werkzeugstahlqualität – sowohl für Kleinserien von Kunststoff- und Gummiprodukten als auch für Großserien. In weniger als zwei Wochen entstehen Stahlwerkzeugeinsätze, die den Maß- und Oberflächengüten des konventionellen Werkzeugbaus entsprechen.
Neben den etablierten Rapid-Tooling-Technologien für Präzisionswerkzeuge haben sich Hochgeschwindigkeitsbearbeitungen wie High Speed Cutting (HSC) für Geometrien mit geringem und mittlerem Komplexitätsgrad durchgesetzt. Da bei diesem Verfahren vorwiegend in Aluminium gearbeitet wird, sind allerdings Grenzen durch Verschleiß, komplexe Hinterschnittgeometrien und komplexe Freiformflächen vorgezeichnet. Nachteil ist der notwendige Nachbearbeitungsaufwand, der den Zeitvorteil von HSC wieder verringert.
Ein weiteres Beispiel für eine in der Werkzeugherstellung häufig eingesetzte RT-Technik ist das Selective Laser Sintering (SLS). SLS wird nachfolgend verallgemeinert für direkte und indirekte Laser-Sinter-Verfahren verwendet. Das Verfahren erfordert einen hohen lokalen Temperatureintrag und im Vergleich zu 3D Keltool grobe Sinterpartikel. Der hohe Temperatureintrag führt beim umfangreichen Laser-Schichtaufbau zu Wärmeabfuhrproblemen oder Eigenspannungs- und Verzugserscheinungen, die sich nachteilig auf die Maßgenauigkeit auswirken. Größter Nachteil des Laser-Sinter-Prozesses ist die Partikelgröße: Werden Metallpulver mit Partikeln deutlich unter 50 µm verwendet, verdampfen diese teilweise während des Sinterprozesses durch den erforderlichen hohen Energieeintrag, verschmelzen unkontrolliert oder verschlechtern ihre Eigenschaften drastisch. Bei Pulvergrößen von 20-50 µm werden zudem geometrische Oberflächendefekte mit einer Mindesttiefe von etwa 10-25 µm auftreten. Die Beschaffenheit gesinterter Oberflächen gleicht deshalb oftmals erodierten Oberflächen, deren Struktur zwar substanziell besser ist, aber den Anforderungen von Präzisionswerkzeugeinsätzen ebenfalls nicht genügen.
SLS-Werkzeugeinsätze können bei genauer mikroskopischer Betrachtung zudem Materialrisse, Mikroschmelz- statt Sinterstrukturen und eruptive Materialanhäufungen aufweisen. Grund dafür ist der hohe, im Mikrobereich nur schwer steuerbare Energieeintrag durch den Laser, der zu Wärmespannungs- oder Curl-Effekten führen kann. Bei derartig zerklüfteten Oberflächenstrukturen finden Spritzgießmaterialien wie Kunststoff oder Kautschuk einen idealen mechanischen Haftgrund vor. Selbst einebnende Beschichtungstechnologien oder Infiltrationen lösen dieses Problem nicht, sondern verursachen in der Regel zusätzliche Haftungsprobleme.
Die Stereolithographie hingegen liefert qualitativ hochwertigere Oberflächen. Die darauf aufbauenden 3D-Keltool-Werkzeugeinsätze weisen ein entsprechend niedriges Rz-Niveau auf. Ohne großen Aufwand halten die SL-Teile durch Glättungsoperationen die bei Präzisionswerkzeugen geforderten Maßtoleranzen und Oberflächengüten von ±0,05mm und Rz = 1 µm. Fused Deposition Modeling (FDM) oder SLS gewährleisten dies selbst nach einem Mikro-Strahl-Finishing nicht.
In einer ausführlichen Vergleichsstudie hat die Fachhochschule Mannheim Rapid-Tooling-Technologien für Präzisionsgummiteile verglichen. Auf dem Prüfstand der Forscher standen vier generative Verfahren: 3D Keltool, Quick Solid Moulding (QSM), Direct Selective Metal Sintering Steel (SLS S) und SLS Bronze (SLS B).
Die bisherigen Ergebnisse dokumentieren die Vorteile der SL-basierenden Technologien 3D Keltool und QSM. Die Eigenschaftsprofile von Präzisionsgummiteilen, die aus Stahl- oder Bronze-SLS-Einsätzen hergestellt wurden, bestätigen im Gegenzug deren geringe Eignung – in der Gesamtbewertung erreichen sie lediglich 52 % beziehungsweise 34 % des Optimums von 100 % beim Ideal-RT-Einsatz.
Die Untersuchung berücksichtigt Qualitätskriterien wie Entformbarkeit, Produktqualität, Maßgenauigkeit, Temperierbarkeit und Verschmutzungsneigung, Oberflächenqualität sowie Haltbarkeit und Nachbearbeitungsaufwand der Einsätze. Lediglich 3D Keltool- und QSM-Einsätze erreichten in diesen Punkten zufriedenstellende Ergebnisse. Die Gesamtbewertung beträgt 82 % beziehungsweise 69 %.
Als technisch ausgereiftes Verfahren verspricht 3D Keltool eine Produktionslebensdauer ähnlich der herkömmlichen Werkzeugeinsätze. QSM weist dagegen noch immer Schwachstellen bei Maßgenauigkeit und Lebensdauer auf.
Ein Vergleich verschiedener RT-Technologien für Kunststoff- und Gummiformteile macht deutlich, dass bei geforderter Oberflächengüte, vorgegebenen Maß- und Formgenauigkeiten sowie antiadhäsiven Eigenschaften derzeit lediglich die SL-basierenden Technologien ohne Einschränkung geeignet sind.
Auf der Euromold stellten die DTM GmbH aus Hilden und die EOS GmbH, Planegg, je einen neuen Laser-Werkstoff vor. Im Laufe des Jahres wird es auch zu LaserForm St100 (DTM) und DirectSteel V-20 (EOS) Untersuchungen geben.
Industrieanzeiger
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