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Standparties und Freibier binden keine Kunden

Messe als strategisches Instrument verstehen lernen
Standparties und Freibier binden keine Kunden

Die einzigartige Mehrdimensionalität einer Messe bietet ausstellenden Unternehmen eine ideale Plattform zum parallelen Umsetzen unterschiedlicher Marketingziele.

Messen rangieren in der Beliebtheitsskala der Marketinginstrumente im Business-to-Business ganz oben. Das hat nicht zuletzt die vom Ausstellungs- und Messe-Ausschuß der Deutschen Wirtschaft e. V. (Auma), Köln, 1999 in Auftrag gegebene Studie „Messefunktions- und Potenzial-Analyse“ des Emnid-Instituts bestätigt. Im Absatzprozess der Unternehmen spielt die Messe eine herausragende Rolle. Immerhin 57 % der befragten Unternehmen mit über 5 Mio. DM Umsatz nennen die Messe als das Schlüssel-Instrument zur Erreichung absatzpolitischer Ziele.

Um so erstaunlicher ist es, dass die Messe in der Praxis ausschließlich als Kommunikations-Instrument verstanden wird, und nur zwei von drei Ausstellern maximal 60% ihres Messepotenzials ausschöpfen. Wie lässt sich dieser offensichtliche Widerspruch erklären?
In erster Linie liegt es daran, dass die Menge ein sehr tradiertes Instrument ist: Man geht hin, weil alle hingehen oder weil man das seit Jahrzehnten so macht. Durch diese Haltung wird ein Automatismus in Gang gesetzt, der sich bei jeder Messe unreflektiert wiederholt. Die Messe wird zum singulären Ereignis, welches losgelöst von einer übergeordneten Strategie stattfindet – alles fokussiert sich auf die Messe als Highlight-Veranstaltung des Jahres. Zwangsläufig verhindern die Messeaktivitäten dann auch jegliche Synergien. Durch die Zuordnung als reines Kommunikations-Instrument werden absatzpolitische Ziele von vornherein nicht in Erwägung gezogen. Nur selten kommt im Unternehmen jemand auf die Idee, die Messe für vertriebs- und verkaufsrelevante Ziele zu nutzen. Alle Aktivitäten konzentrieren sich folglich ausschließlich auf den visuellen Eindruck: Standgestaltung, Messe-Aktionen und die Gästebewirtung sind Gegenstand der Diskussion. Ein meßbarer Gegenwert für die immensen Investitionen ist von dieser Vorgehensweise nicht zu erwarten. Dabei bedarf es eigentlich nur weniger Fragen, um diese passive und tradierte Haltung gegenüber der Messe entscheidend zu verändern:
– Wo stehen wir als Unternehmen?
– Wo wollen wir hin?
– Wie kann uns die Messe X bei der Verfolgung unserer ureigensten Ziele aktiv unterstützen?
Dadurch gewinnt die Diskussion eine völlig neue Richtung. Die Messe wird zum strategischen Instrument, welches ausschließlich zielorientierten Zwecken dient. Eine sorgfältige Analyse des Status quo sowie die mittelfristige Zielplanung des Unternehmens führen automatisch dazu, dass die Messe „aktiv in die Hand genommen“ und für die Zielerreichung instrumentalisiert wird. Folglich entstehen zielgerichtete Beteiligungskonzepte, deren inhaltliche und visuelle Ausrichtung das ausstellende Unternehmen aktiv bei seiner Zielerreichung unterstützen werden.
Dabei darf, kann und sollte ein Aussteller die Plattform Messe in jeder denkbaren Form nutzen. Von der herkömmlichen Produktpräsentation über Workshops bis zur zielgerichteten Anwenderbefragung – es gibt keine Beschränkungen, solange diese Aktivitäten weder sittenwidrig noch wettbewerbsrechtlich bedenklich sind. Warum sich also ausschließlich auf repräsentative Aspekte konzentrieren, wenn das Instrument eine Fülle von Darstellungsformen zulässt? Das kann im Zweifelsfall sogar bedeuten, dass ein Aussteller weitgehend auf die Präsentation seiner Produkte verzichtet und die Messe ausschließlich als Plattform für Diskussionen, Erfahrungsaustausch in der Anwendung seiner Technologie oder zur Präsentation von Systemlösungen gemeinsam mit Kunden oder anderen Marktpartnern nutzt.
