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Spielraum für den Technik-Nachwuchs

Ausbildung: Praktikanten im Mittelstand einsetzen
Spielraum für den Technik-Nachwuchs

Die Bedeutung von Hochschul-Praktikanten für mittelständische Unternehmen vor allem im Bereich von Entwicklung und Konstruktion wächst – und auch ihr Nutzen, wenn der Arbeitgeber klare Vorstellungen hat.

Kaffee kochen für die Karriere? Praktika haben zuweilen einen schlechten Ruf. Dabei nimmt ihre Bedeutung sowohl für die Arbeitgeber als auch für den Nachwuchs zu. Firmen starten ihr Recruiting immer früher, ergibt eine aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey. Mehr als die Hälfte der Betriebe (56 %) bevorzugen ehemalige Praktikanten als Neueinsteiger.

Der Mittelstand macht hier keine Ausnahme. Dennoch laufen dort die Dinge häufig anders, betont Karl-Heinz Löwenkamp. Der Geschäftsführer der Heinrich Löwenkamp GmbH aus Inden-Pier bei Aachen sucht via Praktikum nicht gezielt nach künftigen Führungskräften. „Dafür sind wir mit rund 60 Mitarbeitern einfach zu klein“, sagt er. Dennoch freut er sich, dass regelmäßig angehende Maschinenbauingenieure der RWTH Aachen ihre praktischen Ausbildungsabschnitte in seinem Betrieb absolvieren. Der vor 50 Jahren gegründete Handwerksbetrieb ist ein Problemlöser im Maschinen- und Anlagenbau. Wann immer im Hochofen- und Kraftwerksbau die Suche nach einer individuellen Lösung für eine Aufgabe beginnt, kann Löwenkamp weiterhelfen – und zwar weltweit. Die Ideen der künftigen Ingenieure sind bei Löwenkamp willkommen. Dort arbeiten permanent verschiedene Teams, sowohl in der Entwicklung als in der Konstruktion.
Hochschulpraktikanten werden schnell integriert und können sich bewähren. „Ihre Akzeptanz in den Teams ist hoch“, berichtet Löwenkamp, „denn unsere Mitarbeiter sind die gemeinsame Suche nach Lösungen gewöhnt.“ So ist es die Regel, dass durch die Arnbeit der Praktikanten immer wieder Fertigungsabläufe verbessert, Schweißfolgen verändert, Richtzeiten an den Maschinen verkürzt und damit in nennenswerter Größe Kosten und Zeit eingespart werden.
Der Arbeitgeber hat es selbst in der Hand, dass ein Praktikum nicht ausschließlich ein Kostenfaktor ist, sondern ein erkennbarer Nutzen für das Unternehmen entsteht, weiß Gerd Kaspari aus Reken im Münsterland. Der geschäftsführende Gesellschafter der AS Antriebstechnik & Service GmbH empfiehlt Mittelständlern auf der Suche nach geeigneten Hochschul-Praktikanten ein systematisches Herangehen. Seit vielen Jahren setzt das münsterländische Unternehmen auf Praktikanten und Diplomanden. Mit Erfolg: Mit 44 Mitarbeitern hat sich das Unternehmens in der Instandhaltung und Modernisierung in der Antriebstechnikbranche einen Namen gemacht.
Kaspari wägt stets sorgfältig ab, in welchen Bereichen Praktikanten eingesetzt werden sollen. Bei Praktika zu Beginn des Studims hält sich der Nutzen für den Betrieb meist in Grenzen. Sind konkret verwertbare Ergebnisse das Ziel, empfiehlt Kaspari, ältere Studenten mit beruflicher Vorbildung einzusetzen. So sind in seinem Unternehmen beachtliche Arbeiten entstanden: beispielsweise eine Marktanalyse für alle osteuropäischen Länder, ein Simulations-Modell für Direktantriebe oder etwa eine Öl-Umlaufschmierung. Die AS Antriebstechnik & Service GmbH zahlt für ihre Praktikanten bis zu 500 