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Sensor weckt das SAP

Condition Monitoring: Einsatzbeispiele aus der Industrie
Sensor weckt das SAP

Werkzeugmaschine, Verpackungs- oder Spritzgießmaschine, Gabelstapler: Was Condition Monitoring in diesen Anwendungen nützt und wie sich die Technik in die Unternehmensplanung einbinden lässt, zeigt die Sonderschau auf der Hannover Messe.

Das Condition Monitoring ist auf dem Boden der Fabrikhalle angekommen. Noch vor zwei Jahren war die Gondel einer Windkraftanlage der Besuchermagnet auf der Hannover Messe und ein greifbares Beispiel für den Einsatz von Überwachungstechnik, die vor allem in der Prozesstechnik zu Hause war. In diesem Jahr müssen und dürfen die Besucher der Sonderschau etwas genauer hinschauen, treffen sie in Halle 24 doch auf Anwendungen, die dem industriellen Alltag in der Werkzeugmaschine, der Kunststoffspritzgießmaschine oder der Schweißzange schon sehr nahe sind.

Mit den Sensoren und Auswerteeinheiten der Condition Monitoring Systeme (CMS) lassen sich Maschinen und Anlagen kontrollieren, Fehlerquellen frühzeitig identifizieren und Produktionsausfälle verhindern. „Die Technologie, die dafür eingesetzt wird, ist an sich nicht neu“, sagt VDMA-Experte Peter Michael Synek, der das Sonderschau-Projekt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Messe AG koordiniert. Vieles läuft nach wie vor über Schwingungsüberwachung an den Antrieben oder das Erfassen von Partikeln in der Hydraulikflüssigkeit. Da es für die Betreiber von Maschinen aber immer wichtiger werde, die Gesamtkosten ihrer Anlage zu reduzieren, wachse das Interesse an den praktischen Möglichkeiten der Überwachung.
Mit CMS ist die gewünschte Kostenreduktion auf mehreren Wegen zu erreichen. Der naheliegendste ist es, durch kontinuierliches Überwachen die Wartung und Instandhaltung besser zu planen – und in diesem Bereich wurden CMS zunächst in der Chemieindustrie eingesetzt. Darüber hinaus lassen sich kritische Maschinenelemente bis zur letzten Minute nutzen, da die Sicherheitspuffer kleiner ausfallen dürfen, und müssen daher seltener augetauscht werden.
Heute denken die Experten sogar so weit, mit CMS größere Schäden an einer Maschine zu verhindern, indem Sensoren eine Unwucht durch falsch aufgespannte Werkzeuge melden oder die Maschine bei einem Crash sofort stoppen. Genau dieses führen die Aussteller mit einer Werkzeugmaschine vor, die mit Schwingungssensoren für die Lagerüberwachung ausgestattet ist. Die sollen „kaum mehr kosten als vier Tankfüllungen für einen Mittelklassewagen“, erklärt Romeo Odak von der Rosenheimer i-for-T GmbH, einer Tochtergesellschaft der Essener ifm electronic GmbH.
Abgesehen von der reinen Überwachung, die den Instandhalter auf den Plan ruft, lassen sich die Informationen über den Zustand von Komponenten heute direkt in das digitale Gehirn des Unternehmens einspeisen. Im SAP-Instandhaltungsmodul PM kann die Condition-Monitoring-Einheit laut Odak selbst einen Instandhaltungsauftrag auslösen, der automatisch in die produktionsfreie Zeit gelegt wird. „Selbst das Ersatzteil, das zum Instandsetzen der Spindel gebraucht wird, bestellt das System“, lobt der Rosenheimer.
So viel Big Brother im eigenen Unternehmen ist manchen Anwendern unheimlich, und dennoch ist auch damit das Ende noch nicht erreicht. So rechnet Dr. Thomas May, Geschäftsführer der ifm prover GmbH, damit, dass in Zukunft das Know-how von außerhalb sogar noch stärker in die Instandhaltung einbezogen wird. Oft reiche das Wissen eines Sensorherstellers nicht aus, um die Tragweite eines Problems in der Maschine einzuschätzen. Das könne nur der Hersteller, und auch nur dann, wenn der Betreiber ihm tiefe Einblicke in Steuerung und derzeitige Nutzung gewährt. „Mit Rücksicht auf das Budget sollte es im Interesse eines Maschinenbetreibers liegen, die Lücke zwischen dem Condition Monitoring und den Remote Services des Herstellers zu schließen“, sagt May.
Steigende Aufwendungen für den Service erwartet er tendenziell nicht, wenn die Leistungen in diesem Bereich perfektioniert werden, und er fordert „mehr Mut zum Fortschritt“ bei allen Beteiligten. Schließlich lasse sich mit einmalig vergebenen Passworten und durch Vereinbarungen genau regeln, welche Daten ein Hersteller auslesen könne und im speziellen Fall ausgelesen habe.
Wieviel Überwachung sich bei der Instandhaltung lohnt, sollen Forschungsprojekte zeigen, deren Projektträger das Forschungszentrum Karlsruhe ist. Laut Prof. Dr.-Ing. Güther Schuh vom WZL der RWTH Aachen geht es dabei nicht allein um die Technik, sondern auch darum, was ein Unternehmen mit den in Echtzeit generierten CMS-Daten anfängt. Alle Maschinen und Anlagen bis hin zur Gebäudetechnik einem Condition Monitoring zu unterwerfen, hält der Wissenschaftler allerdings für „nicht finanzierbar und auch nicht für sinnvoll“.
In die gleiche Richtung laufen die Überlegungen des kanadischen Experten Dr. Andrew Jardine, der 1994 an der Universität Toronto mit industriellen und wissenschaftlich orientierten Partnern das Condition-Based-Maintenance-Laboratory gründete. Condition Based Maintenance (CBM) benutzt er als Schlagwort: Es werde gebraucht, damit ein Maschinenbetreiber selbst dann nicht die Übersicht verliert, wenn er mehrere Systeme für das Condition Monitoring einsetzt. Die Anbieter von Instandhaltungsplanungssystemen hätten diesen Gedanken allerdings, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch nicht in ausreichendem Maß umgesetzt.
Auch wenn hier noch Diskussionsbedarf bestehen mag, schreiten die technologischen Entwicklungen voran. Auf dem Vormarsch sind nach Auskunft von Experten Systeme, die ihre Daten ohne Kabel übertragen. Wenn Sensoren mit der Wireless-Technik arbeiten, könnten sie beispielsweise direkt an Maschinenelemente geklebt oder geschraubt werden und die Schwingungsdiagramme an eine ortsfeste Auswerteeinheit übertragen. So könne ein komplexes CM-System entstehen, das nicht durch Schäden an Kabeln beeinträchtigt wird. Ihren ersten energieautonomen drahtlosen Sensor, der eine solche Lösung ermöglicht, stellt die Ismaninger Prüftechnik Condition Monitoring GmbH auf der Hannover Messe vor.
Neben dem Darstellen der technischen und organisatorischen Trends liegt den Organisatoren der Sonderschau ein weiterer Aspekt am Herzen: CMS ist nicht nur ein Thema für Großunternehmen, betonen sie, und haben ihre Exponate daher auch auf den Bedarf in kleinen und mittleren Unternehmen ausgelegt. Bei einem Gabelstapler sowie in Spritzgießmaschinen kontrollieren Sensoren die chemischen Daten des Hydrauliköls, in einer Verpackungsmaschine überprüft das CMS den Luftverbrauch, den Betriebsdruck und die Funktion der Achsen des servopneumatischen Antriebssystems. Laut Projektkoordinator und VDMA-Fachmann Peter-Michael Synek sind solche Ansätze für die Zukunft nicht mehr aus dem industriellen Alltag wegzudenken, da die Systeme „an ihren Belastungsgrenzen“ betrieben werden. Daher ist das Condition Monitoring auch mit Vorträgen im MDA-Forum vertreten. op

