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„Technologie ist der Schlüssel“

Wie Elring-Klinger-Vorstandschef Dr. Stefan Wolf den Zulieferer auf Wachstum trimmt
„Technologie ist der Schlüssel“

Der Automobilzulieferer ElringKlinger ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein Nischenanbieter in neuen Anwendungsgebieten profitabel wachsen kann. Vorstandschef Dr. Stefan Wolf erläutert die Strategie in Zeiten der Branchenkonsolidierung.

Wie wirkt sich die Konzentration in der Branche – Continental hat soeben Siemens VDO geschluckt – auf die Komponentenlieferanten aus?

Die Fahrzeughersteller werden in den nächsten Jahren noch mehr Bauteile oder Komponenten extern beziehen und dabei die Zahl ihrer Direktlieferanten reduzieren. Aber nicht jeder, der aus dem Rennen fällt, verschwindet. Er rückt dann eher in die Tier-2- oder Tier-3-Position. In der Breite aber wird sich die Konsolidierung in der Branche fortsetzen. So hat etwa ein großer Lkw-Hersteller in den letzten vier Jahren seine Zulieferer von etwa 800 auf knapp 70 reduziert. Wir sind dabei und liefern Dichtungen und Ventilhauben zu.
Wie muss sich ein Zulieferer entwickeln, um möglichst weit vorne zu stehen?
ElringKlinger hat sich das Ziel gesetzt, in der ersten Reihe mitzuspielen und direkt an die OEM zu liefern. Hierfür konzentrieren wir uns auf Baugruppen, Verbindungen von Teilen und auf größere Einheiten. In diese Richtung werden wir uns weiterentwickeln. Entscheidend wird aber sein, sich technologisch gut aufzustellen. Wer technologisch anspruchsvolle Produkte liefert, verbessert deutlich seine Position.
Alle anderen fallen durchs Raster?
Ich sehe eine klassische Zweiteilung: Wir werden Zulieferer haben, die mehr und mehr auf Technologie setzen, sich dort gut positionieren und mit dem Fahrzeughersteller zusammenarbeiten, um die technologischen Entwicklungen voranzutreiben. Die OEM sind auch angewiesen auf das Know-how der Zulieferer. Mit den Commodity-Anbietern wird es eine zweite Gruppe geben, für die es aber immer schwieriger wird. Mit weniger anspruchsvollen Produkten ist man als Zulieferer leicht austauschbar.
Wie stark beeinflusst dieser Wandel die Entwicklung von Hightech-Zulieferern?
Hochtechnologie muss immer im Verbund mit Service angeboten werden, wozu auch die Übernahme kompletter Entwicklungsleistungen zählt. Vom Beginn der Entscheidung, ein neues Produkt zu entwickeln, bis zur Serienlieferung wird sehr viel auf den Zulieferer übertragen. Er muss sich entsprechend aufstellen, um Zusatzleistungen, die er vielleicht bisher nicht unbedingt in seinem Repertoire hatte, auch erbringen zu können.
Dann bilden Hersteller und Zulieferer in puncto Innovation eine Schicksalsgemeinschaft?
Das zum einen, zum anderen übernimmt der Zulieferer immer mehr Verantwortung, die er auch tragen können muss. Zudem sollte man finanziell gut gesattelt sein, um in Vorleistung gehen zu können. Dass wir Entwicklungskosten mehr und mehr selbst übernehmen, ist durchaus berechtigt. Zum Teil nehmen wir generelle Entwicklungen vor und generieren Technologien, die wir auch auf andere Bereiche übertragen. Deshalb investieren wir für F+E rund zehn Prozent unseres Umsatzes. Dieses Geld ist gut angelegt. Wir halten uns damit in einer Position, in der wir dem Wettbewerb technologisch immer zwei Schritte voraus sind.
Die Fahrzeughersteller müssen den Spritverbrauch und Schadstoffausstoß verringern. Haben Sie sich als Zulieferer auch eine „Eco“- oder „Blue“-Strategie zugelegt?
