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So wird der Service-Mann zum Kundenberater

Techniker erwirtschaften nach richtiger Schulung Mehrumsätze
So wird der Service-Mann zum Kundenberater

Mit einem entsprechenden Qualifizierungsprogramm können Unternehmen ihre Servicetechniker zu Beratern schulen. Damit erwirtschaften sie Mehrumsätze und binden stärker die Kunden, wie Beispiele belegen.

Dipl.-Psych. Michael Gestmann ist Fachautor in Bonn

Es ruckelt kurz, dann steht das Fertigungsband still. Störungen und Defekte sind Alltag in Betrieben. Sofort wird ein Servicetechniker des Herstellers gerufen, um das Problem zu lösen. Meist ist der Experte im Handumdrehen da, hat das Ersatzteil im Auto und sorgt dafür, dass wieder alles rund läuft. In den meisten Fällen war es das, und der Service-Mann fährt entweder weiter zum nächsten Kunden oder zurück in seinen Betrieb.
Nach Ansicht von Anne Wegele, Chefin der Rosenheimer Steinbeis Beratung GmbH, vergeben Unternehmen lukrative Umsatz- und Kundenbindungs-Chancen. Und zwar wenn der technische Support stimmt, aber die Nähe der Servicemitarbeiter zum Kunden nicht genutzt wird. Es geht darum, die Kunden individuell zu beraten und ihnen zusätzliche Leistungen zu verkaufen. „Kunden erwarten vom Service, dass dieser ihnen erläutert, wie beispielsweise die Produktivität durch eine Aufrüstung erhöht oder die Lebensdauer einer Maschine durch Wartungsverträge verlängert werden kann“, sagt die Steinbeis-Trainerin.
Meist sieht es anders aus. Kein Mitarbeiter und auch kein Verkäufer kennt die Situation und den Bedarf eines Kunden besser als der Servicetechniker. Schließlich sind sie ständig vor Ort, wissen genau, wo Kunden der Schuh drückt und welche Zusatzleistung oder welches Produkt einen Mehrwert bringt.
Beraterin Anne Wegele: „Viele Kunden sind an eine bestehende Lösung so sehr gewöhnt, dass es ihnen nicht einfällt, nach einer neuen zu suchen, selbst wenn sie das Bedürfnis danach haben.“ Mit der richtigen Beratungskompetenz rennen daher clevere Techniker bei den Kunden offene Türen ein, wenn sie die Vorteile neuer Lösungen aufzeigen können.
Erst langsam erkennen Unternehmen, welche Umsatzpotenziale brach liegen und aktiviert werden können. Für Geschäftsführer Karl H. Funke von der Multitest Elektronische Systeme GmbH liegt ein wesentliches Manko darin, dass den meisten Servicetechnikern das Wissen und Können fehlt, kompetent zu beraten und zu verkaufen. „Noch denken viele Techniker, ihr Job sei es ausschließlich, sich um die Technik zu kümmern, verkaufen aber sei Sache der Verkäufer“, erklärt der Chef des Rosenheimer Chipindustrie-Zulieferers.
Dieses schematische Denken gelte es aufzulösen. Die Servicetechniker müssten künftig bereit sein, auch Beratungsaufgaben zu übernehmen und absatzfördernd aktiv zu werden.
Allerdings benötigen sie dafür zusätzliche Kompetenzen. Schließlich ist es eine Sache, sich perfekt mit Maschinen auszukennen und in kurzer Zeit, Fehler zu analysieren und Störungen zu beseitigen. Aber eine andere Sache ist es laut Psychologieprofessor Egon Stephan, Chef des Ineko-Instituts an der Universität zu Köln, Vertriebsaufgaben zu übernehmen. Dort gilt es, systematisch den Bedarf an zu liefernden Produkten zu erheben, Kunden kompetent zu beraten und erfolgreich zu verkaufen. „Ohne entsprechende Qualifizierung der Servicemitarbeiter bleibt alles beim Alten, verstreichen zusätzliche Absatz- und Kundenbindungs-Chancen ungenutzt“, ist der Institutsleiter überzeugt.
