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Schnelle Absprachen und kurze Entscheidungswege

Bosch verknüpft Entwicklung und Fertigung in Immenstadt
Schnelle Absprachen und kurze Entscheidungswege

Eine Denkfabrik in der Fabrik ist das neu eröffnete International Simultaneous Engineering Center (ISEC) der Robert Bosch GmbH in Immenstadt. Das Zusammenführen von Entwicklung und Fertigung soll den Entstehungsprozeß von Produkten deutlich vereinfachen und beschleunigen.

Susanne Schwab ist Journalistin in Reutlingen

Richtig international ist die Besetzung des Ingenieurzentrums ISEC am Immenstadter Standort der Robert Bosch GmbH. Eine amerikanische Flagge in Miniatur-Ausführung auf einem Schreibtisch verrät die Herkunft seines Besitzers. Am Nebentisch steht eine Mini-Flagge in den Farben Japans. Ein Stück weiter hinten weht die Flagge Südkoreas neben einer in Schwarz-Rot-Gold. Hübsch sieht das aus. Und der Besucher weiß sofort: International Simultaneous Engineering ist hier kein Schlagwort, sondern Realität. Nur durch einen Gang getrennt, sitzen die Entwickler aus der ganzen Welt neben den Prozeßvorbereitern. Schnelle Absprachen, kurze Entscheidungswege sind im ISEC an der Tagesordnung.
Im idyllischen Allgäu, wo andere gerne Urlaub machen, entwickelt und fertigt die Stuttgarter Robert Bosch GmbH seit Jahren elektrische und elektrotechnische Kraftfahrzeugausrüstung für die internationale Automobilindustrie. Mit Erfolg: Im Sommer verließ das 50millionste Anti-Blockier-System ABS das Allgäuer Werk, und vor kurzem konnte das Unternehmen ebenfalls das einmillionste ESP-System ausliefern, das 1995 erstmalig als Bremsregelsystem in der S-Klasse des Stuttgarter Automobilkonzerns Mercedes-Benz in Serie eingesetzt wurde.
Die Geschichte Boschs im Allgäu geht knapp 40 Jahre zurück, erzählt Dr. Hermann Scholl, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung. Bereits seit 1960 ist das schwäbische Unternehmen in der malerischen Voralpenregion verteten. Damals wurden die Werkanlagen der Allgäuer Baumwollspinnerei und Weberei in Blaichach mit 1050 Mitarbeitern übernommen und das sogenannte Zünderwerk aus Stuttgart mit dem traditionellen Arbeitsgebiet Zündung hierher verlegt. Mitte der 80er Jahre wurde das Produktionsprogramm um die Komponenten der Benzineinspritzung erweitert.
Als zu diesem Zeitpunkt auch die ABS-Produktion rasant anstieg, bestand in Blaichach Handlungsbedarf: Die Produktionshallen platzten aus allen Nähten. „Wir benötigten wesentlich mehr Fertigungsfläche“, erinnert sich Scholl, „und mußten auch durch den zunehmenden Wettbewerbsdruck wesentlich kostengünstiger produzieren.“ Hierfür war eine Produktionsstätte notwendig, die speziell auf die Fertigung von ABS ausgelegt war, die Bosch 1978 als weltweit erster Hersteller auf den Markt brachte und zudem eine optimale Wirtschaftlichkeit gewährleistete. Zwischen drei verfügbaren Alternativen wählte der Unternehmens-Chef 1985 gemeinsam mit dem damaligen Werkleiter von Blaichach das heutige Grundstück in Immenstadt/ Seiffen aus.
Die Erfolgsgeschichte des Anti-Blockier-Systems dauert an: Nach Angaben von Hermann Scholl werden von den im laufenden Jahr weltweit hergestellten Kraftfahrzeugen werden bereits an-nähernd 60 Prozent mit diesem Sicherheitssystem ausgerüstet sein, dies entspricht einem Marktwert auf der Basis der Zulieferung an die Automobilindustrie von über 10 Milliarden Mark. Bei Bosch werde der Umsatz auf diesem Gebiet im laufenden Geschäftsjahr bei rund 3,5 Milliarden Mark liegen.
Auch das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP), eine Weiterentwicklung des ABS, wird am Standort Immenstadt gefertigt. ESP kann durch elektronisch geregelte Beeinflussung von Bremssystem und Antriebsstrang das Schleudern des Fahrzeugs verhindern und ist nach Angaben des Elektronikunternehmens auf dem besten Wege zur Standardausrüstung für Fahrzeuge in allen Klassen.
Komplexe Elektronik für die internationale Automobilindustrie
Längst ist Immenstadt nicht mehr der einzige Standort, an dem ABS produziert werden. Inzwischen wird das System im weltweiten, engen Firmenverbund in den USA, Japan, Korea und Australien gefertigt. Das Stammwerk, das diesen weltweiten Verbund koordiniert und für einheitliche Techniken und Prozesse sorgt, ist das Werk in Immenstadt. Werkanlagen und Fertigungseinrichtungen wurden kontinuierlich erweitert und modernisiert. Sie belegen heute eine beachtliche Grundrißfläche von 166 000 m².
Für den Grunderwerb, die Gebäude sowie Maschinen und Einrichtungen haben die Schwaben seit 1985 an diesem Standort knapp eine Milliarde Mark investiert. Die Baukosten für den Neubau des Ingenieurzentrums verschlangen nochmals 16,3 Millionen Mark. In 15 Monaten Bauzeit entstand auf der Grünen Wiese ein Komplex aus Beton und Glas, in dem rund 200 Mitarbeiter der insgesamt 3200 Beschäftigten an den beiden Allgäuer Standorten arbeiten. Die Außenfassade des ISEC ist im gleichen Grünton gehalten, wie die Produktionsgebäude. Damit soll, Dr. Dieter Maier, die enge Verbindung dieser Denkfabrik mit den Fertigungsbereichen symbolisiert werden, so Dr. Dieter Maier, Sprecher der Geschäftsleitung des Geschäftsbereichs ABS und Bremse:
Das Ziel des International Simultaneous Engineering Center beschreibt er so: In Teamarbeit und mit Hilfe der Erfahrung von Fachleuten ausländischer Tochterfirmen sollen innovative Produkte mit hoher Qualität zusammen mit der dazugehörigen Prozeßtechnik entwickelt und die Fertigungsverfahren weltweit standardisiert werden.
ISEC hebt Trennung zwischen Entwicklung und Fertigung auf
In der Fachsprache formuliert, ist Simultaneous Engineering die Abkehr von der sequentiellen Entwicklung von Produkt- und Fertigungsprozessen hin zu einer parallelisierten und simultanen Wertgestaltung der Erzeugnisse und der zugehörigen Fertigungstechnik.
Wird im herkömmlichen Entstehungsprozeß ein Produkt in der Entwicklung entworfen und anschließend der Fertigung zum Realisieren übergeben, sind mehrere Rekursionsschleifen zwischen beiden Bereichen nötig, bis ein Produkt zur Serienreife gelangt. Vielfach befinden sich Entwicklung und Fertigung an unterschiedlichen Standorten, wodurch noch mehr Zeit verloren geht.
Laut Dr. Dieter Maier kann die Forderung des Marktes nach kürzeren Entwicklungszeiten nur erfüllt werden, wenn sich beide Bereiche während des ganzen Produktentstehungsprozesses wechselseitig abstimmen. Der Simultaneous Engineering Prozeß im ISEC stelle sicher, daß Zeit- und Effektivitätsverluste, wie sie bei der hohen Arbeitsteiligkeit in großen Unternehmen unvermeidlich sind, auf ein Minimum reduziert werden.
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