Das ist unser Kernthema. Wir sind in der komfortablen Lage, hier viel beeinflussen zu können. Geringere Verbräuche und Emissionen lassen sich auch durch Entwicklungen im Motor und Abgasstrang reduzieren. Hier sind wir ebenso dabei wie beim Einsatz alternativer Energien, also etwa das Beimischen von Biodiesel, Flexfuel oder Bioethanol. Bei Alkoholmotoren sind wir über unsere Brasilien-Tochter sehr gut aufgestellt. In Brasilien fahren 80 Prozent der Fahrzeuge mit aus Zuckerrohr gewonnenem Alkohol. Langfristig muss eine serienfähige Substitution für den Verbrennungsmotor gefunden werden.
In welchem Zeithorizont?
In den nächsten 20 bis 25 Jahre gilt es Technologien zu finden, die keine fossilen Brennstoffe mehr verbrauchen. Dies wird in Zwischenschritten erfolgen. Einer ist die Kombination des Verbrennungsmotors mit einer Brennstoffzelle. Während die mit Ethanol oder Methanol betriebene Zelle die Elektronikversorgung des Fahrzeugs übernimmt, wird der Verbrennungsmotor allein für den Antrieb genutzt. Das senkt den Verbrauch. Inzwischen sind wir Entwicklungspartner bei verschiedenen Brennstoffzellenprojekten. Die Automobilindustrie arbeitet an Aggregaten, die den Verbrennungsmotor substituieren sollen. Inzwischen halten wir im Brennstoffzellenbereich 20 Patente und positionieren uns entsprechend über dieses Know-how.
Wie wichtig sind die Zukunftstechnologien für Ihr Unternehmen?
80 Prozent unserer Teile und unseres Umsatzes hängen am Verbrennungsmotor. Deshalb müssen wir bei Substitutionsprodukten mit Teilen vertreten sein. Zudem sollten Teile, die wir in die Brennstoffzelle liefern, einen deutlich höheren Umsatz generieren, als diejenigen, die heute in den Verbrennungsmotor eingebaut werden. Funktioniert das, dann hat man richtig etwas gekonnt, da ein Umsatzsprung durch Technologiewandel erreicht worden ist.
Welches Sparpotenzial bietet die aktuelle Motortechnik?
Auch mit neuen Designs und Technologien im Bereich der Zylinderkopfdichtung lässt sich der Verbrauch reduzieren. Grundsätzlich beeinflusst Dichtungstechnologie den Verbrennungsvorgang im Brennraum. Zudem finden viele Nachverbrennungsvorgänge inzwischen im Abgasstrang statt, um Emissionen zu reduzieren. Dies führt jedoch dort zu einer Hitzeentwicklung von bis zu 1300 °C, denen die anlagernden Teile ausgesetzt sind. Um diese zu schützen, haben wir eine Vielzahl thermischer Abschirmteile entwickelt.
Wo sind weitere große Verbesserungen möglich?
Je leichter ein Fahrzeug ist, desto geringer sind Verbrauch und Emission. So haben wir vor zehn Jahren begonnen, die Metall-Ventilhauben durch Kunststoffhauben zu substituieren. Dies steht als Beispiel für Vieles. Das Thema Dichtung und Kunststoffspritzguss, das außer uns nur ein Anbieter weltweit beherrscht, haben wir konsequent weiterentwickelt und bieten hier komplette Module an.
Der Motor ist also nicht mehr der zentrale Fixpunkt bei ElringKlinger?
Im Getriebebereich gibt es Gehäusedeckel aus Metall, die wir jetzt durch Kunststoffteile substituieren. Wir haben schon noch den Fokus auf Dichtungen und Dichtungstechnologie. Aber gerade durch die Module und Getriebeteile sind wir breiter aufgestellt. Motorabhängig werden wir immer bleiben, zugleich streben wir eine gewisse Unabhängigkeit an.
Eine Art Risikoverteilung?
Der Automobilmarkt insgesamt stagniert. Es handelt sich um keine Branche, die trotz hohen Zuwachsraten in China und Indien jährlich um fünf bis sieben Prozent wächst. In Indien selbst eröffnen wir demnächst für den lokalen Markt eine Fabrik. Aus meiner Sicht benötigen wir ein Umsatzwachstum von sieben Prozent pro Jahr, um unser Unternehmen in zehn Jahren verdoppeln zu können. Die Substitution von Metall zu Kunststoff verhilft uns ebenso, in einem stagnierenden Markt zu wachsen wie die Ausrichtung auf Abgasstrang und Getriebe. Man braucht immer, wenn man etwas Neues macht, eine logische Brücke zum Bestehenden hin. Sonst akzeptiert es der Markt nicht.
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