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Reich mir mal den Schraubschlüssel, Kollege

Roboter müssen künftig einfach kommunizieren können
Reich mir mal den Schraubschlüssel, Kollege

Reich mir mal den Schraubschlüssel, Kollege
Assistenzsysteme und Serviceroboter bestimmen derzeit weitgehend die Grundlagenforschung in der Robotik. Preisverfall und technologischer Fortschritt eröffnen den Robotern auch Einsatzgebiete außerhalb der Industrie.

Von unserem Redaktionsmitglied Monika Corban

Hol schon mal einen Motorblock und leg die Kurbelwelle ein, Arnold.“ So könnte es sich in zehn Jahren anhören, wenn ein Werker am Fließband seinem autonomen Assistenten Anweisungen gibt. Nur, dass Arnold ein Roboter sein wird, falls die Entwicklung wie geplant klappt.
Als Prototyp existiert Arnold schon. Dies lässt es plausibel erscheinen, dass es die längst vorhergesagten Helfer tatsächlich bald geben wird. „Wahrscheinlich vergehen aber noch rund zehn Jahre, bis so ein System robust genug ist, um industriell eingesetzt werden zu können“, schätzt einer von Arnolds Schöpfern, Dr. Axel Steinhage vom Lehrstuhl für Neuroinformatik an der Ruhr-Uni Bochum. Neben den Bochumern arbeiten auch Forscher des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) an der Idee des Produktionsassistenten. Er soll ein einfaches, mechanisches Gerät sein, das Werkstücke anreichen, Teile suchen und positionieren oder sogar Teile einer Aufgabe allein erledigen kann. Anders als Industrieroboter, muss er diese Tätigkeiten nicht einmal sehr schnell und supergenau ausführen. Dipl.-Ing. Martin Hägele, Leiter der Abteilung Robotik am IPA, geht davon aus, dass „sich der Einsatz derartiger Systeme etwa an Montage- oder Handling-Arbeitsplätzen mit kleinen Serien oder sehr häufig wechselnden Losgrößen lohnen wird“.
Von den notwendigen technischen Voraussetzungen her ähneln diese Hilfsroboter stark den derzeit in Entwicklung stehenden Servicerobotern, wie sie für den Heim- und Pflegebereich, den Operationssaal oder die Brandbekämpfung in Frage kommen. Vor allem bei den Schlüsselfunktionen – der Mensch-Maschine-Interaktion, der Eingabetechnik und der Kinematik – gibt es jedoch noch Forschungsbedarf. „Die Kommunikation muss so einfach werden, dass auch Menschen, die keine Roboterexperten sind, damit umgehen können“, schildert Steinhage sein Ziel. Und für Hägele sähe der Idealfall so aus, dass „man ein derartiges System so instruieren könnte wie einen Menschen, der einem assistieren soll“. Doch noch sind die Forscher schon glücklich, wenn die Roboter auf Befehle wie „Greife“, „Stopp“, „Los“ oder die Eingabe von Befehlen per Display reagieren.
Arnold ist kein Einzelfall. Im Rahmen des Forschungsprojektes IQ2000 haben IPA-Wissenschaftler zwei Bibliotheken wiederverwendbarer Steuerungskomponenten für Serviceroboter angelegt. Sie sollen Entwicklungszeit und -kosten neuer Robotertypen reduzieren. Daraus hervorgegangen ist beispielsweise der mobile Heim- und Pflegeassistent Care-O-Bot, der älteren und hilfsbedürftigen
Menschen in ihren eigenen vier Wänden zur Hand gehen soll. Eine Idee, die von den potenziellen Anwendern in Deutschland allerdings noch sehr zurückhaltend aufgenommen würde, berichtet Hägele.
Dieselbe Basis wie dieser mobile Assistent haben die drei Begrüßungsroboter des Museums der Kommunikation in Berlin. Sogar den Sicherheitsaspekt lösten die IPA-Konstrukteure bei ihnen für den Tüv zufriedenstellend. Die sind bei allen Servicerobotern auf Grund der nötigen physischen Kontakte zum Menschen und der Benutzung desselben Arbeitsraumes problematisch. „Technisch höchst beeindruckend“ findet IPA-Roboterexperte Hägele auch den von Honda entwickelten humanoiden Gesellen P3. Vom Gerätekonzept her sei er jedoch sehr stark umstritten.
Prof. Dr. Thomas Christaller, Leiter des GMD-Instituts für Autonome Intelligente Systeme, Sankt Augustin, kritisiert an den heutigen Servicerobotern, dass sie eine extra Infrastruktur benötigen, um sich in einer fremden Umgebung zurecht zu finden. Sinnvoll und wirtschaftlich sei der Einsatz solcher Roboter jedoch nur, wenn nicht die Umwelt komplett an sie angepasst werden müsste: „Sie würden sicherlich nicht wollen, dass Ihre Kaffeetasse mit Strichcode versehen ist, ein ganz anderes Design hätte und Wände und Fußboden Ihrer Wohnung mit Informationstechnik für den Roboter gespickt wären“, schildert Christaller die Gründe, warum die Realisierung von Haushaltsrobotern bisher gescheitert ist.
Das soll Scorpion nicht nötig haben. Der achtbeinige Laufroboter, ein Gemeinschaftsprojekt von Forschern der GMD und der Northeastern University in Boston, soll in Kürze seine Fähigkeiten unter Beweis stellen, indem er 25 Meilen durch die Wüste geht. Ganz allein, ohne steuernde Eingriffe von außen. Er verkörpert den Ansatz der GMD-Grundlagenforscher, biomimetische Roboter zu bauen. Ihr Motto lautet: Bewegungen und Lernprinzipien aus der Natur übertragen. Bevor Scorpion das erste Mal angeschaltet wird, bekommt er Erfahrungsdaten aus Computersimulationen, um sich nicht bei den ersten Gehversuchen selbst zu zerstören. Darauf aufbauend, trainiert er dann mit Hilfe selbstlernender Algorithmen.
Welcher Ansatz letztendlich in den industriellen Alltag Einzug halten wird, ist noch unklar. Doch bald schon werden Roboter das ihnen bisher noch nachgesagte Intelligenzniveau von Bakterien übersprungen haben.
Internetadressen zur Robotik
– Forschungsprojekt Morpha: www.morpha.de
– Serviceroboter-Datenbank des Fraunhofer IPA: www.ipa.fhg.de/300/320/Servicezentrum/srbuch/sr.htm
– GMD-Projekte: ais.gmd.de
– Aktuelle Projekte des Roboter-Labors der Carnegie Mellon University, Pittsburgh/USA, dem Mekka der Robotik: www.ri.cmu.edu/project_lists/index.html
– DLR-Institut für Robotik: www.robotic.dlr.de
– Robotics Internet Resources Page: www-robotics.cs.umass.edu/robotics.html
– Nasa-Roboter-Seiten: robotics.jpl.nasa.gov
– UN/ECE Roboterstatistik: www.unece.org/stats/publ.e.htm
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