Wenn Mitarbeiter – die Mehrzahl IG Metaller – im Alleingang die 35-Stunden-Woche kippen und freiwillig bis zu 40 Stunden ohne Lohnausgleich arbeiten wollen, kann das Motiv dafür nur heißen, den eigenen Arbeitsplatz zu sichern. Betriebsrat und Mitarbeiter des ehemaligen FAG Kugelfischer-Werks der Schaeffler-Gruppe wollten einfach nicht warten, bis das Werk Elfershausen wegen eingebüßter Wettbewerbsfähigkeit stillgelegt wird.
Wenn eine Gewerkschaft wie die IG Metall das Vorgehen nun an den Pranger stellt, beweist sie damit Prinzipienreiterei, nicht aber, dass ihr am Wohl ihrer Mitglieder gelegen ist. Für die Schaeffler-Werker bedeutet die selbst verordnete Maßnahme gewiss nicht die Wahl zwischen Pest und Cholera, wohl aber zwischen abgesichertem Job und drohendem Arbeitsplatzverlust. Ihnen ist jedenfalls zu bescheinigen, dass sie die Herausforderung der Globalisierung besser meistern als ihre gewerkschaftlichen Interessenvertreter. Die Reformbereitschaft von unten scheint also gegeben zu sein. Den Gewerkschaften sollte dies Anlass sein, ihre Programme der ökonomischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit anzupassen. Durch ihre bisherige Politik und Gebrauch eines Regelwerks, das vermeintlich Gerechtigkeit schaffen will, lassen sich die Auswirkungen der Globalisierung nicht verhindern.
Keinesfalls geht es um die Abschaffung der Tarifautonomie – wohl aber um eine neue Balance zwischen tarifvertraglichen Regelungen und betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten. Viel wichtiger als zur starren 40-Stunden-Woche zurückzukehren ist den Unternehmern die Flexibilisierung der Arbeitszeit, um sich an Auftragsschwankungen besser anpassen zu können. Die betrieblichen Bündnisse in der derzeit praktizierten Form sind im Ansatz der richtige Weg. Doch erst legalisiert bringen sie den produzierenden Unternehmen in Deutschland die erhofften Effekte. Wird dies nicht umgesetzt, steht die Tarifpolitik am Scheideweg.
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