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Rechtzeitig vorsorgen auf nationaler Basis

Auswirkungen des Brexit auf Marken, Designs und Patente
Rechtzeitig vorsorgen auf nationaler Basis

Rechtzeitig vorsorgen auf nationaler Basis
Die Briten haben sich für den Austritt aus der EU entschieden. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten deutsche Unternehmen Marken und Designs rechtzeitig auf nationaler Basis in Großbritannien schützen lassen. Bild: Pixelbiss/Fotolia
Schutzrechte | Der Brexit wird sich auch auf die gemeinschaftsweiten gewerblichen Schutzrechte auswirken. Noch sind die rechtlichen Folgen nicht absehbar, doch einige Entwicklungen sind wahrscheinlich.

Dr. Markus MüllerPartner bei der Anwaltskanzlei Müller Fottner Steinecke in München

Die Bürger des Vereinigten Königreichs (GB) haben am 23. Juni 2016 über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union (EU) abgestimmt. Mit 51,9 % der abgegebenen Stimmen haben sich die Bürger für einen Austritt aus der EU entschieden. Sofern die britische Regierung den Austritt erklärt, scheidet der Staat binnen eines Zeitraums von voraussichtlich zwei Jahren aus der EU aus. Der Brexit genannte Austritt wird sich auch auf die gemeinschaftsweiten gewerblichen Schutzrechte auswirken. Die rechtlichen Folgen sind noch nicht absehbar, zumal sich durch das Verhalten Schottlands und den Ausgang einer neuerlichen Abstimmung über dessen Unabhängigkeit von GB weitere Unsicherheiten ergeben. In Bezug auf EU-Marken und EU-Designs scheinen aber schon jetzt folgende Entwicklungen wahrscheinlich:
Unionsmarken (Gemeinschaftsmarken)
Die Unionsmarke ist ein einheitliches Schutzrecht, das automatisch das gesamte Gebiet aller EU-Staaten umfasst. Dass einzelne Staatsgebiete vom Schutz ausgenommen sind, ist nicht vorgesehen. Ebenso wenig ist vorgesehen, dass die Unionsmarke in einem Land Gültigkeit hat, das nicht Mitglied der EU ist. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die EU und GB die Fragen „ob“ oder „wie“ Unionsmarken in GB ihren Schutz behalten sollen, im Wege von Verhandlungen zugunsten eines geordneten Ausscheidens klären werden. Dabei kommen folgende Regelungen in Betracht:
GB und die EU einigen sich darauf, dass bisherige und künftige Unionsmarken auch weiterhin in GB Geltung haben und dass auch Bürger und Unternehmen aus GB weiterhin berechtigt sind, Unionsmarken anzumelden. Diese Entwicklung erscheint eher unwahrscheinlich, da die künftige Ausgestaltung der Unionsmarke den Gesetzgebungsorganen der EU vorbehalten wäre und GB hierauf zumindest keinen unmittelbaren Einfluss mehr hätte. Die gesetzgeberischen Maßnahmen der EU würden sich aber in GB auswirken und das liefe auf einen teilweisen Souveränitätsverlust zu Lasten GBs hinaus.
GB und die EU einigen sich darauf, dass bisherige Unionsmarken in GB keine Wirksamkeit mehr haben und auch künftige Unionsmarken das Territorium GBs nicht mehr umfassen. Eine solche Regelung dürfte jedenfalls in Bezug auf den ersten Regelungspunkt (bisherige Unionsmarken haben keine Wirksamkeit mehr in GB) unwahrscheinlich sein, weil insoweit sowohl Markeninhaber der EU als auch GBs und auch in Drittstaaten (etwa USA) einen Teil ihres territorialen Schutzbereichs verlieren. Es ist zu erwarten, dass maßgebliche Kreise der Wirtschaft auf allen Seiten ihren Einfluss geltend machen würden, dass eine solche Regelung nicht getroffen wird. In Bezug auf den zweiten Regelungspunkt (künftige Unionsmarken haben keine Wirksamkeit mehr in GB) ist diese Lösung aber gut denkbar.