Euro pro Monat, zuzüglich Bonus, und liegt damit am oberen Ende der Vergütungsskala. Für einen Arbeitgeber ist es schwer, die richtigen Studenten als Praktikanten zu finden. Üblich ist die Stellenanzeige. Viele Internet-Anbieter offerieren zudem eine Praktikantenbörse. Hochschulen bieten Karrierebörsen an, die örtliche Arbeitsverwaltung druckt Informationsblätter. Erfolgversprechend ist zudem die punktgenaue Suche in benachbarten Hochschulen: Unternehmer bringen so gezielt ihre Anzeigen im Stellenaushang oder der Vermittlungsbörse der passenden Fakultät unter. Besonders erfolgreich ist das Networking, weiß Unternehmer Karl-Heinz Löwenkamp aus seiner Erfahrung. „Die meisten Anfragen nach einem Praktikumsplatz bekommen wir von Studenten, die sich auf Empfehlung eines unserer ehemaligen Praktikanten berufen“, berichtet er.
Gerd Kaspari empfiehlt Arbeitgebern auf der Suche nach dem passenden Praktikanten den Kontakt zur örtlichen Kammer. Auch eine Investition ins Hochschul-Marketing könnte sich als lohnenswert erweisen. Eine Betriebsbesichtigung für Interessenten, eine Einladung von Studiengruppen inklusive Professor zu einer Fachmesse oder auf eine Montage-Baustelle wirken oft Wunder, so seine Erfahrung. „Wir haben uns mittlerweile ein Image als innovatives Unternehmen aufgebaut und pflegen den Kontakt zu den uns wichtigen Hochschulen“, erläutert der Unternehmer aus dem Münsterland.
„Der Nutzen für den Unternehmer hängt davon ab, wie schnell es gelingt, die Studenten zu integrieren“, weiß Kaspari. Die jungen Leute brauchen einen direkten Ansprechpartner, müssen in die Teams eingebunden werden und eine definierte Aufgabe sowie eine entsprechende Verantwortung bekommen. Nicht empfehlenswert sei ein sehr enger Terminplan. Häufig, berichtet der Unternehmer, müssten Themen und Einsatzpläne der Studenten geändert werden, weil sie mit Studienpflichten kollidieren.
Auf jeden Fall ist der Unternehmer gut beraten, wenn er den Blick des Praktikanten von außen auf sein Unternehmen für ein zielgerichtetes Feedback auf Prozesse oder Produkte nutzt. Karl-Heinz Löwenkamp: „Häufig sieht ein Praktikant mindestens so viel und so deutlich wie ein Unternehmensberater – allerdings kostet er nicht so viel.“
Reinhard Myritz Journalist in Bergheim
Praktikanten schnell integrieren Hohe Semester besser bezahlt

Kosteneffizienz
Es gibt keine gesetzliche Grundvergütung für Hochschul-Praktikanten. Marktüblich ist ein monatlicher Bonus zwischen 300 und 500 Euro. Je nach Studienverlauf gibt es eine Fülle unterschiedlicher Hochschul-Praktika: von freiwilligen Praktika über Pflicht-Praktika wie Vorpraktikum, Zwischen- und Hauptpraktikum.

Die Regeln
  • Freiwillige und Pflicht-Praktika sind lohnsteuerpflichtig.
  • Pflichtpraktika sind sozialversicherungsfrei, während freiwillige Praktika sozialversicherungspflichtig sind.
  • Freiwillige Praktikanten haben einen gesetzlichen Urlaubsanspruch.
  • Studenten, die ein Hochschul- Pflichtpraktikum absolvieren, haben keinen Urlaubsanspruch.
  • Bei Krankheit wird die Vergütung wie bei einem Arbeitnehmer bis zu sechs Wochen weiter gezahlt.
  • Es sollte eine mindestens einmonatige Probezeit vereinbart werden.
  • Der Arbeitgeber muss sich immer die Immatrikulationsbescheinigung des Praktikanten vorlegen lassen.
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