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„System macht komplexe Jobs einfach“

Studer-Chef Fred Gaegauf über das Potenzial moderner Schleif-Software
„System macht komplexe Jobs einfach“

Schleifprozesse lassen sich mit Hilfe von Software-Systemen deutlich effizienter und wirtschaftlicher gestalten. Fred Gaegauf, Geschäftsführer der Fritz Studer AG in Thun/Schweiz, erläutert, was möglich ist und welches Potenzial in der Technik noch steckt.

Herr Gaegauf, welchen Nutzen bringt moderne Schleif-Software dem Anwender?

Eine gute Software verbessert die Wirtschaftlichkeit und die Flexibilität des Schleifprozesses. Die Rüst- und Nebenzeiten werden erheblich kürzer. Schleifjobs lassen sich mit dem Technologierechner offline optimieren. Wenn sie dann auf die Maschine kommen, kann der Anwender sofort und ohne Risiko die Prozessparameter ausreizen. Früher haben die Erfahrung und das Gefühl des Schleifers das Ergebnis hinsichtlich Präzision, Rundheit oder Oberflächengüte beeinflusst, heute liefert die Maschine immer die gleiche Qualität. Dazu trägt auch das Archivieren sämtlicher Prozessdaten bei. Selbst komplexe Jobs kann der Nutzer jederzeit reproduzierbar wieder aufrufen. Ohne Einfahrphase liefert das System Werkstücke, die genau so präzise sind wie beim letzten Mal.
Welche Bedeutung hat die Software heute im Vergleich zur Maschinen-Hardware?
Wenn die Basis der Maschine nicht stimmt, nützt auch die beste Software nichts. Aber ein gutes Gesamtsystem aus Soft- und Hardware eröffnet Möglichkeiten, die bisher nicht denkbar waren. In ihren mechanischen Grundfunktionen sind heute die Maschinen der meisten Hersteller vergleichbar. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Langlebigkeit und darin, wie präzise die Maschine über die Jahre bleibt. Insofern stellt ein gut durchdachtes Software-System wie unser StuderGrind und das damit verbundene Leistungspotenzial mehr denn je ein Alleinstellungsmerkmal dar. Das enthaltene Know-how und Prozesswissen, das gezielt auf das Gesamtsystem ausgerichtet sein muss, lässt sich auch nicht so leicht kopieren. Das ist gerade im Zeitalter der Globalisierung für uns als Hersteller ein Vorteil.
Wie verändern solche Software-Systeme die Maschinenkonzepte?
Einerseits vereinfachen sie die Maschinen. Durch sie ist es möglich, spezielle Aufgaben – etwa Unrund- oder Gewindeoperationen – auf Universalmaschinen abzuarbeiten. Andererseits sind Lösungen machbar, die ohne Software nicht zu beherrschen wären. Beispiele sind hier Kombinationsmaschinen fürs Hartdrehen und Schleifen oder unsere Hochpräzisionsmaschine S12. Sie positioniert auf zehn Nanometer genau. Ohne Software-Unterstützung lässt sich die entsprechende Präzision nicht über den gesamten Prozess halten.
Welche Entwicklungspotenziale sehen Sie hier noch?
Langfristig bietet die Adaptronik noch einiges Potenzial, etwa indem man Kräfte oder Abweichungen von Sollwerten misst und entsprechend kompensiert. Softwaretechnisch ist da bereits vieles in unseren Köpfen, derzeit aber mechanisch und sensorisch noch nicht machbar. Hier erwarte ich in den kommenden Monaten keine Sprünge, in den nächsten fünf Jahren eventuell schon. Der nächste Schritt wird sein, den Schleifprozess zu visualisieren. Man könnte beispielsweise darstellen, wie sich die Schleifscheibe während des Prozesses abnützt. Früher hatte ein guter Schleifer ein Gefühl für den Prozess. Er konnte sich auf seine Augen, Ohren und Finger verlassen. Mit den heutigen gekapselten CNC-Maschinen ist das nicht mehr möglich. Wir wollen eine Möglichkeit schaffen, dem Bediener wieder eine Art Gefühl für den Prozess zu geben.
Wo liegen die größten Schwierigkeiten beim Entwickeln von Schleif-Software?
Die Experten unter den Schleifern erwarten ein möglichst offenes System, um jeden Prozess genau nach ihren Vorstellungen gestalten zu können. Andererseits soll der Programmieraufwand möglichst gering sein, damit sich selbst anspruchsvolle Teile schnell und effizient bearbeiten lassen. Und dann sollen auch weniger qualifizierte Mitarbeiter des Kunden mit der Maschine in der Lage sein, für Wertschöpfung zu sorgen. Dieser Spagat ist nicht einfach umzusetzen. Eine weitere Schwierigkeit ist das Vernetzen mit Peripheriegeräten wie Handlingsystemen, Reinigungsanlagen, Bürststationen oder Messmaschinen. Anders als bei den Fräsern und Drehern ist die Übernahme von Daten direkt aus einem CAD-System für uns Schleifer noch nicht alltäglich. An den erforderlichen CAM-Systemen wird derzeit gearbeitet.
Wo ist ein vermehrter Software-Einsatz beim Schleifen sinnvoll?
Überall dort, wo unterschiedliche Teile gefertigt werden. Auch der Werkzeug- und Formenbau, der teilweise extrem hohen Anforderungen gerecht werden und teure Einzelteile bearbeiten muss, profitiert von solchen Systemen. Wo das ganze Jahr über das gleiche Teil produziert wird, bringt´s keine wesentlichen Vorteile.
Worauf muss der Anwender bei der Investition achten?
Er sollte sich genau informieren und nur in ein System investieren, bei dem Soft- und Hardware miteinander harmonieren. Und er sollte darauf achten, dass möglichst auf all seinen Schleifmaschinen die gleiche Software läuft. Damit ist sichergestellt, dass alle Maschinen gleich funktionieren und die Bediener problemlos von einer zur anderen wechseln können. Das sorgt nicht nur für effizientes Arbeiten, es verhindert auch Fehler. Außerdem muss der Kunde sein Teilespektrum und seine Infrastruktur sehr genau kennen. Will er beispielsweise unrundschleifen, braucht er eine Messmaschine. Und: Auch wenn die Software viel Technologie-Know-how bereitstellt, mindestens einer seiner Maschinenbediener muss trotzdem etwas vom Schleifen verstehen. Sonst lässt sich das Potenzial solcher Systeme nicht ausschöpfen. Und dieser Mitarbeiter sollte auch mit einem Computer umgehen können. Wir sind immer wieder überrascht, wie viele Schleifer damit noch Schwierigkeiten haben.
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