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Schuld war der Magnetismus

Wie Techniker und Ingenieure auf die falsche Spur geraten
Schuld war der Magnetismus

Montageprobleme | Die Umstellung eines Automobilherstellers auf automatische Drehmomentüberwachung bei der Montage führte recht bald zu einem Produktionsstopp. Der Grund: die Anzugsmomente für die Befestigungsschrauben von Querlenkern waren zu hoch. Die Spurensuche ging los.

Joachim TatjeFachjournalist in Bruchsal

Die Bauteile waren bei einem Zulieferer mittels kathodischer Tauchlackierung, KLT, gegen Korrosion behandelt worden. Bei der Suche nach den eigenartig erhöhten Drehmomentwerten fiel den Produktionsverantwortlichen die raue Oberfläche der Querlenker auf. Es handelte sich um Späne und andere metallische Partikel, die sich offenbar im Tauchbad befanden und nun die Materialoberfläche störten.
Verwirrend war, dass Querlenker aus der eigenen Produktion des OEM keine nennenswerten Rauigkeiten aufwiesen. Der Zulieferer untersuchte die Füllung des Tauchbades, wurde aber bezüglich der Verunreinigungen nicht fündig. Die Tatsache, dass es sich um metallische Partikel handelt, brachte schließlich jemand auf die richtige Spur. Messungen am Querlenker zeigten Magnetismus mit Feldstärken bis zu 30 A/cm. Die Teile wurden durch vorangegangene Bearbeitungsschritte magnetisiert und trugen so die Partikel in das Tauchbad ein. Im größeren KLT-Bad des OEMs gab es die gleichen Verunreinigungen, allerdings stark „verdünnt“. Seit Hersteller und Zulieferer die Teile vor dem Tauchvorgang entmagnetisieren, ist das Problem behoben.
Ähnliches erlebte ein anderer Hersteller bei der Montage von Kardanwellen. Auch hier schlugen die Drehmomentwächter Alarm. Es wurden die unterschiedlichsten möglichen Phänomene untersucht, bis man auf die Ursache stieß. Auch die Kardanwellen waren nicht vollständig entmagnetisiert. Während des Transports an einer automatischen Fördereinrichtung schweben sie nur wenige Zentimeter über dem Boden, von dem sie metallische Partikel aufnahmen…
Der Schweizer Unternehmer Albert Maurer erinnert sich gut an den Fall des Stanzbetriebes, der feine Blechteile für Mikroschalter herstellt. Unmittelbar nach dem Ausstanzen sollte das Teil in den darunter befindlichen Kunststoffblister fallen. Schon bei den ersten Versuchen sah man, dass das nicht funktioniert, weil immer wieder Blechteile am Stanzwerkzeug hängen blieben. Die an der Stanze vorbei transportierten Blisterverpackungen brachten die Verantwortlichen zunächst auf eine ganz falsche Fährte: Sie tippten auf statische Aufladung. Aber auch elektrische Ableitmaßnahmen konnten das Problem nicht lösen. Messungen bestätigten schließlich, dass das Werkzeug magnetisch war.
Das brachte einen Entwickler auf die Idee, das Blechteil aus unmagnetischem, austenitischem Material zu fertigen. Da aber das Teil vor dem finalen Stanzschnitt etliche Male gebogen und gekantet wird, ergaben sich an diesen Stellen Gefügeänderungen, das Blechteil wurde an diesen Stellen martensitisch und war erneut magnetisiert worden.
Maurer, in der Branche auch „Mr. Degauss“ genannt, kommentiert: „Magnetische Cleanness gehört definitiv zu den Standard-Qualitätsmerkmalen. Noch immer führt Restmagnetismus zu oft zu Schwierigkeiten in Prozessabläufen und Qualitätsmängeln. Magnetismus kann man präzise messen und es kann auch wirksam etwas dagegen getan werden. Dann würden sich viele Probleme erst gar nicht stellen.“
Industrieanzeiger
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