Die strategische Auseinandersetzung mit der Messe führt außerdem automatisch zu klaren, nachprüfbaren Zieldefinitionen. Und hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich aus strategischen Gründen zum Beispiel ausschließlich um qualitative Messeziele handelt. Warum sollte ein ausstellendes Unternehmen die Messe nicht für eine geplante Produktmodifikation intensiv nutzen? Eine zielführende Kundenbefragung über Produkteinsatz und Anwendererfahrung könnte die Zielerreichung wesentlich beschleunigen! Und was spricht dagegen, die täglich beschworene Kundenorientierung durch gemeinsame Aktivitäten mit Kunden lebendig werden zu lassen?
Die strategische Vorgehensweise führt somit zwangsläufig zu einer erhöhten Nutzungsintensität des Instrumentes, Automatismus und Passivität werden durchbrochen. Plötzlich wird klar, dass man mit der Messe mehrere quantitative und qualitative Ziele gleichzeitig verfolgen kann: Von der Erschließung neuer Absatz- märkte für Produkt A, über die Gewinnung von Neukunden für Produkt B bis zur Akzeptanzbefragung für Produkt C – im Idealfall lassen sich diese drei Ziele auf einer Messe parallel umsetzen. Diese parallele Nutzungsmöglichkeit des Instrumentes scheint auch der Grund für die komplexe Herausforderung eines effizienten Einsatzes zu sein. Gerade weil so viele Ziele zeitgleich verfolgt werden können, wirkt die Messe für viele Anwender als undurchdringlicher Dschungel, von dem man glaubt, nur durch eine effektvoll inszenierte Präsentation überleben zu können. Wenn am Ende nichts dabei herauskommt, schreibt man es lieber dem Instrument zu, als zu erkennen, dass eine intelligente Nutzung meist zum Ziel führt.
Darüber hinaus ergibt sich aus der strategischen Zieldefinition eine glaubwürdige Basis für den eigentlichen Messeauftritt, das heißt, die Frage, was auf der Messe kommuniziert werden soll und welche Aktionen die Zielerreichung aktiv unterstützen könnten, beantwortet sich automatisch. Ist die strategische Ausrichtung eines Unternehmens beispielsweise auf den Ausbau eines Netzwerkes angelegt, so könnte die Plattform Messe eine interessante Chance bieten, diesen Netzwerkgedanken für alle Markt- partner erlebbar werden zu lassen. Eine herkömmliche Produktpräsentation wäre in diesem Fall keine erfolgversprechende Form der Unternehmensdarstellung.
Mit dieser Vorgehensweise vermeidet der Aussteller auch die sonst übliche, hektische Suche nach der „zündenden Idee“ für das Messegeschenk oder die Einladung. Das Ziel formuliert als Messebotschaft, bildet dann eine solide Grundlage für ein durchgängiges Kommunikationskonzept. Eine strategische Auseinandersetzung mit der Messe sollte ausschließlich von den strategisch verantwortlichen Führungskräften eines Unternehmens geführt werden.
Im Hinblick auf eine offensive, globale Marktbearbeitung wird die Messe in Zukunft eine noch größere Bedeutung für die Absatz- strategie eines Unternehmens erlangen. Der offene europäische Markt und die voranschreitende Globalisierung der Weltmärkte schaffen neue Nachfrage und Angebotsimpulse, denen Unternehmen mit sehr differenzierten Strategien begegnen müssen, wenn sie Risiken minimieren und Chancen ausschöpfen wollen. Mit einer unreflektierten, strategisch nicht begründeten Entscheidung für eine Messebeteiligung aus alter Tradition werden diese Ziele nur schwerlich zu erreichen sein.
Parallel zu dieser Entwicklung verzeichnet das weltweite Messeangebot jährlich neue Themen und Veranstaltungsformen, die im Umgang mit dem Instrument Messe nicht unberücksichtigt bleiben können. Die Auswahl der richtigen Messe wird für Unternehmen wichtiger, aber auch schwieriger und zeitaufwendiger. Mit herkömmlichen Denkmustern und tradiertem Verhalten kann diese Aufgabe wohl kaum adäquat wahrgenommen werden. Es wird also höchste Zeit, dass Unternehmen die Messe differenzierter betrachten und lernen, dieses Instrument aktiv für ihre Unternehmensziele zu nutzen.
Serienteile/Autorin
Teil 2: Wichtige Einfluss-Faktoren des Messeerfolges; erscheint in IA 17 am 25.4.
Teil 3: Messe-Events – Allheilmittel für den Erfolg?; erscheint in IA 18 am 2.5.
Teil 4: Messeerfolgskontrolle – Angst vor nachprüfbaren Zahlen?; erscheint in IA 19 am 8.5.
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