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Roboter kantet rund um die Uhr

Umformen: Automatisiertes Blechbiegen bringt Wettbewerbsvorteile
Roboter kantet rund um die Uhr

Die Messe Euro-Blech machte es deutlich: Beim Blechbiegen kann der Anwender durch automatisiertes Teilehandling bislang ungenutzte Potenziale erschließen.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Bernhard Reichenbach – bernhard.reichenbach@konradin.de

Der Wunsch der Kunden nach höherer Produktivität bei reduziertem Einsatz von teurem Personal machte das automatisierte Blechbiegen zu einem Hauptthema der Messe Euro-Blech. Produktivitätsreserven lassen sich beim Biegen weniger im Prozess selbst, als vielmehr im Programmieren von Biegeteilen und dem Material-Handling ausschöpfen. Komfortable Software und intelligente Peripherie bieten neue Wege zu wirtschaftlicherer Fertigung. Je nach Aufgabenspektrum empfehlen sich Biegezellen oder – eine Automatisierungsstufe höher – Biegezentren.
– Biegezellen
Die von den Anschaffungskosten her günstigere Möglichkeit, um die Produktivität beim Biegen zu steigern und bedienerloses Arbeiten zu ermöglichen, sind Biegezellen. Deren Basis ist eine CNC-gesteuerte Gesenkbiegepresse sowie ein Roboter für das Teilehandling. Mit einer autarken oder in eine Linie integrierten Biegezelle plus Materialfluss-Peripherie kann hochproduktiv im Rund-um-die-Uhr- oder im Mehrschichtbetrieb gefertigt werden.
Das automatisierte Verfahren bietet gegenüber dem manuellen Blechhandling Vorteile: Das sichere Anlegen der Bauteile an den Hinteranschlägen, die Synchronisation von Presse und Roboter – der Roboter folgt dem Blech beim Kanten – und das Online-Tuning der Biegungen wirken sich positiv auf die Qualität aus.
Neben den Großen der Blechbearbeitung wie Trumpf oder Amada (siehe Industrieanzeiger, Heft 42) zeigten auch die etwas kleineren Hersteller innovative Biegezellen, die sich allerdings vom Integrationsgrad von Roboter und Presse her unterscheiden. Mittlerweile sind mehrere Lösungen auf dem Markt, bei denen Roboter und Presse ein geschlossenes System bilden: Sie besitzen beispielsweise eine gemeinsame Steuerung und Software und kommen ohne langwieriges Teachen des Roboters aus. Offline-Programmierung im Büro spart Zeit, da unproduktive Stillstandzeiten vermieden werden.
Zwei vom Aufgabenspektrum und Investitionsvolumen her unterschiedliche Biegezellen offeriert die Bystronic Laser AG, Niederönz/Schweiz. Die Bystronic-Tochter Hämmerle stellte in Hannover eine High-End-Lösung vor, „die im Endausbau vor allem für den bedienerlosen Mehrschichtbetrieb gedacht ist“, erklärt Richard Kölliker, Produkt-Manager Biegen. „Sie stellt eine produktive Alternative für Großserien im kleineren und mittelgroßen Teilespektrum dar.“ Bei dem gekapselten System bedient ein 6-Achsen-Knickarmroboter von Motoman eine mit hoher Präzision arbeitende Drei-Punkt-Gesenkbiegepresse, die sicherheitstechnisch auch für manuelle Bedienung ausgelegt ist.
Die jüngste Bystronic-Tochter Beyeler präsentierte eine komplett integrierte Anlage aus Presse und ABB-Roboter, die für den mittleren Leistungsbereich gedacht ist. Bei dieser Zelle, die auch kleinere Serien wirtschaftlich fertigen soll, sind die Seitenständer der Presse höher als üblich. Dies bietet den Vorteil, dass die Maschine vor Ort nicht auf spezielle Träger gestellt werden muss. Somit kann die Anlage schneller aufgebaut und in Betrieb genommen werden. Außerdem wurden die Seitenständer weiter nach vorne gezogen und damit die Stabilität verbessert. Die sich ergebende Verlagerung des Schwerpunkts soll die Sicherheit bei internen Transporten erhöhen. Die Pressensteuerung befindet sich zusammen mit der Robotersteuerung und der ABB-Simulations-Software Bendwizard 4 außerhalb der Zelle auf einem normalen PC. Die Software berechnet die Biegefolgen automatisch und übernimmt die Kollisionskontrolle für Roboter und Presse.
