Startseite » Allgemein »

Rennsport: Härtetest für Leichtbau-Konstruktionen

Donkervoort D8 D180R besteht fast gänzlich aus Aluminium
Rennsport: Härtetest für Leichtbau-Konstruktionen

Lösungen aus dem Rennsport gelangen oft Jahre später zur industriellen Serienreife. Ein Beispiel dafür könnte der D8 D180R liefern: Karosserieplanken, Achsträger und Felgen sind aus Alu. WIG-Schweißen, Löten, Nieten und Kleben ersetzen das Punktschweißen.

Klaus Vollrath ist freier Fachjournalist in Herne

Als Audi sich entschied, mit den Modellen A 8 und später A 2 in die spritsparende Aluminiumtechnologie einzusteigen, bauten wir schon seit über zehn Jahren straßentaugliche Fahrzeuge aus Leichtmetall“, macht Michael Düchting klar, Geschäftsführer der Donkervoort Deutschland GmbH in Paderborn. Als weitgehend nur in Rennsportkreisen bekannter Hersteller fertigt der Niederländer Joop Donker-voort straßentaugliche Rennfahrzeuge, die trotz ihres niedrigen Preises auch viel teureren Wettbewerbern erfolgreich die Stirn bieten – von Lotus über Porsche bis Lamborghini. Die Rennversionen entwickelt Michael Düchting, selbst erfolgreicher Fahrer, in enger Zusammenarbeit mit dem holländischen Mutterwerk durch Aufrüsten der Basisversion, dem Modell D8. Neuestes „Kind“ dieser Partnerschaft ist die Version D8 180R.
„Während Geld bei der Formel 1 im Prinzip keine Rolle spielt, betreiben wir Low-Budget-Entwicklungen in einem Bereich, der noch sehr dicht am normalen Straßenfahrzeug liegt“, sagt Düchting. In der Formel 1 verwende man beispielsweise Motoren und Getriebe, die aus teils exotischen Materialien ausschließlich für Rennzwecke konstruiert werden. Der Donkervoort bezieht dagegen seine Kraft aus einem serienmäßigen, erst nachträglich modifizierten 1,8-Liter-Turbomotor von Audi und bringt die Power über ein Ford-Seriengetriebe auf die Straße. Weil dem Material im Rennbetrieb das Äußerste abverlangt wird, offenbaren sich Schwächen und Mängel viel schneller und eindeutiger als beim herkömmlichen Straßeneinsatz. Der Entwickler komme so viel schneller zu Ergebnissen – sozusagen im Zeitraffer, erklärt Düchting. Dementsprechend könne man auch den neuen Donkervoort ohne Übertreibung als multifunktionales Testlabor einstufen.
Zu den Neuerungen gehören ein Trockensumpf, bei dem sich der Ölvorrat in einem separaten Alu-Behälter statt in einer Ölwanne be-findet, sowie eine neue Edelstahl-Abgasanlage mit verbessertem Katalysator und ein stabileres Getriebe. Besonders viel verspricht sich Düchting diesmal von dem neuen Stoßdämpfer der Ferdinand Bilstein jr. GmbH + Co. KG, Ennepetal, bei dem Federweg sowie Vor- und Rücklaufdämpfung separat eingestellt werden können. Dies ermögliche ein vollständiges Setup des Fahrwerks. Selbst solche ausgefallenen Entwicklungen fänden über kurz oder lang in die Serie, meint der Automobiltechnik-Experte. Beispielsweise setze Daimler-Chrysler bei seiner S-Klasse einstellbare Dämpfersysteme ein, die ihre Charakteristik automatisch an die jeweiligen Straßenverhältnissen anpassen und so den Fahrkomfort verbessern.
„Unser entscheidendes Erfolgsgeheimnis liegt im konsequenten Leichtbau. Während beispielsweise ein Porsche Boxter S fast 1,4 Tonnen auf die Waage bringt, kommt unser D8 180R auf gerade mal 675 Kilogramm – und das mit vollem Tank“, weiß Michael Düchting zu berichten. Die Kombination mit einem starken Motor führt zu einem extrem niedrigen Leistungsgewicht von nur 2,8 kg/PS. Damit kann der kleine, flache Flitzer sowohl auf der Straße als auch auf der Rennstrecke eine Fahrdynamik vorlegen, gegen die kaum ein Wettbewerber ankommt. Um dieses Ziel zu erreichen, setzte Joop Donkervoort konsequent auf das Leichtmetall Aluminium und beschritt bei der Verbindungstechnik neue Wege.
Außen- wie Innenbeplankung der Karosserie bestehen komplett aus Alu, ebenso Armaturenbrett, Achsträger, Felgen, Tank und Kühler. Auf das sonst in der Karosseriefertigung übliche Punktschweißen verzichtet Donkervoort völlig. Stattdessen wird WIG-geschweißt, gelötet, genietet und auch geklebt. Klebeverbindungen verleihen dem Fahrzeug auf Grund des vollflächigen Verbunds außerordentliche Steifigkeit. „Neben der Einsparung von Gewicht schätzen wir die Korrosionsbeständigkeit und die einfache Verarbeitbarkeit von Aluminium“, sagt der Firmenchef. Alternativ getestete Kunststoffteile schieden dagegen nach einigen Versuchen aus, weil es Probleme mit der Befestigung gab. Übrigens sind sowohl Niet- als auch Klebetechniken inzwischen bis in die Fertigung von Serienfahrzeugen vorgedrungen. Besondere Meisterschaft, so Michael Düchting, habe man beim Aluminiumschweißen erworben. Diese Fügetechnik sei eine unabdingbare Voraussetzung dafür, um die komplexen, regelrecht maßgeschneiderten Tankanlagen und Kühler für Wasser und Ladeluft anfertigen zu können.
Insgesamt wurden beim D8 die Leichtbau-Hausaufgaben so gut erledigt, dass das Ergebnis zu ganz neuen, spezifischen Problemen führte. In den unteren Gängen empfiehlt sich ein sehr behutsamer Umgang mit dem Gaspedal, weil sonst unweigerlich die Räder durchdrehen. Auf Grund der geringen Fahrzeugmasse muss beim Renneinsatz das Körpergewicht des Fahrers für das Setup des Fahrwerks berücksichtigt werden. Und an den Reifen, die nur mit 1,1 bar aufgepumpt werden dürfen, tritt im normalen Straßenverkehr kaum Verschleiß auf. „Ich muss manchmal sogar Überzeugungsarbeit bei Kunden leisten, dass sie die Reifen mit noch fast vollständigem Profil austauschen, weil die Gummi-Mischung nach mehr als vier bis fünf Jahren an Elastizität und das Fahrzeug dadurch an Bodenhaftung verliert“, verrät Michael Düchting.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
Ausgabe
5.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de