Anne Wegele, deren Trainingsunternehmen zu den wenigen spezialisierten Anbietern gehört, die Servicetechniker auf die neuen Herausforderungen vorbereiten, setzt im Rahmen der Qualifizierung mehrere Schwerpunkte: „Die Gesprächsführungskompetenz der Techniker auszubauen ist wichtig, damit sie erfahren, welche Bedürfnisse und welchen Bedarf Kunden haben, aber auch um kompetent beraten zu können“, erläutert die Steinbeis-Trainerin. Auf die Kundenpsychologie komme es an, um richtig mit dem jeweiligen Kundentyp umgehen zu können. Darüber hinaus vermittelt Wegele, wie die Techniker erfolgreich Cross-Selling betreiben, zielgerichtet verhandeln und auch schwierige Situationen meistern.
Eine oftmals unterschätzte, aber bedeutsame Kompetenz ist laut Anne Wegele die so genannte persönliche Qualität der Techniker. Darunter versteht sie altbewährte Tugenden und Werte, wie Loyalität, Rechtschaffenheit, Fleiß, Einsatzbereitschaft, Ordnungssinn oder Kostenbewusstsein. „Wenn Techniker zum Beispiel loyaler, fleißiger, ordnungs- und kostenbewusster sind, profitiert der Arbeitgeber in zweifacher Hinsicht“, weiß die Beraterin aus Erfahrung: Intern erhöhen sich die Leistungsqualität und die Produktivität. Und Kunden wissen es ebenfalls zu schätzen, wenn sich Servicemitarbeiter durch entsprechende Eigenschaften auszeichnen.
Eine Erfahrung, die Multitest-Chef Funke bestätigt: „Ein authentisches Auftreten und ein ehrliches Interesse an den Problemen der Kunden kommen wesentlich besser an, als auswendig gelernte, schnell dahergesagte Standardfloskeln.“ Schon bei der Personalauswahl achtet sein Unternehmen darauf, dass die neuen Servicemitarbeiter nicht nur durch technisches Können überzeugen, sondern vor allem über persönliche Qualitäten verfügen: Neben einem guten Auftreten und guten Umgangsformen geht es um das Outfit, sprachliches Geschick, und positive Einstellung.
Der Aufwand und die Investition in die Qualifizierung rechnen sich nach der Erfahrung von Multitest-Chef Karl H. Funke bereits nach kürzester Zeit. „Tagtäglich sind unsere Mitarbeiter bei Kunden vor Ort. Wenn sie diese dabei über neueste Entwicklungen oder erweiterte Techniken informieren und damit zur höheren Leistungsfähigkeit des Kunden beitragen, bringt das nicht nur Zusatzgeschäft, sondern intensiviert automatisch die Beziehung zum Kunden“, so der Geschäftsführer.
Ähnlich sieht und erlebt es Steinbeis-Trainerin Anne Wegele, die immer wieder von Kunden mit verkaufsorientiertem Service hört, dass diese über Empfehlungen zu Neukunden kamen, die vorher von der Konkurrenz beliefert wurden. „Während der perfekte technische Support als selbstverständlich vorausgesetzt wird, können sich Unternehmen durch die professionelle Beratungskompetenz qualitativ von Wettbewerbern abheben.“
Was das in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutet, zeigt eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Die Studie weist sogar für stark preisumkämpfte Branchen nach – und welches Unternehmen gehört heutzutage nicht zu einer solchen –, dass Firmen, die ihren Kunden Zusatzleistungen anbieten, bis zu 9 % höhere Preise verlangen und bis zu 6 % mehr Marktanteile erlangen können. Offensichtlich sind Kunden bereit, für die nicht selbstverständliche Beratung tiefer in die Tasche zu greifen – vorausgesetzt jedoch, sie erkennen einen zusätzlichen Nutzen. Diesen überzeugend darzulegen, wird mehr denn je Aufgabe der technischen Servicemitarbeiter.
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