Auf Roboter- und Software-Komponenten von ABB greift auch die EHT Werkzeugmaschinen GmbH, Teningen, bei ihrer neuen Biegezelle Robopress zurück. Zu ihr gehört eine Gesenkbiegemaschine des Typs Multipress 50-15, ein 6-Achsen-Industrieroboter des Typs IRB 140T, ein Vakuum-Sauggreifersystem sowie die Software Bendwizard 4. „Zum Zuführen der Platinen und zum Ablegen oder Abführen der Fertigteile lassen sich Materialflusseinrichtungen einbinden“, merkt Geschäftsführer Detlef Ganz an. „Plug and bend“ heißt die Devise: „Die Anlagenteile sind anschlussfertig installiert und für die Systemintegration vorbereitet, so dass die Biegezelle sehr schnell in Betrieb genommen und produktiv genutzt werden kann“, betont der EHT-Chef. Das System sei vergleichsweise einfach zu programmieren. Durch die dynamischen Handling- und Biegeabläufe seien sehr kurze Taktzeiten möglich. „Dies wirkt sich bei Werkstücken mit wenigen und erst recht bei Teilen mit vielen Kantungen in deutlich reduzierten Durchlaufzeiten aus, die denen von Biegezentren kaum nachstehen“, so Detlef Ganz.
Zum Automatisieren des Teilehandlings bei Biegzellen offeriert die ABB Manufacturing & Consumer Industries GmbH, Friedberg, das vom Pressenfabrikat unabhängige Funktionspaket Flexbender. Das modulare System besteht aus einem Roboter der IRB-Reihe inklusive Steuerung sowie weiteren peripheren Einrichtungen für das sichere Handhaben von Blechen. Dazu gehören die integrierte Software Bendware, Blechzuführsystem, Doppelblechsensor, Zentrier- und Wendestation, Sicher-heitssystem und Palettierstation. Die Software Bendwizard ermöglicht eine umfangreiche Simulation und einfache Programmierung des gesamten Systems inklusive Presse offline am PC. Da das Funktionspaket auf standardisierten und geprüften Komponenten basiert, soll es sich schnell installieren lassen und sehr zuverlässig sein.
Einen etwas anderen Weg geht der Roboterhersteller Reis GmbH & Co., Obernburg, mit seinem vom Pressenfabrikat unabhängigen Funktionspaket für Biegezellen. Bei dem auf kleine bis mittlere Lose ausgelegten System verzichtet Reis bewusst auf die Option einer zeitaufwendigen Offline-Programmierung zugunsten des einfachen und schnellen Teachens der Roboter-Positionen und der automatischen Erstellung des Programms durch die Robotersteuerung Robotstar V-PCX. Das Teachen beschränkt sich im Wesentlichen auf die Start- und Endpunkte der einzelnen Arbeitsschritte. Dies soll bei einem Serienwechsel kurze Rüstzeiten ermöglichen, ohne den Einsatz von Fachpersonal für das Programmieren. Die von der Robotersteuerung generierte Makrofunktion steuert das synchrone Mitfahren und Halten des Bleches durch den Sauggreifer beim Biegen. Laut Hersteller sorgt sie für hohe Präzision beim Einlegen des Bleches und beim anschließenden Biegevorgang mit reproduzierbarer Qualität.
– Biegezentren
Die Salvagnini S.p.A., Sarego, präsentierte erstmals ihr Biegezentrum P4-2516 ABT, das gegenüber dem Vorgänger-Modell eine gesteigerte Leistungsfähigkeit bieten soll. Die Neuentwicklung ist für bis zu 2500 mm lange und 165 mm hohe Kantungen ab Losgröße 1 ausgelegt. Die maximale Blechdicke bei Stahl ist 3 mm, bei Edelstahl 2 mm. Versehen mit einem Be- und Entladeroboter, kann die Anlage vollautomatisch und somit bedienerlos arbeiten. Zu ihren Stärken sollen hohe Flexibilität in der Verwaltung der Produktionslose, Zuverlässigkeit und eine konstante Abkant-Präzision zählen. Basis hierfür ist das System ABT (Advanced Bending Technology). Nach Angaben des Herstellers minimiert es den Ausschuss und reduziert den Stromverbrauch um bis zu 60 %.
Stromverbrauch um bis zu 60 % reduziert
Mit dem Multibend-Center RAS 79.22 – 2, stellte die Sindelfinger RAS GmbH ihre nächste Generation vollautomatisch arbeitender Biegezentren vor. Ausgestattet ist es mit neuen Servomotoren, einem schnellen und flexiblen Werkzeugwechsler, innovativen Materialflusskomponenten und neu entwickelten Biegewerkzeugen. Die hochsteifen und spielfreien Servo-Getriebemotoren sollen dem Biegezentrum zu hoher Dynamik verhelfen und zu einer um 30 % gesteigerten Geschwindigkeit bei jedem Biegezyklus beitragen. Das Biegezentrum kann mit einer Vielzahl von Beladekomponenten ausgestattet werden.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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