Sonderschau Condition Monitoring Systeme

Die Sonderschau zu Condition Monitoring Systemen geht 2007 in die zweite Runde. Über 40 Aussteller nutzen eine Fläche von rund 1000 m² in der Halle 24, um ihre Lösungen für die Überwachung von Maschinen und Anlagen zu präsentieren.
Die erste Schau lockte 2005 rund 20 000 Besucher an, und die Organisatoren rechnen in diesem Jahr mit ähnlichem Zuspruch. Mit praxisnäheren Exponaten wollen sie die Spannung steigern. Der Blickfang ist eine 45 m lange Karosseriebaustraße mit mehreren Förderabschnitten. Roboter und Förderanlagen werden mit CM-Systemen kontinuierlich kontrolliert. Damit wollen VW, Siemens A&D sowie ihre Partner demonstrieren, wie sich eine Anlage trotz reduzierter Inspektionen verfügbar halten lässt. Daneben sind eine Beutelverpackungsmaschine mit überwachter Pneumatik, Spritzgieß- und Werkzeugmaschinen sowie ein Stapler zu sehen, dessen Hydrauliköl mit Dauer-Check arbeitet.
Sonderschau CMS: Halle 24, Stand D24

Kosteneffizienz
Beim Condition Monitoring sind einige Technologien vertraut. Die jetzt dafür propagierten Anwendungen in der allgemeinen Industrie sind allerdings neu. Während sich vor zwei Jahren die Diskussion vor allem darum drehte, ob sich die Sensoren außerhalb der Prozessindustrie überhaupt rechnen, gelten sie heute als weiteres Mosaiksteinchen, mit dem sich der Kostendruck senken lässt.
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