Startseite » Allgemein »

Roboter sorgt Tag und Nacht für Nachschub

Prüfanlage testet Kunststoff-Produkte im Akkord
Roboter sorgt Tag und Nacht für Nachschub

Ein Prüflabor lässt sich nur wirtschaftlich betreiben, wenn die Prüfungen automatisch ablaufen. Roboter, die rund um die Uhr neue Proben liefern, sind dabei eine entscheidene Komponente. Eine maßgeschneiderte Software garantiert zudem, dass die Testreihen reproduzierbar sind.

Jürgen Fromm ist Fachjournalist in Ulm

Kurze Produktlebenszyklen erfordern schnelle Entwicklungsphasen. Wie schnell diese Phase am Ende ist, hängt entscheidend davon ab, wie lange die neuen Materialien im Prüflabor getestet und erprobt werden müssen. Mit automatisierten Prüfanlagen lassen sich die geforderten Tests rationell und reproduzierbar durchführen. Die Prüfanlagen sind dabei so konzipiert, dass sie ohne Anlagenbediener im Dreischichtbetrieb laufen. Meist handelt es sich bei diesen Anwendungen um zerstörende Materialprüfungen.
Automatische Prüfanlagen haben eine Reihe von Vorteilen:
– Die Prüfbedingungen sind reproduzierbar, und der subjektive Einfluss unterschiedlicher Bediener ist ausgeschlossen.
– Dank des modularen Aufbaus lassen sich auch manuelle Sonderprüfungen ohne automatische Probenzufuhr durchführen.
– Die Komponenten der Anlage sind wartungs- und verschleißarm und für den Dreischichtbetrieb ausgelegt.
– Aus einem Baukasten mit standardisierten Maschinen- und Steuerungskomponenten werden individuelle Automatisierungslösungen zusammengestellt.
Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die Investition in eine automatische Prüfanlage ebenfalls interessant, denn sie macht sich dank der niedrigen Kosten pro Probe bereits nach zwei Jahren bezahlt. Dabei sind die Anschaffungskosten, die jährlichen Betriebskosten sowie der finanzielle Aufwand für den Anlagenbediener mit berücksichtigt. Entscheidend ist, dass die Anlage nur noch wenig Bedienaufwand erfordert. Trotzdem ist das Personal keineswegs überflüssig. Vielmehr wird der qualifizierte Laborant durch die Automatisierung der täglichen Standardprüfungen entlastet. Dadurch kann er sich verstärkt mit anderen Aufgaben im Prüflabor beschäftigen, die sich nur mit hohem Aufwand oder gar nicht automatisieren lassen.
Automatische Prüfanlagen rechnen sich nach zwei Jahren
Die unterschiedlichen Anforderungen des Marktes haben die Zwick GmbH in Ulm dazu veranlasst, sukzessive ein Baukastensystem für automatische Prüfanlagen zu entwickelt. Diese Anlagen bestehen aus verschiedenen Robotersystemen, Magazinen und Querschnittsmessgeräten. Es wird ausschließlich die zerstörende Materialprüfung praktiziert. Aus diesen standardisierten Komponenten lassen sich kundenspezifische Lösungen individuell zusammenstellen. Mittlerweile sind über 120 automatische Zwick-Prüfanlagen in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen weltweit im Einsatz.
Auch für die Kunststoffindustrie wurde eine Lösung entwickelt. Damit lassen sich speziell die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen prüfen. Je nach Anlagenausstattung können auch thermoplastische Kunststoffe oder weichelastische Schäume geprüft werden. Die Anlage ist in Polarbauweise ausgelegt und kann Zug- oder Biegeversuche nach den Normen ISO 178, ISO 527-2 und ASTM D638 vollautomatisch durchführen. Dies ist bei Raumtemperatur als auch in einem erweiterten Temperaturbereich von -40° bis 150 °C möglich.