GB und die EU einigen sich darauf, dass aus den bisherigen Unionsmarken der „britische Teil“ abgespalten wird, also in eine nationale britische Marke umgewandelt wird. Das würde bedeuten, dass das britische Markenamt für den Unionsmarkeninhaber eine neue britische Marke einträgt, die mit der bisherigen Unionsmarke identisch ist und die denselben Zeitrang beansprucht. Das künftige Schicksal der abgespaltenen Marke (etwa Verlängerung der Marke, etwaige Löschungsverfahren) richtet sich dann nach britischem Recht. Für den Markeninhaber bestünde dann der ursprüngliche territoriale Schutzumfang fort. Nachteilig wäre für den Markeninhaber, dass ein Mehraufwand bei der Verwaltung des Markenportfolios besteht und die bisherige Unionsmarke und die neue abgespaltene britische Marke eine unterschiedliche Entwicklung nehmen können. Vorteil der Abspaltungslösung wäre, dass sie nahezu allen Interessen Rechnung tragen würde und rechtssystematisch gut einzuordnen wäre: Bereits jetzt kennt die Unionsmarkenverordnung die Möglichkeit der Umwandlung einer Unionsmarke in nationale Marken in den Mitgliedstaaten.
Designs (Gemeinschaftsgeschmacksmuster)
Mit Blick auf Designs ist zu beachten, dass das EU-Recht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster vorsieht wie auch nicht-eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die durch bestimmte Veröffentlichungshandlungen entstehen. Mit Blick auf eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster verhält sich die Situation ganz ähnlich zu den obigen Ausführungen zu den Unionsmarken. Einziger Unterschied dürfte sein, dass eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster lediglich eine maximale Schutzdauer von 25 Jahren haben, wohingegen Unionsmarken eine potenziell unbegrenzte Schutzdauer haben. Ein etwaiger Souveränitätsverlust GBs bei der Fortgeltung bereits bestehender EU-Rechte wäre also leichter hinzunehmen, da dieser nach einigen Jahren ohnehin endet. Dies gilt umso mehr für nicht-eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die nur eine Schutzdauer von drei Jahren haben.
Wer also auf der sicheren Seite sein möchte, sollte daran denken, Marken und Designs rechtzeitig auf nationaler Basis in Großbritannien schützen zu lassen.
Patente
Mit Blick auf die Inhaber und Anmelder Europäischer Patente (EP) hat der Austritt Großbritanniens keine Bedeutung. Das Europäische Patentamt ist keine EU-Behörde, sondern Teil des von der EU unabhängigen Europäischen Patentsystems. Das Europäische Patentamt erteilt keine gemeinschaftsweiten Schutzrechte, sondern lediglich ein „Bündel nationaler Patente“ und damit auch ein britisches Patent. Diese Patentorganisation wird GB nicht verlassen. Bedeutung gewinnt der Austritt aber für das künftige „Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung“, mit dessen Inkrafttreten bis 2017 zu rechnen war. Es ist nicht zu erwarten, dass GB das Übereinkommen ratifizieren wird. Voraussichtlich wird es zu umfangreichen Nachverhandlungen kommen, zumal vorgesehen war, dass das Gemeinsame Patentgericht eine Außenstelle in London hat. Fachkreise rechnen mit einer Verzögerung des Inkrafttretens von zumindest zwei Jahren, wobei mehr als ungewiss ist, ob GB am Ende Teil dieses Patentsystems sein wird.

PatenteAuf die Inhaber und Anmelder Europäischer Patente hat der Austritt Großbritanniens keine Bedeutung. Das Europäische Patentamt ist keine EU-Behörde. Bedeutung gewinnt der Austritt aber für das künftige „Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung“, mit dessen Inkrafttreten bis 2017 zu rechnen war.
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