Für den Probentransport kommt ein Industrie-Roboter mit fünf Achsen zum Einsatz, der mit einem probenspezifischen Greifer ausgerüstet ist. Die Proben werden vom Anlagenbediener in einem Magazin abgelegt. Dabei stehen grundsätzlich zwei verschiedene Magazinarten zur Auswahl: Ein Stapelmagazin mit senkrechten Magazintürmen für maximal 120 Proben oder ein Schubladenmagazin. Hier liegt die Grenze bei 400 Proben. Um ein Vertauschen der Proben zu vermeiden, können diese mit einem Barcode-Etikett verwechslungssicher markiert werden.
Zusätzliche Messungen – etwa das Bestimmen des Probenquerschnitts – werden vor der eigentlichen Zug-/Biegeprüfung durchgeführt. Es stehen aber noch weitere optionale Geräte zur Verfügung. Mit einer sogenannten Probenmarkierstation lassen sich Messlängen mit Reflexionsmarken für einen optischen Längenänderungs-Aufnehmer anbringen. Zudem können Materialhärte, Gewicht und Probendicke ermittelt werden.
Bei Prüfungen im erweiterten Temperaturbereich landen die Proben zum Aufheizen oder Abkühlen zuerst in der Temperierkammer, wo sie in einem speziellen Zwischenmagazin mit sieben Einzelplätzen abgelegt werden. So können mehrere Proben gleichzeitig auf die erforderliche Temperatur gebracht werden. Hat eine Probe die vorgegebene Temperatur erreicht, wird sie vom Roboter in die Prüfeinrichtung eingelegt und anschließend getestet. Der freigewordene Platz des Zwischenmagazins wird sofort neu besetzt. Die Anlage kann daher auch im erweiterten Temperaturbereich nahezu kontinuierlich ohne größere Wartezeiten arbeiten.
Maßgeschneiderte Prüfsoftware steuert die gesamte Anlage
Softwaretechnisch wird die Anlage von dem Prüfprogramm Testxpert überwacht. Die programmtechnische Erweiterung Autoedition wertet den Versuch aus und steuert die gesamte Anlage. Für den Bediener bleibt an dieser Stelle nicht mehr viel zu tun. Die Prüfanlage kann optional in ein kundeneigenes LAN (Local Area Network) eingebunden werden. Auf diese Weise lassen sich die Prüfergebnisse online übermitteln und weiterverarbeiten. Die Dateneingabe und Auswertung kann über jeden beliebigen PC im Netzwerk erfolgen.
Im Kunststoffsektor wird aber nicht nur gebogen und gezogen. Auch die sogenannte Schlagzähigkeit ist bei der Materialprüfung eine interessante Größe. Um diese zu ermitteln, haben die Ulmer eine automatische Prüfanlage mit zwei Pendelschlagwerken entwickelt.
Da die Anlage die Temperaturkammer automatisch ansteuert und Temperaturzyklen fährt, kann sie die Proben kontinuierlich über den gesamten Bereich von -60 bis +40 °C prüfen. Um die optimale Schlagenergie für die Prüfung nach Charpy zur Verfügung zu haben, wurde der Meßbereich des Schlagwerks durch ein Pendel mit zwei Auslenkwinkeln erweitert. Auf diese Weise lassen sich die Prüfungen je nach Materialart mit zwei verschiedenen Schlagenergien durchführen.
Die Prüfanlage besteht aus einem Probenmagazin mit einem Fassungsvermögen von 2000 Proben, einer Temperierkammer mit Kälteaggregat sowie einem Industrieroboter, der die Proben aus der Temperierkammer entnimmt. Hinzu kommen zwei Pendelschlagwerke für Charpy- und/oder Izod-Prüfungen.
Für jede Testreihe wird ein Auftrag mit der gewünschten Prüftemperatur und der Versuchsart gespeichert. Die Software stellt anhand der Daten die Solltemperatur der Kammer ein und kontrolliert die Verweilzeit der Proben in der Temperierkammer. Ist die vorgegebene Temperatur erreicht, legt ein Handlingsystem die Proben auf einer Transporteinheit ab. Diese führt zu einer Schleuse, wo der Roboter die Probe entnimmt und in das Charpy- oder Izod-Pendelschlagwerk einlegt.
Auf dieser kompliziert anmutenden Handling-Strecke wird allerdings keine Zeit vertrödelt: Die Prüfung erfolgt innerhalb von 4 s nach der Entnahme aus der Temperierkammer.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
Ausgabe
5.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de